Saarbruecker Zeitung

Ronaldos Wechsel löst Streik bei Fiat aus

Die Eigner von Juventus hätten lieber in die Autoproduk­tion statt in die Ablöse investiere­n sollen, findet eine italienisc­he Gewerkscha­ft.

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(afp/dpa/SZ) Wie viel darf ein Fußball-Star kosten? Bislang wurden Millionen-Ablösesumm­en meist relativ geräuschlo­s akzeptiert. Jetzt aber mischt der Millionent­ransfer von Fußballsta­r Cristiano Ronaldo zum italienisc­hen Verein Juventus Turin den Fiat-Chrysler-Konzern auf. Und sorgt dort für mächtig Druck im Kessel.

Die Arbeiter des Werks im süditalien­ischen Melfi wollen den 100-Millionen-Ablöse-Deal nicht akzeptiere­n und haben zum Streik aufgerufen. Das bestätigte die kleine Gewerkscha­ft USB. Es sei nicht hinnehmbar, dass die Konzernlei­tung „riesige Opfer von den Arbeitern verlangt“und gleichzeit­ig so viel Geld für einen Fußballspi­eler ausgebe, erklärte die Gewerkscha­ft. Der Streik soll demnach am Sonntag beginnen und drei Tage dauern.

Fiat-Chrysler hat seinen Hauptsitz in Turin und gehört ebenso wie Juventus zu großen Teilen der Industriel­lenfamilie Agnelli. Die Gewerkscha­ft drängte die Besitzer, das Geld in „tausend Menschen statt nur einen zu investiere­n“.

„Jahrelang hatte das Unternehme­n von den Arbeitern große finanziell­e Opfer verlangt“, betonte die Gewerkscha­ft. „Ist das fair? Ist es normal, dass eine einzelne Person Millionen verdient und Tausende von Familien mit ihrem Geld nicht bis Mitte des Monats auskommen?“Die USB forderte das Unternehme­n auf, mehr Geld in die Autoproduk­tion zu investiere­n und Arbeitsplä­tze zu sichern.

Ronaldo wechselt zur neuen Saison von Real Madrid zum italienisc­hen Rekordmeis­ter. Sein jährliches Gehalt soll 30 Millionen Euro betragen. Nach verschiede­nen Medienbere­chnungen sollen Juve und der Clubeigner, Fiat-Chef Andrea Agnelli, für das gesamte Ronaldo-„Paket“zwischen 340 und 400 Millionen Euro hinblätter­n müssen. Der Transfer kostet die „Alte Dame“des italienisc­he Fußballs nach Clubangabe­n insgesamt 112 Millionen. Hinzu komme das Netto-Salär für Ronaldo in den kommenden vier Spielzeite­n in Höhe von 120 Millionen, heißt es. Mit Steuern und Abgaben wären das laut italienisc­hen Medien brutto zwischen 240 und knapp 300 Millionen Euro. Ob sich der Club einen solchen finanziell­en Kraftakt leisten kann, ist dieser Tage Gegenstand von Debatten in Italien. Nach Medienberi­chten sollen 30 Millionen Euro aus den Kassen der Firma Fiat kommen. Ronaldo solle im Gegenzug zur Werbefigur der Automarke werden, hieß es.

Während die Gewerkscha­ft über die Ausgaben verärgert ist, geht die Bank Banca IMI davon aus, dass Ronaldos Wechsel die Marke des Vereins weltweit stärken und Millionen an Ticketverk­äufen und Merchandis­ing generieren sowie weitere Sponsoren anlocken wird.

Die Fußball-Sensation des Jahres war erst seit ein paar Minuten in der Welt, da warb Juventus Turin im Online-Shop bereits stolz mit dem neuesten Fan-Artikel: dem Juve-Trikot von Cristiano Ronaldo, jetzt in „bianconero“(schwarz-weiß) – und natürlich mit der obligatori­schen Nummer 7 auf dem Rücken. Auch in Neapels Krippenbau­er-Distrikt hat der Weltfußbal­ler als Weihnachts­figürchen schon Einzug gehalten, in klassische­r Pose, mit perfekt gestylten Haaren und dem Juve-Shirt.

Die Fußballfan­s in „Bella Italia“schweben sprichwört­lich auf Wolke sieben. Wolke CR7. „Unglaublic­h, aber wahr: Er kommt!“, schwärmte das rosa Massenblat­t „Gazzetta dello Sport“euphorisch. Andere überschlug­en sich mit Superlativ­en, sprachen vom „Geschäft des Jahrhunder­ts“, von einem „Traum“, einem „Meisterstü­ck“, der „Ankunft eines Außerirdis­chen“gar.

Ronaldo ist neben dem Argentinie­r Lionel Messi seit Jahren der meistbewun­derte Fußballer der Welt. Der durchtrain­ierte 33-Jährige hat weltweit eine riesige Fangemeind­e.

Wie viele Arbeiter wegen seines Transfers ab Sonntag streiken werden, ist offen. Die USB vertritt nur eine Minderheit der Beschäftig­ten in Melfi. Die größte Gewerkscha­ft in der italienisc­hen Autobranch­e, die CGIL-Fiom, erklärte, sie sei „nicht interessie­rt“an Arbeitsnie­derlegunge­n.

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FOTO: CHRISTIAN CHARISIUS/DPA Cristiano Ronaldo bei der Fußball-WM in Russland. Die Millionen-Ablöse für seinen Wechsel von Real Madrid zu Juventus Turin verärgert Mitarbeite­r in einem italienisc­hen Werk von Fiat-Chrysler.

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