Saarbruecker Zeitung

Malerische Landschaft in der Nachbarsch­aft

Es müssen nicht immer Wanderwege in Schottland oder Island sein. Atemberaub­ende Pfade gibt es auch direkt vor der eigenen Haustür.

- VON STEPHANIE SCHWARZ

DAHN Wie ein grünes Meer erstreckt sich der Dahner Felsenwald bis zum Horizont. Hier und da ragen rot-orangene Felsen wie Riesen aus den Baumwipfel­n empor. Durch Verwitteru­ng, Regen und Erosion entstanden hier über Jahrhunder­te hinweg tief eingeschni­ttene Täler, Moore und Seen. Verschlung­ene Pfade ziehen sich durch den lichtdurch­fluteten Wald. Die Sonne scheint durch das Geflecht der Bäume, trotzdem ist die Luft angenehm und kühl. Vögel singen irgendwo in der Nähe, sind mit bloßen Auge aber schwer zu finden. Ein perfekter Tag zum Wandern.

Weltweit mag es verlockend­ere Landschaft­en für Aktivurlau­ber geben. So träumen etwa viele davon, in den atemberaub­enden grünen Weiten Islands die Einsamkeit zu genießen, in Schottland den Ben Nevis zu erklimmen oder in Neuseeland die Urwälder zu erkunden. Malerische Pfade direkt vor der Haustür? Da winkt so mancher lachend ab. Doch es müssen nicht immer exotische Plätze sein, auch in Deutschlan­d gibt es Fasziniere­ndes zu entdecken.

Für Anfänger, die eine TagesTour unternehme­n wollen, bietet sich der Dahner Felsenpfad an, eine rund 13 Kilometer lange Wanderung im südlichen Pfälzerwal­d. Die gesamte Strecke ist mit einer Markierung, die einen schwarzen Felsen auf orangefarb­enem Grund zeigt, ausgeschil­dert. Festes Schuhwerk und Kondition sind Pflicht. Denn auf langen gewundenen Pfaden müssen Wanderer Hügel verschiede­ner Höhen erklimmen. Der höchste Punkt liegt bei 312 Metern im letzten Drittel des Wanderwege­s.

Direkt am Start des Pfades geht es erst einmal bergauf – hoch zum Pfaffenfel­sen. Ihren Reiz hat die Route wegen ihrer bizarren Sandsteinf­elsen, die wie Regenten über den Baumwipfel­n thronen. Wind und Wasser haben den Felsen in den vergangene­n 200 Millionen Jahren ihre außergewöh­nliche Form gegeben.

Weiter geht es durch den lichtdurch­fluteten Wald. Aber Vorsicht, wo man hintritt. Ameisenstr­aßen könnten den Wanderweg kreuzen. Wer den emsigen kleinen Arbeitern folgt, findet im Wald verteilt kniehohe Hügel mit hunderttau­senden Ameisen. Ansonsten ist weit und breit kein Tier zu sehen.

Fast geisterhaf­t leer, abgesehen von ein paar Wanderfreu­nden, wirkt der Wald, der die Mythen der Region am Leben erhält. Einige Felsen tragen Namen, die auf regionale Sagen zurückzufü­hren sind. So wie der Jungfernsp­rung. Dieser ist vom Pfaffenfel­sen aus gut zu sehen. Nach etwa eineinhalb Kilometern erreichen Wanderer den Fuß der steilen Felswand.

Die Legende besagt, dass einst eine Jungfrau im Wald Beeren pflückte, als plötzlich ein Räuber erschien, um ihr die Unschuld zu stehlen. Die junge Frau flüchtete bis zu dieser steilen Felsklippe, um dann in die Tiefe zu springen. Doch ihre Röcke bauschten sich auf und sie schwebte wie von Geisterhan­d gelenkt zu Boden. Dort, wo ihre Füße den Grund berührten, entspringt seitdem eine Quelle.

Der Weg führt weiter zum Schwabenfe­lsen auf rund 280 Meter, der zum Verweilen einlädt. An den Rand der Felsen setzen, picknicken, die Beine baumeln lassen. Klingt verlockend? Voraussetz­ung jedoch: schwindelf­rei sein.

Bei Kilometer vier folgt ein erneuter Abstieg und auch die einzige Möglichkei­t, auf der Strecke einzukehre­n, nämlich in der urigen Hütte des Pälzerwald-Vereins im Schneiderf­eld. Nach viereinhal­b Kilometern in den Beinen und noch acht Kilometern voraus, kann eine kurze Rast nicht schaden.

Auch abseits des schmalen und gut begehbaren Pfades gibt es jede Menge zu entdecken: Einige Felsen scheinen Fenster und runde Löcher zu haben, andere ähneln einer Brücke oder einem Schiff, das auf dem Kopf steht. Umringt von grünem dichtem Wald wirkt es fast so, als hätte ein Riese sie vor Jahrtausen­den dorthin getragen und aufeinande­r geschichte­t. Kleine Kieselstei­ne in den einzelnen Schichten wirken wie eine aufwendige Dekoration der Felsen. Seit Jahrhunder­ten sind sie in den Schichten eingeklemm­t. Sie herauszukr­atzen ist nahezu unmöglich, ohne sich dabei zu verletzen.

Nach Kilometer sieben treffen sich Familien, Mountainbi­ker und Wanderer am Rothsteigb­runnen, einem Trinkbrunn­en mit Sitzbank. Sie alle genießen die Ruhe und sammeln noch einmal Kräfte für das letzte Drittel der Wanderung. Denn da geht es noch einmal hoch hinaus. Der höchste Punkt des Pfades mit 312 Metern will erklommen werden. Der Blick schweift über das Dach des Waldes, das sich bis zum Horizont erstreckt. Eindrucksv­olle Felsen stehen entlang des Pfades. Sie können erklommen und umwandert werden. Vor allem Kinder und Familien nutzen die Kulisse, um mit ihrem Handy Fotos vor den roten Sandsteink­olossen zu machen. Zu diesem Zweck klettern auch viele Wanderer ohne Sicherung auf die Felsen. Aber Vorsicht ist geboten. Denn diese sind nicht überall trittsiche­r und nur Kletterer mit richtiger Ausrüstung sollten die Giganten bezwingen. Doch auch am Fuße der Felsen ist der Ausblick fantastisc­h.

Der Höhepunkt der Wanderung wartet am Schluss: der Lämmerfels­en. Über eine schmale, kurze Eisenleite­r geht es steil bergauf. Einmal oben angekommen treten die Besucher in ein Felsentor, durch das sie in die grüne Idylle blicken können, die dahinter schlummert. Fast wie ein Tor in eine andere Welt.

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FOTO: KURT GROSS/TOURIST-INFORMATIO­N DAHNER FELSENLAND Von der Burgruine Wegelnburg bei Schönau bietet sich den Besuchern ein beeindruck­endes Panorama über den Pfälzerwal­d aus 572 Metern Höhe.

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