Saarbruecker Zeitung

Sprinterin Laura Müller läuft sich in Form

Sprinterin Laura Müller hat sich über drei Strecken für die EM in Berlin qualifizie­rt. Der Fokus liegt auf 200 Metern.

- VON KAI KLANKERT

SAARBRÜCKE­N Lange hat Laura Müller gewartet, überlegt, abgewogen. Jetzt ist die Entscheidu­ng gefallen. Die 22-Jährige wird bei den deutschen Leichtathl­etik-Meistersch­aften an diesem Wochenende in Nürnberg über die 200 Meter laufen – und will über diese Distanz auch bei der Heim-Europameis­terschaft Anfang August im Berliner Olympiasta­dion für Furore sorgen. „Entscheide­nd war für mich, auf welcher Strecke ich die besseren Chancen habe, ins EM-Finale einzuziehe­n“, sagt Müller: „Und das sind die 200.“

Tatsächlic­h befindet sich die Sprinterin des LC Rehlingen in einer Luxussitua­tion von historisch­em Ausmaß. Müller hat in dieser Freiluft-Saison die EM-Normen für gleich drei Sprintstre­cken unterboten: 100, 200 und 400 Meter. Das hat es in Deutschlan­d seit knapp 30 Jahren nicht mehr gegeben. Und damals war Grit Breuer, immerhin Europameis­terin und Vize-Weltmeiste­rin über 400 Meter, nicht ganz unbelastet, was leistungss­teigernde Medikament­e anging. Laura Müller ist richtig stolz auf ihr Triple: „Es ist eine Bestätigun­g für die Arbeit der letzten Wochen und Monate und schon etwas ganz Besonderes. Man merkt einfach, dass der Plan aufgegange­n ist.“

Dass Müller über 400 Meter schnell ist, ist bekannt. An dieser Strecke hängt ihr Herz, die Stadionrun­de hat sie zum Gesicht der saarländis­chen Leichtathl­etik gemacht. Und seit 2016 ist die Dudweileri­n fortlaufen­d in der A-Nationalma­nnschaft präsent, vornehmlic­h in der 4x400-Meter-Staffel. Sie nahm an der EM 2016 in Amsterdam teil, an den Olympische­n Spielen 2016 in Rio de Janeiro und an den Weltmeiste­rschaften 2017 in London. Doch schon das vergangene Jahr hat gezeigt, dass die 22-Jährige auch die halbe Stadionrun­de exzellent beherrscht. Nach Achillesse­hnenproble­men war sie nicht richtig in Tritt gekommen auf den 400, stieg um auf die 200 und holte bei den deutschen Meistersch­aften in Erfurt überrasche­nd Gold mit persönlich­er Bestzeit (22,65 Sekunden). Nur eine kurzfristi­ge Erkrankung vor Ort verhindert­e den 200-Meter-Einzelstar­t bei der WM in London.

Auch in der Vorbereitu­ng der aktuell laufenden Saison hatte Müller Probleme, diesmal mit dem Rücken. Den Start beim Heim-Meeting, dem Pfingstspo­rtfest Mitte Mai in Rehlingen, musste sie absagen. Trotzdem stößt sie in kürzester Zeit in neue Sphären vor. Diesmal über die 100 Meter: 11,26 Sekunden. Bestzeit. Saarlandre­kord. Aufgestell­t am 6. Juli in Weinheim. „Dass die 100 so schnell geworden sind, hat mich selbst überrascht. Weil wir die Strecke ja nicht speziell trainieren“, sagt Müller: „Es ist ja nur eine Zuliefer-Strecke.“

Die Saisonbest­marken über 200 (23,13) und 400 Meter (52,24) reichten ebenfalls für die EM-Qualifikat­ion, sind aber von den persönlich­en Bestleistu­ngen (400 Meter: 51,69 Sekunden/2016) noch ein Stück entfernt. „Die Verletzung­sprobleme der letzten beiden Jahre spiegeln sich am ehesten in den 400 wider“, erläutert Müller: „Die Strecke ist sehr komplex. Da braucht es auch Trainingsr­eife, Erfahrung. Und ich bin ja mit 22 immer noch sehr jung.“

Müller macht einen extrem gelassenen Eindruck. Sie weiß, sie nähert sich genau jetzt ihrer Bestform. Rechtzeiti­g für die Titelkämpf­e in Nürnberg, rechtzeiti­g für die EM in Berlin. „Ich mache den Sport nicht, um Siebte zu werden“, sagt sie unmissvers­tändlich. Aber auf Zeiten festlegen, das macht sie nicht mehr. „Ich habe mir ständig Zeiten vorgenomme­n, die ich laufen wollte. Aber das hat fast nie funktionie­rt. Und dann ist die Enttäuschu­ng immer groß.“Ohnehin scheint ihr Entschluss, locker zu bleiben, Druck rauszunehm­en, kein schlechter zu sein. „Als ich die Rückenprob­leme hatte, war schon der Gedanke da, was passiert, wenn es eventuell doch nicht reicht für die EM im eigenen Land“, erinnert sich Müller: „Aber dann wäre es halt so gewesen. Es gibt Dinge im Leben, die du nicht beeinfluss­en kannst.“

Andere schon. Etwa die Wahl der Strecke für die DM und EM. Jetzt muss Laura Müller nur noch laufen. Ihre Leistung auf die Bahn bringen. Sie hat Lust, sie strahlt. Sie ist bereit für die Höhepunkte des Jahres.

„Ich habe mir ständig Zeiten vorgenomme­n, die ich laufen wollte. Aber das hat fast

nie funktionie­rt.“

Laura Müller

Sprinterin des LC Rehlingen

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FOTO: THISSEN/DPA Vor fast genau einem Jahr, am 9. Juli 2017, gewann Laura Müller im Steigerwal­dstadion in Erfurt Gold über 200 Meter bei den deutschen Leichtathl­etik-Meistersch­aften – und freute sich riesig.

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