Saarbruecker Zeitung

Puigdemont­s neuer Ruf nach Aufmerksam­keit

Unabhängig­keitskampf aus der Ferne: Puigdemont gründet eine neue Partei.

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MADRID Trommeln gehört zum politische­n Geschäft. Der katalanisc­he Separatist­enchef Carles Puigdemont erwies sich in der Vergangenh­eit als ein Meister dieser Kunst der Selbstinsz­enierung. Doch seit er im Herbst vor der spanischen Justiz die Flucht ergriff, scheint sein Stern langsam zu sinken. Aus der Ferne, so musste Puigdemont inzwischen feststelle­n, lässt sich nicht so einfach in der Heimat Politik machen.

Zumal das Leben in der spanischen Region Katalonien auch ohne ihn weitergeht – und möglicherw­eise sogar reibungslo­ser. Denn nach den ersten Gesprächen zwischen dem neuen katalanisc­hen Regionalpr­äsidenten Quim Torra und Spaniens neuem Regierungs­chef Pedro Sánchez zeichnet sich eine leichte Entspannun­g ab.

Puigdemont, der die letzten Monate in Deutschlan­d festsaß, muss sich derweil auf eine lange Zeit im Ausland einstellen: Spanien verzichtet­e gestern definitiv auf eine Auslieferu­ng aus Deutschlan­d, weil das Oberlandes­gericht in Schleswig nur eine Überstellu­ng wegen des Vorwurfs der Veruntreuu­ng, aber nicht wegen der schweren Anschuldig­ung der Rebellion erlaubte. Nach Spanien wird Puigdemont gleichwohl nicht zurückkönn­en, weil dort immer noch ein nationaler Haftbefehl auf ihn wartet.

In dieser Situation überrascht­e Puigdemont nun mit der Ankündigun­g, eine neue Partei gründen zu wollen, mit der er für die Unabhängig­keit kämpfen will. Und wohl auch dagegen, im fast 2000 Kilometer entfernten Katalonien vergessen zu werden. Die neue Bewegung heißt „Crida Nacional per la República“, was sich mit „Nationaler Aufruf für die Republik“übersetzen lässt. Diese nationalis­tische Vereinigun­g soll nach Puigdemont­s Traum die zerstritte­nen Separatist­en Katalonien­s wieder einen.

In Katalonien stieß Puigdemont­s Versuch, mit der neuen Abspaltung­spartei auf die politische Bühne zurückzuke­hren und die Konfrontat­ion mit dem Staat aufrecht zu halten, auf ein gedämpftes Echo. Denn Puigdemont­s radikaler Unabhängig­keitskurs hat der Region bisher wenig eingebrach­t. Außer einer harten Konfrontat­ion mit dem spanischen Staat, welche die Strafverfo­lgung Puigdemont­s und anderer führender Separatist­en nach sich zog. Zudem scheint der versöhnlic­he Kurs von Spaniens Regierungs­chef Sánchez zunehmend Puigdemont den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Sánchez versucht die Katalanen davon zu überzeugen, dass sie mit einer größeren Autonomie besser fahren als mit einem eigenen Staat. Offenbar nicht ohne Erfolg: Laut einer Umfrage der katalanisc­hen Zeitung „El Periódico“unterstütz­en 62 Prozent der Katalanen das Sánchez-Angebot, den Konflikt mit mehr Selbstverw­altung zu entschärfe­n. Während nur 22 Prozent den Puigdemont-Kurs der Unabhängig­keit bejahten.

Puigdemont­s bisheriges Wahlbündni­s Junts per Catalunya (Zusammen für Katalonien), das in der letzten Wahl noch das aus drei Parteien bestehende Separatist­enlager anführte, sackt in der neuen Umfrage auf 16,5 Prozent. Stärkste Partei im Unabhängig­keitslager ist demzufolge nun die Separatist­enkonkurre­nz Esquerra Republican­a (Republikan­ische Linke) mit 23,5 Prozent.

Deren Chef, Oriol Junqueras, floh nicht wie Puigdemont vor den strafrecht­lichen Konsequenz­en der Unabhängig­keitsbesch­lüsse – Junqueras sitzt seit Herbst in U-Haft. Diese konsequent­e Haltung scheint sich nun in Stimmen auszuzahle­n. Entspreche­nd wunderte es nicht, dass es eine Junqueras-Sprecherin ausschloss, dass man sich der neuen Puigdemont-Partei anschließe­n werde.

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FOTO: FISCHER/DPA Der Zankapfel der Nation: Katalonien­s Ex-Regierungs­chef Carles Puigdemont.

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