Anderson siegt im Monster-Tennis-Match
Angelique Kerber steht zum zweiten Mal im Finale von Wimbledon. Wie 2016 trifft sie dabei auf Serena Williams. Doch die Ausgangssituation ist diesmal eine andere.
Im zweitlängsten Spiel in der Tennis-Geschichte von Wimbledon besiegte Kevin Anderson aus Südafrika den US-Amerikaner John Isner. Er tritt im Finale gegen Rafael Nadal oder Novak Djokovic an.
(dpa) Diesmal soll Angelique Kerbers Wimbledon-Wunder wahr werden, der GrandSlam-Coup über Serena Williams gelingen. Mit dem Lerneffekt nach dem grandiosen, aber verlorenen Endspiel vor zwei Jahren will es die Kielerin an diesem Samstag (15 Uhr MESZ, ZDF und Sky) gegen die nun junge Mutter besser machen. Mit einem weiteren Sieg auf dem Heiligen Tennis-Rasen will sie sich zur ersten deutschen Wimbledonsiegerin seit Steffi Graf 1996 krönen. „Ich weiß, dass ich das Potenzial habe, solche Dinger zu gewinnen“, sagt Kerber. „Damals wusste ich nicht, was auf mich zukommt. Jetzt weiß ich, wie es sich anfühlt.“
Nach ernüchternden Rückschlägen zeigt sich die 30-Jährige mental gereift, erfahrener. Die Situation ist eine komplett andere als 2016, auch weil Serena Williams nur zehn Monate nach der komplizierten Geburt ihrer Tochter antritt. „Sie ist zurückgekommen. Ich bin zurückgekommen von 2017. Das ist eine Herausforderung“, sagt Kerber. „Wer weiß, was noch passieren kann?“
Sie hat es schon einmal geschafft. In Melbourne, als sie vor zwei Jahren mit dem Australian-Open-Titel verblüffte und zur ersten deutschen Grand-Slam-Siegerin seit Graf aufstieg, hat sie Serena Williams in einem großen Finale besiegt. „Angie will diesen Titel unbedingt“, sagt die Damen-Chefin Barbara Rittner. Nach zuletzt sechs Grand-Slam-Auftritten ohne Endspiel hat Kerber ihren Weg wiedergefunden. Sie hat die Frust-Monate der vergangenen Saison hinter sich gelassen, als sie den Erwartungen hinterherlief. Ihr Entwicklungsprozess nach dem Wimbledon-Endspiel 2016 spülte sie rauf zur Nummer eins und dem zweiten Grand-Slam-Titel bei den US Open, dann in Monaten voller ernüchternder Erlebnisse weg von der absoluten Weltspitze.
„Sie spielt so gut. Ich muss bereit sein für das Match meines Lebens.“
Serena Williams
über das Duell mit Angelique Kerber
An diesem Samstag wird die ehemalige Weltranglisten-Erste nervös den Centre Court betreten, wie immer vor solchen Spielen. „Ich habe jetzt die Erfahrung, dass die Nervosität vorbeigeht. Ich weiß, dass ich ruhig bleiben muss. Dass das Match auch viel im Kopf entschieden wird“, schildert sie.
Vor zwei Jahren lieferte Kerber ein starkes erstes Wimbledon-Finale ab, am Ende war die Präzision und die Kraft von Williams einen Tick zu gut. Unter ihrem jetzigen Trainer Wim Fissette, der vor fünf Jahren auch Sabine Lisicki ins Endspiel von London führte, hat die Linkshänderin ihren Aufschlag verbessert. Der dürfte auch gegen Williams eine entscheidende Rolle spielen. Fissette ist ein Statistik-Liebhaber. Er wird Williams ganz genau analysieren. Den für sie unangenehmen Schritt von ihrem langjährigen Trainer Torben Beltz hin zum Belgier hat Kerber gewählt, um für die entscheidenden Momente wieder bereit zu sein. „Neue Menschen um sie herum mag sie eigentlich gar nicht“, sagt Rittner. „Für mich war ein Knackpunkt, dass sie selber einfach gesagt hat, ich bin noch mal bereit, was zu ändern.“
Schon der Jahresauftakt mit Matchbällen gegen Simona Halep im Halbfinale der Australian Open verlief erfolgreich, jetzt will Kerber erstmals Wimbledonsiegerin werden. „Sie spielt so gut. Ich glaube, sie ist unglaublich selbstbewusst. Ich muss bereit sein für das Match meines Lebens“, sagt Williams.
Wenn es um die siebenmalige Wimbledonsiegerin geht, geht es fast immer um Rekorde. Diesmal kann sie mit ihrem 24. Titel bei einem Grand Slam den Rekord der Australierin Margaret Court einstellen. Diesmal aber wäre ein Erfolg spezieller als sonst. Es wäre ihr erster Titel als Mutter. Offen erzählt die US-Amerikanerin von Komplikationen bei der Geburt von Alexis Olympia am 1. September 2017, dass sie mehrfach operiert werden musste und um ihr Leben fürchtete. „Ich konnte nicht mehr selber zum Briefkasten laufen, deshalb ist dieses Wimbledon-Finale alles andere als selbstverständlich“, sagt die 36-Jährige, die nun die Rolle als Mutter mit der des Tennis-Stars vereint. Barbara Rittner sagte trocken: „Jetzt können wir nur hoffen, dass die Kleine irgendwie nachts schreit.“