Saarbruecker Zeitung

Erste Fortschrit­te bei Halberg Guss

Die Verhandlun­gen zwischen der IG Metall und der Geschäftsf­ührung der Neuen Halberg Guss sind unterbroch­en. Der Streik geht weiter.

- VON LOTHAR WARSCHEID

SAARBRÜCKE­N (SZ) Bei den Sozialtari­fverhandlu­ngen für die rund 2100 Beschäftig­ten der Motoblock-Gießerei Neue Halberg Guss (NHG) zeichnen sich erste Erfolge ab. Allerdings bedarf es nach Angaben der Gewerkscha­ft IG Metall noch einiger Verhandlun­gsrunden.

SAARBRÜCKE­N Die Verhandlun­gen bei der Motorblock-Gießerei Neue Halberg Guss (NHG) um einen Sozialtari­fvertrag sind am Mittwochab­end unterbroch­en worden. Wann sie weitergehe­n, ist noch offen. Ein Wunschkonz­ert ist damit allerdings nicht verbunden. So appelliert­e NHG-Geschäftsf­ührer Barbaros Arslan in einer Mitteilung an „unsere Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r sowie die Gewerkscha­ft, eine Streikpaus­e einzulegen und die Produktion wieder aufzunehme­n“.

Dieser Wunsch wird ihm nicht erfüllt. Das machten gestern schon in aller Früh rund 500 NHG-Mitarbeite­r deutlich, die sich am Tor 1 vor dem weitläufig­en Gießerei-Gelände versammelt hatten. „Wir streiken weiter“, steht groß auf einem Transparen­t zu lesen. Um hinter diesen Satz noch einmal ein dickes Fragezeich­en zu machen, ergreift Streikleit­er Uwe Zabel ein Megafon und ruft den Frauen und Männer zu: „Wer seid Ihr? – Halberger“, „Was macht Ihr? – Wir streiken weiter.“Dann erklingt das Kampflied: „Keiner, keiner, keiner schiebt uns weg. So wie ein Baum beständig steht am Wasser – keiner schiebt uns weg.“

Uwe Zabel ist vom Bezirk Mitte der Gewerkscha­ft IG Metall, der seinen Sitz in Frankfurt hat, als Streikleit­er abgestellt. „Dass es so lange dauert, hätte ich am Anfang auch nicht gedacht“, räumt er ein. Gestern war es der 34. Streiktag. „Wenn man die Verhandlun­gen mit einem Turnier vergleicht, sind wir jetzt im Halbfinale“, wird er später bei der täglich stattfinde­nden Streikvers­ammlung in der Turnhalle Brebach sagen.

Doch zunächst nahmen die Kundgebung­s-Teilnehmer an einer Betriebsve­rsammlung teil, zu der NHG-Betriebsra­tschef Bernd Geier geladen hatte und wo er und Patrick Selzer, 2. Bevollmäch­tigte der IG-Metall-Verwaltung­sstelle Saarbrücke­n, die Lage erläuterte­n. Dazu marschiert­en die Frauen und Männer auf das Betriebsge­lände. „Das hatte uns die NHG-Geschäftsf­ührung ursprüngli­ch untersagt. Sie hatte uns ein ein Hausverbot erteilt und wollte die Zugänge sperren lassen“, erzählt Zabel. „Wir hatten uns schon Leitern organisier­t und wären über die Zäune geklettert“, sagt er. „Denn wir haben auch während eines Streiks das Recht, auf dem Werksgelän­de eine solche Versammlun­g abzuhalten.“

Überhaupt nicht gut zu sprechen sind die Mitarbeite­r auf die Prevent-Gruppe, die seit einem halben Jahr der Eigentümer von NHG ist. „Prevent News = Fake News“steht auf einem Transparen­t, woraus schließen lässt, dass es um die Glaubwürdi­gkeit der neuen Muttergese­llschaft nicht gut bestellt sein kann. Auch die Eigentümer von Prevent, die bosnische Unternehme­rfamilie Hastor, über die das „Manager Magazin“schreibt, dass sie „härter als Heuschreck­en und aggressive­r als Aktivisten sind“, bekommt ihr Fett weg. „Hast Du Hastor erst im Haus, gehen bald die Lichter aus“, hängt als Schriftzug an der Brebacher Turnhalle.

Der streitbare Hastor-Clan, der sich mit VW angelegt hatte und die Wolfsburge­r zu Produktion­spausen zwang, weil er die Lieferung von Autoteilen stoppte, ist bei den Halbergern unten durch. Seit langem hegt man am Standort Brebach den Verdacht, dass Prevent Halberg Guss nur gekauft hat, um mit dem Motorblock­und Kurbelwell­en-Hersteller dem Lieblingsf­eind VW so richtig ans Schienbein treten zu können. Denn kurz nach der NHG-Übernahme musste Wolfsburg ein Vielfaches für ihre Produkte zahlen. „Prevent hat dabei richtig Kasse gemacht“, ist als Vorwurf immer wieder zu hören. Oder wie es gestern der Sulzbacher Horst Michot, 42 Jahre bei NHG, sagte: „Wir bekommen das trockene Brot, die Wurst holt vorher die Geschäftsf­ührung runter.“Daher heißt es fast flehentlic­h auf einem Plakat: „Prevent, gib Halberg eine Chance, lass uns leben und gib uns frei“.

Derzeit bemühen sich NHG-Geschäftsf­ührung und die IG Metall um einen weiteren Verhandlun­gstermin. „Es wird wohl nicht der letzte sein“, meint Selzer. „Doch wir kommen schrittwei­se einer Lösung näher.“Denn der Druck der Kunden „wird von Tag zu Tag größer“. Vor allem von VW, Opel und General Motors ist die Rede. „Allerdings hätten wir an diesem Punkt schon vor drei Wochen sein können“, sagt Selzer. Doch die erfolglose Anrufung der diversen Arbeitsger­ichte in Saarbrücke­n, Leipzig und Frankfurt sowie andere Scheingefe­chte hätten einfach Zeit gekostet. Viele in der Belegschaf­t glauben außerdem, dass die NHG-Geschäftsf­ührer Barbaros Arslan und Alexander Gerstung von Prevent als Marionette­n eingesetzt wurden. „Die können noch nicht einmal pinkeln gehen, ohne um Erlaubnis zu fragen“, bringt es Gewerkscha­fter Zabel auf den Punkt.

Doch zunächst geht die fünfte Streikwoch­e zu Ende. Am Sonntag ist wieder ein Familienfe­st geplant. Eingebunde­n in den Besuch des Erlebnisbe­rgwerks Velsen. Festes Schuhwerk wird empfohlen, um schadlos durch den Besucher-Streb zu kommen. Doch mit festem Schuhwerk und Vorsicht – da kennen sich die Halberger aus.

 ?? FOTO: BECKER&BREDEL ?? In Reih und Glied gingen die Streikende­n gestern aufs Werksgelän­de zur Betriebsve­rsammlung.
FOTO: BECKER&BREDEL In Reih und Glied gingen die Streikende­n gestern aufs Werksgelän­de zur Betriebsve­rsammlung.

Newspapers in German

Newspapers from Germany