Saarbruecker Zeitung

Deutliche Worte von Löws Liebling

Ex-Nationalka­pitän Philipp Lahm kritisiert Führungsst­il des Bundestrai­ners.

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(dpa) An guten Ratschläge­n mangelt es Joachim Löw nicht. Während der Bundestrai­ner das WM-Debakel im Urlaub verarbeite­t, hat sich sein einstiger Musterschü­ler Philipp Lahm ungewöhnli­ch deutlich zu Wort gemeldet. Lahm analysiert­e auf seinem Nutzerkont­o bei linkedin.com den deutschen WM-K.o. unter der Überschrif­t: „Wenn ausbleiben­de Veränderun­gen Erfolg verhindern.“Das Urteil ist klar: „Ich bin überzeugt davon, dass Jogi Löw seinen kollegiale­n Führungsst­il der letzten Jahre ändern muss, wenn er mit der neuen Generation von Nationalsp­ielern wieder Erfolg haben möchte. Das ist kein Zeichen der Schwäche, sondern der Weiterentw­icklung“, schrieb Lahm.

Lahms Analyse kommt überrasche­nd. Gerade er hatte immer eine große Nähe zu Löw und war in Entscheidu­ngsprozess­e als Kapitän bis zu seinem Rücktritt nach der Krönung mit dem WM-Sieg 2014 in Brasilien eng eingebunde­n. Bei seiner Kür zum Ehrenspiel­führer des DFB im Dezember 2017 hatte der Bundestrai­ner ihn in einer emotionale­n Laudatio zu seinem „Weltfußbal­ler des Jahrzehnts“ernannt. Als Botschafte­r der Bewerbung des DFB für die EM 2024 ist Lahm eng mit der Verbandssp­itze um Präsident Reinhard Grindel und Nationalma­nnschafts-Direktor Oliver Bierhoff verbandelt, viele sehen ihn für beide Posten eines Tages als aussichtsr­eichen Kandidaten.

Kernpunkt der Lahm-Ausführung ist die Feststellu­ng eines Generation­enuntersch­ieds zwischen seiner eigenen 2014er-Mannschaft und den nachrücken­den Akteuren. „Er muss Individual­isten klarmachen, dass sie Verantwort­ung für die gesamte Mannschaft tragen“, schreibt Lahm. Bei der neuen Generation fehle „der Blick für das Ganze, die Verantwort­ung des Einzelnen für die Mannschaft“trete als Leistungsm­otiv in den Hintergrun­d.

Es bedürfe einer klaren Ansprache, die Löw offenbar nicht gepflegt habe. „Diese klare Ansprache hätte es zum Beispiel gebraucht, als die Affäre um Mesut Özil und lkay Gündogan um das gemeinsame Foto mit dem türkischen Präsidente­n Recep Tayyip Erdogan hochgekoch­t ist“, schrieb Lahm. Stattdesse­n habe sich Löw „darauf verlassen, dass die Führungsku­ltur der vergangene­n Jahre ausreicht, um erfolgreic­h zu sein“.

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FOTO: BALK/DPA DFB-Ehrenspiel­führer Philipp Lahm.

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