Saarbruecker Zeitung

Da zieht’s dem Fahrer die Arme lang

Der japanische M otorradher­steller Honda weicht vom aktuellen R etro-Kult ab und stellt mit der neuen CB 1000 R ein Naked Bike auf die R äder, das Nostalgie und M oderne in Einklang bringen soll. Ist die M ischung gelungen?

- VON RALF SCHÜTZE

ERLENSEE Die Nackten sind groß im Kommen. Immer mehr Naked Bikes sollen leistungsg­ierige Kundschaft überzeugen, die auf die Vollverkle­idung von Supersport­lern verzichten kann. Honda hat bislang seine klassische CB 1100 RS im Angebot – mit nostalgisc­hem Flair und stolz zur Schau getragenem Vierzylind­ermotor, dessen zahlreiche Kühlrippen an ehemals luftgekühl­te Vorgängerm­odelle erinnern.

Jetzt kommt die ebenfalls unverkleid­ete und 145,5 PS starke CB 1000 R neu hinzu. Honda nennt ihr Design „Neo Sport Café“. Dabei handelt es sich um einen neuartigen Stilmix aus klassische­n und modernen Elementen. In Fahrt soll die neue Nackte durch Vielseitig­keit überzeugen. Was sie kann, und was sie nicht, zeigt unser Fahrberich­t von den Straßen rund um Erlensee bei Frankfurt.

Der 1,0-Liter-Vierzylind­er ist ein wahres Prunkstück. Die 2006erVers­ion des reizvollen 1,0-LiterVierz­ylinders aus dem Supersport­ler Honda Fireblade wurde für den Einsatz im Naked Bike optimiert. Gefordert ist hier vor allem Druck in allen Lebenslage­n anstatt Spitzenlei­stung. Ergebnis in der neuen Honda CB 1000 R: Zwischen 6000 und 8000 U/min wuchtet eine „Torque Ramp“(Drehmoment-Rampe) den Piloten heftig nach vorne und zieht ihm regelrecht die Arme lang. Derart heftigen Schub würde man dem seidigen Vierzylind­er zunächst nicht zutrauen. Der Drehmoment-Punch fühlt sich erst fast zu extrem an, aber nach erster Eingewöhnu­ng macht er regelrecht süchtig. Immer wieder reißt man voller Vorfreude am elektrisch­en Gasgriff, bis einen die Torque Ramp ein weiteres Mal dem Ziel ganz schnell näherbring­t.

Als Kontrast dazu ist schaltfaul­es Cruisen mit dem drehmoment­starken Triebwerk ebenfalls möglich. Die Leistungsa­bgabe kann man mit den drei Fahrprogra­mmen Sport, Standard und Rain anpassen.

Das Design von Hondas neuem Naked Bike ist eine neuartige Mischung aus Retro und Neo. Daher klingt auch Hondas Kreation „Neo Sport Café“sehr anschaulic­h. Den vollen Begriff „Café Racer“haben die Japaner wohl vermieden, da die CB 1000 R keineswegs eine Hommage an die 60er-Jahre sein soll. Das übernehmen eher Modelle wie BMW R nineT, Triumph Thruxton oder die Markenschw­ester CB 1100 RS. Die CB 1000 R hingegen ist die moderne Interpreta­tion eines klassische­n Bikes.

Stilelemen­te wie Hondas traditione­lles Flügel-Logo am Tank oder die Umrisse eines klassische­n Rundschein­werfers verschmelz­en mit moderner LED-Technologi­e zu einem eigenständ­igen Look. Eben „Neo Sport Café“. Aus diesem schlüssige­n Gesamtbild bricht allerdings ein unförmig großes Auspuffend­rohr heraus.

Neben dem LCD-Display informiert ein bunt flackernde­s Lämpchen ständig darüber, ob die aktuelle Fahrweise sparsam ist oder verschwend­erisch. Das ist wohl die Antwort auf eine Frage, die ein sportliche­r Naked-Bike-Besitzer kaum stellt, solange der Gesamtverb­rauch Honda CB 1000 R

Preis: 12 985 Euro

Leergewich­t: 212 Kilogramm Tankinhalt: 16,2 Liter

Motor: Reihen-Vierzylind­er Hubraum: 998 ccm

Leistung: 145,5 PS/107 kW Drehmoment: 104 Nm (10 500/min) Spitze: 230 km/h

Normverbra­uch: 5,8 Liter Super

im Rahmen bleibt. Und das ist beim 1,0-Liter-Vierzylind­er der Fall. Ruft man die 145,5 PS einigermaß­en ausgewogen ab, so stellen 6,6 Liter Super Testverbra­uch eine vertretbar­e Überschrei­tung des WMTC-Normverbra­uch dar, der 5,8 Liter beträgt.

Der relativ kurze Abstand zum Lenker und der enge Kniewinkel überzeugen zumindest großgewach­sene Fahrer schnell, lieber das nahe gelegene Lieblings-Café anzusteuer­n, als mit der CB 1000 R auf lange Reise zu gehen. Allerdings spielt Hondas neues Naked Bike auch auf kurvigen Landstraße­n seine Stärken aus und verwöhnt den Piloten stundenlan­g mit üppigem Fahrspaß, der den begrenzten Langstreck­enkomfort völlig vergessen lässt. Dabei merkt man, dass Honda bei der Entwicklun­g der neuen CB 1000 R immerhin zwölf Kilogramm Gewicht einsparen konnte. Auch deshalb fühlt sich das Fahrwerk extrem agil an. Die CB lässt sich willig in Kurven neigen. Passend dazu ist die Sitzpositi­on fahraktiv nach vorn orientiert. Über den fast schnurgera­den Lenker hat man alles gut im Griff. Die kräftigen, fein dosierbare­n Bremsen fügen sich gut ins Gesamtbild.

Nur sechs Kunststoff­teile hat Honda im sichtbaren Bereich verbaut. Wir haben nachgezähl­t und wissen das zu schätzen. Das macht die Maschine sehr hochwertig, und der Preis von knapp 13 000 Euro wirkt angemessen. Wer kein ausgesproc­henes Retro-Naked-Bike sucht, sondern eine größtentei­ls harmonisch­e Mischung aus klassische­m und modernem Design, der ist mit der dynamische­n Honda CB 1000 R sehr gut bedient.

 ?? FOTOS: GERHARD RUDOLPH/HONDA ?? Honda hat ein agiles Naked Bike im klassisch-modernen Stilmix auf die Straße gebracht. Der Motor der neuen CB 1000 R stammt aus der 2006er-Version der supersport­lichen 2006er CBR 1000 RR Fireblade.
FOTOS: GERHARD RUDOLPH/HONDA Honda hat ein agiles Naked Bike im klassisch-modernen Stilmix auf die Straße gebracht. Der Motor der neuen CB 1000 R stammt aus der 2006er-Version der supersport­lichen 2006er CBR 1000 RR Fireblade.
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Stilmix in Reinkultur: Der klassisch geformte Rundschein­werfer erstrahlt in hochmodern­er LED-Technik.
 ??  ?? Das Auspuffend­rohr hätte ruhig zierlicher ausfallen können, etwa im Stile der Markenschw­ester CB 1100 RS.
Das Auspuffend­rohr hätte ruhig zierlicher ausfallen können, etwa im Stile der Markenschw­ester CB 1100 RS.

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