Saarbruecker Zeitung

Bütikofer warnt vor chinesisch­en Trickserei­en

Der Innenminis­ter eckt an – mit flapsigen Sprüchen und unorthodox­en Methoden. Was aber hat er bislang in der Sache erreicht?

- VON ANNE-BEATRICE CLASMANN

Zwischen den USA und China eskaliert der Handelsstr­eit. Nähert sich die Volksrepub­lik nun der EU an? Der grüne EU-Politiker Reinhard Bütikofer warnt die Europäer vor zu großer Nähe zu China.

(dpa) Horst Seehofer (69) ist ein sturer Innenminis­ter. Wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hat, zieht er das durch. Auch wenn er dabei gelegentli­ch die Grenzen des rechtlich Machbaren touchiert – und nicht alles nach Lehrbuch abläuft. Wie bei Ali B., dem mutmaßlich­en Mörder der 14-jährigen Susanna aus Mainz. Bundespoli­zei-Chef Dieter Romann holte ihn im Juni zusammen mit mehreren Beamten an Bord einer „Lufthansa“-Maschine aus dem Nordirak zurück nach Deutschlan­d. Da die irakischen Kurden den abgelehnte­n Asylbewerb­er nicht an Deutschlan­d ausliefern konnten, wurde die Rückführun­g ins Bundesgebi­et als „Abschiebun­g“deklariert.

Daneben fanden viele Deutsche auch seinen jüngsten Clinch mit Angela Merkel (CDU). Der Kanzlerin drohte er ja mit einem Bruch der Koalition, sollte sie nicht auf seinen harten und nationalen Flüchtling­skurs einschwenk­en. Laut aktuellem ZDF-„Politbarom­eter“finden es seitdem nur noch 37 Prozent der Deutschen gut, wenn Seehofer Innenminis­ter bleibt, 57 Prozent wollen ihn einfach weg haben.

Seehofer muss also dringend punkten. Am besten mit der „Asylwende“. Diese hätte ja die CSU eingeläute­t, sozusagen „den Schalter umgelegt“in Deutschlan­d und Europa, sagen die Bayern. Aber stimmt das auch? „Diese Asylwende läuft schon seit Ende 2015 – und zwar maßgeblich befördert von der CSU“, sagt jetzt die migrations­politische Sprecherin der Grünen-Bundestags­fraktion, Filiz Polat. Die CSU ist aus ihrer Sicht „eine Regierungs­partei, die Opposition macht“. Polat fordert: „Die Kanzlerin und die SPD müssen da eine Grenze ziehen.“Einige in der Opposition nennen den Innenminis­ter intern „Crazy Horst“.

Der CDU-Innenpolit­iker Armin Schuster sieht das anders. Er findet die Vorschläge, die Seehofer in seinem „Masterplan Migration“vorgelegt hat, in der Summe gut. Schuster war mit seiner ständigen Kritik an dem, was er die „fast bedingungs­lose Willkommen­skultur von 2015“nennt, in den Jahren 2016 und 2017 bei vielen Fraktionsk­ollegen angeeckt. Heute hören sie zu, wenn er Vorschläge macht. Schuster sagt: „Wir befinden uns schon seit längerer Zeit in einem Anpassungs­prozess.“

Nach Auffassung der Grünen steckt in Seehofers „Masterplan“vieles, was nur mit zustimmung­spflichtig­en Gesetzen geregelt werden könnte. Deshalb hoffen die Grünen, dass sie im Bundesrat zumindest einige der geplanten weiteren Verschärfu­ngen des Asylrechts verhindern können.

Doch Seehofer braucht für seine Pläne nicht nur den Bundesrat. Ohne Vereinbaru­ngen mit Italien und Österreich wären wohl auch die Zurückweis­ungen, die er den Koalitions­partnern abgetrotzt hat, nicht machbar. Konkret geht es dabei um Asylbewerb­er, die in anderen EU-Staaten bereits Asylanträg­e gestellt haben.

Diese Woche hat Seehofer mit seinem österreich­ischen Amtskolleg­en Herbert Kickl und dem italienisc­hen Innenminis­ter Matteo Salvini beraten, wie man die EU-Außengrenz­en dicht machen kann. Außerdem ging es um Maßnahmen gegen die „Sekundärmi­gration“. Das bedeutet, dass sich Migranten das EU-Land aussuchen, in dem sie einen Asylantrag stellen. Kickl ist Mitglied der rechten FPÖ. Salvini gehört der rechten Lega an. Im Juni sorgte Salvini mit dem Vorschlag für Empörung, alle in Italien lebenden Sinti und Roma zählen zu lassen. Die drei Innenminis­ter legten nach ihrem Treffen für ein Foto die Hände übereinand­er, so als wollten sie einen Pakt schließen.

Wenn Seehofer Vereinbaru­ngen mit Italien und Österreich aushandeln kann, wird man ihm diese Verbrüderu­ngsgeste in Berlin vielleicht verzeihen. Kommt nichts heraus, könnte sie ihm aber genauso auf die Füße fallen, wie zuletzt seine flapsige Bemerkung zu den 69 Afghanen, die an seinem 69. Geburtstag abgeschobe­n wurden. Auffällig war: Als Seehofer für diesen Spruch in den Sozialen Medien einen „Shitstorm“erntete, wollte ihm von den CDU-Abgeordnet­en kaum jemand beispringe­n.

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FOTO: GINDL/DPA Seit dem Koalitions­krach um die Migration stets im Fokus: Horst Seehofer bei einer Pressekonf­erenz des EU-Justiz- und Innenminis­tertreffen­s.

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