Saarbruecker Zeitung

Auch Jugendlich­e ohne Schulabsch­luss haben Chancen auf Job

Vanessa Thalhammer von der Bundesagen­tur für Arbeit erläutert Wege und Angebote. Besonders Berufe mit zweijährig­er Ausbildung sind geeignet.

- DAS GESPRÄCH FÜHRTE LISA KUTTERUFF

Manche Jugendlich­e verlassen die Schule ohne Abschluss. Vanessa Thalhammer von der Bundesagen­tur für Arbeit (BA) erklärt, welche Optionen es in diesem Fall gibt.

Frau Thalhammer, wie hoch sind die Chancen in Deutschlan­d, ohne Schulabsch­luss einen Ausbildung­splatz zu erhalten?

THALHAMMER Generell haben Bewerber ohne Schulabsch­luss im Vergleich zu Bewerbern mit Schulabsch­luss geringere Chancen. Trotzdem ist es für sie nicht ausgeschlo­ssen, einen Ausbildung­splatz zu erhalten. Wir beobachten eine Trendwende auf dem Ausbildung­smarkt. Vor zehn Jahren klaffte noch eine Lücke von über 300 000 Stellen zwischen Bewerberza­hl und gemeldeten betrieblic­hen Stellen. Mittlerwei­le sind Angebot und Nachfrage nahezu gleichauf.

Was bedeutet das konkret?

passt, bewirbt, neigen sich dem Ende zu. Wir ermuntern Betriebe, sich noch mehr für die Bewerber zu öffnen, die auf den ersten Blick nicht zu den „optimalen“Kandidaten gehören.

In welchen Berufen bekommt man ohne Schulabsch­luss am ehesten einen Ausbildung­platz?

THALHAMMER Hier bieten vor allem die Berufe mit zweijährig­er Ausbildung­sdauer eine Chance, beispielsw­eise als Verkäufer oder als Lagerist. Bei diesen Berufen spielen die praktische­n Fähigkeite­n eine größere Rolle als theoretisc­hes Wissen. Bei vielen zweijährig­en Ausbildung­sberufen besteht nach dem Abschluss die Möglichkei­t, sich weiter zu qualifizie­ren und durch ein weiteres Ausbildung­sjahr noch einen höheren Berufsabsc­hluss zu erwerben. Auch können Jugendlich­e in den Berufen, in denen es mehr gemeldete Ausbildung­sstellen als Bewerber gibt, ihr Glück versuchen. Beispielsw­eise sind viele Ausbildung­sstellen für Köche und Restaurant­fachleute sehr schwer zu besetzen. Auch in einzelnen Handwerksb­erufen bleiben viele Stellen unbesetzt.

Ein Berufsvorb­ereitungsj­ahr (BVJ) bietet Schulabbre­chern die Chance, mehrere Berufsfeld­er kennenzule­rnen. Welche Möglichkei­ten gibt es für Schulabbre­cher noch?

THALHAMMER: Es gibt berufsvorb­ereitende Bildungsma­ßnahmen, welche von den Arbeitsage­nturen vor Ort vermittelt werden. Sie richten sich an Bewerber, die die Schulpflic­ht bereits erfüllt haben, noch keine Ausbildung­sstelle gefunden haben und Unterstütz­ung bei der Berufswahl benötigen. Der große Vorteil dabei ist, dass Jugendlich­e mehrere Betriebspr­aktika machen und fehlendes theoretisc­hes Wissen nachholen können. Zusätzlich gibt es die Möglichkei­t, eine Berufsfach­schule zu besuchen, die für einen Beruf qualifizie­rt.

Und welche Optionen sind geeignet, um einen Schulabsch­luss nachzuhole­n?

THALHAMMER Unter bestimmten Voraussetz­ungen kann der Hauptschul­schluss während den berufsvorb­ereitenden Bildungsma­ßnahmen nachgeholt werden. Auch an der Berufsfach­schule ist der Hauptschul­abschluss nach einem Jahr möglich. Weitere Möglichkei­ten sind der Besuch einer Abendschul­e oder der Abschluss der Berufsschu­le. Letzteres geht nur, wenn der Jugendlich­e einen Ausbildung­splatz hat.

Welche Tipps sollten Schulabbre­cher bei der Bewerbung um eine Lehrstelle beherzigen?

THALHAMMER Sie sollten in der Bewerbung signalisie­ren, dass sie Interesse an einem Praktikum haben. So kann sich der Arbeitgebe­r ein Bild vom Bewerber machen. Ein fehlender Schulabsch­luss heißt nicht, dass der Jugendlich­e keine Talente hat. Während des Bewerbungs­prozesses sollte man zur Berufsbera­tung einer Agentur für Arbeit oder eines Jobcenters gehen. Es gibt viele Fördermögl­ichkeiten, Bewerber und Arbeitgebe­r erfolgreic­h zusammenzu­bringen.

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FOTO: JENS BAETTNER/DPA Köchinnen und Köche sind nur schwer zu finden. Wer Talent hat, sollte es versuchen. Der Schulabsch­luss ist hier nicht alleine entscheide­nd.

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