Die Familie war ihr immer ganz wichtig
Wie ist das, von einem geliebten Menschen Abschied nehmen zu müssen? Die SZ spricht mit Angehörigen und Freunden und stellt in einer Serie Lebenswege Verstorbener vor. Heute: Ursula Klein.
SCHWARZENHOLZ „Meine Mutter war wie ein Sicherheitsnetz. Auch wenn wir in der Jugend manchmal Blödsinn angestellt haben, hat sie uns Rückhalt gegeben“, sagt Monika Stein, älteste Tochter von Ursula Klein. „Der Papa war auch für uns da, keine Frage, doch die Mama ist eben die Mama“, ergänzt die jüngere Schwester Evelyn Klein. Sie ist aktuell auf Heimatbesuch, lebt seit 2001 in Australien. „Auch das hat meine Mutter damals ohne viele Worte akzeptiert“, betont die Tochter. Umso schöner findet sie es im Nachhinein, dass sie gerade die letzte Lebensphase ihrer Mutter in der alten Heimat verbracht hat, sich gemeinsam mit der Schwester sehr intensiv um die sterbenskranke Frau kümmern konnte. Denn noch sechs Wochen vor ihrem Tod am 6. September 2017 hätte niemand geglaubt, dass es am Ende so schnell gehen würde.
Das „Sorgenkind“in der Familie war eher Ursula Kleins Ehemann Engelbert. Um ihn hat sich die Verstorbene aufopferungsvoll gekümmert, keine Hilfe von anderen gewollt. „Die beiden haben immer Hand in Hand gearbeitet, ob im Garten oder eben später, als es Papa nicht so gut ging“, erzählt Monika Stein. Die Ehe ihrer Eltern, die am 20. Juli 1964 heirateten, sei glücklich gewesen. Neben den beiden Töchtern durften sie sich später über zwei Enkel freuen.
„Kinder waren für meine Mutter immer das Größte. Sie hatte einfach einen ganz besonderen Zugang zu ihnen“, erzählt die älteste Tochter, die immer auf die Unterstützung durch ihre Mama bei den zwei Jungs zählen konnte. Dazwischen, erklärt Evelyn Klein, gab es noch zwei Cousinen, die von der Mutter wie Tageskinder betreut wurden. „Meiner Mutter war die Familie immer ganz wichtig. Auch am Ende ihres Lebens hat sie uns mit auf den Weg gegeben, dass wir alle zusammenhalten sollen“, sagt Evelyn Klein. Ursula Klein, geboren am 16. Juli 1943, kannte die Vorteile,
Evelyn Klein über ihre Mutter Ursula mit Geschwistern aufzuwachsen. Neben der älteren Schwester Änni, deren Tod vor fünf Jahren sie sehr mitgenommen hat, hat sie auch einen jüngeren Bruder, Stephan. Ganz klassisch war das Elternhaus, der Vater Theodor Neu war Bergmann, arbeitete später auf der Hütte, die Mama Maria war Hausfrau. Und so hielt es auch Ursula Klein. Als Tochter Monika geboren wurde, gab sie ihre Arbeit als Postbotin auf.
Die Arbeit war es, die das Ehepaar Klein zusammengeführt hatte. Nach der Volksschule hatte Ursula bei der Post eine Lehre zur Briefträgerin absolviert. Dort traf sie Engelbert Klein aus Felsberg, ebenfalls Briefträger. Ob er von seiner Arbeit inspiriert wurde, wissen die Töchter nicht, doch dass der Papa seiner Zukünftigen unzählige Liebesbriefe geschrieben hat, davon berichten sie schmunzelnd.
„Wir hatten eine schöne Kindheit, durften sehr viel draußen spielen, unserer Mutter hat uns mit Kuchen und leckerem Essen verwöhnt“, sagt Tochter Monika. Bis zuletzt habe ihre Mutter das Essen am Freitag für die Enkel beibehalten, der jüngste Enkel Jonas, 17 Jahre, war, wie er betont, immer sehr gern bei der Oma.
Der Vater arbeitete sich über die Jahre bei der Post nach oben, ging 1995 in Rente. Als die jüngste Tochter nach Australien auswanderte, dauerte es nicht lange, bis das Ehepaar Klein das erste Mal im Leben ein Flugzeug bestieg. „Sie waren beide ziemlich aufgeregt, doch sie haben die Reise in jedem Jahr auf sich genommen“, erzählt Evelyn Klein. Zum letzten Mal waren die Eltern 2013 zu Besuch, dann ging es dem Vater immer schlechter, die Reisen wurden unmöglich. Da hatte sich die Krankheit der Mutter längst heimlich angekündigt, doch ärztlich diagnostiziert wurde der Brustkrebs erst im letzten Sommer. „Ich habe abends, wie jeden Tag, bei meiner Mutter angerufen und gemerkt, dass sie seltsam redet. Also bin ich hingefahren und habe gesehen, dass die eine Gesichtshälfte herunterhängt“, erinnert sich Tochter Monika. Mit Engelzungen redeten sie und ihr Vater auf ihre Mutter ein. Schließlich willigte Ursula Klein ein, ein Notarzt wurde gerufen, Der Schlaganfall war nur klein, doch die anschließenden Untersuchungen brachten die traurige Diagnose. „Die größte Sorge, die meine Mutter quälte, war, was mit ihrem Mann passiert“, erinnert sich Tochter Monika. Die beiden Töchter kümmerten sich um den Papa, „und da haben wir erst gemerkt, wie viel Arbeit unserer Mutter sich die letzte Zeit aufgebürdet hat“, sagt Evelyn Klein. Für beide wurde ein Platz in der Reha in Mettlach organisiert, danach ging es für Ursula zurück in die Klinik, wo die erste Chemotherapie anstand. „Da waren wir alle noch ganz optimistisch, meine Mutter hat die Infusion angeschaut und beschlossen, dass ihr geholfen wird.“
Anfangs sah es auch so aus, die Chemo vertrug sie gut, doch schon nach ein paar Tagen zu Hause gab es einen heftigen Rückschlag. „Abends waren wir noch bei meiner Mutter und sie meinte, sie sei einfach nur sehr müde. Doch am nächsten Morgen ging um sechs Uhr das Telefon, sie musste sich andauend erbrechen“, sagt Monika Stein. Es ging mit dem Krankenwagen zurück in die Klinik, die sie, wie sie es vorausgeahnt hatte, nicht mehr verließ. „Wir waren die letzten Tage immer bei ihr“, sagen die Töchter. Ihre Mutter sei mit einem tiefen Atemzug friedlich eingeschlafen. „Es war keine Zeit mehr, über ein Sterben zu Hause oder im Hospiz nachzudenken. Doch wir müssen sagen, das Sterben im Krankenhaus war sehr würdevoll“, betont Evelyn Klein. .............................................
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stellt die SZ im Wechsel Kirchen in der Region und Lebenswege Verstorbener vor. Im Internet zu finden unter saarbruecker-zeitung.de/lebenswege
„Auch am Ende hat sie uns mit auf den Weg gegeben, dass wir alle zusammenhalten sollen.“
Michaela Heinze, Frauke Scholl Peter Seringhaus