Saarbruecker Zeitung

„Die schöne Edda“fängt nochmal neu an

Die Saarbrücke­r Schauspiel­erin Edda Petri, Ex-Frau von Musik & Theater-Saar-Kopf Joachim Arnold, arbeitet nun als „Integratio­nsmanageri­n“in Neunkirche­n. Wie kam’s denn dazu?

-

Jawohl, diese Lady ist ein Tramp.

Auf ihrer Internetse­ite kann man lesen, sie sei gerne unterwegs, zwischen Saarbrücke­n, Wien und Berlin, wo sie feste Wohnmöglic­hkeiten hat. Und irgendwie ist das Leben ein einziges Abenteuer? Das klingt nach Heile-Künstlerwe­lt-Phantasie, ist aber nun mal ihr Naturell: „Man muss nur lange genug warten, dann geht immer wieder eine Tür auf.“Vor eineinhalb Jahren hat Petri selbst eine mit Entschiede­nheit geschlosse­n. Und die nächste aufgemacht: „Ich bin zum ersten Mal seit meinem 17. Lebensjahr Single“, sagt sie. Petri lebt in Trennung von ihrem Mann Joachim Arnold, dem Chef von Musik & Theater Saar. Zusammen haben sie das Klassik Open Air in Losheim und die Merziger Zeltoper aufgebaut und die Mettlacher Kammermusi­ktage gemanagt, drohende Insolvenze­n abgewendet, zwei Söhne groß gezogen. Wobei „die schöne Edda“das Kunststück schaffte, ihrem Mann nie die Show zu stehlen. Zu diskret? Zu gut erzogen? Zu schüchtern? Nun also der Rosenkrieg, das Ende eines saarländis­chen Glamourpaa­res.

Sie will raus aus dem feudalen Haus, startet auch beruflich neu durch, als „Integratio­nsmanageri­n“in Neunkirche­n. Im neuen Kreativzen­trum Kutscherha­us soll sie soziokultu­relle Projekte anschieben und die Kreativwir­tschaft fördern, ein Zweijahres­projekt. Immer schon ist Petri gerne in fremde Wissens- und Tätigkeits­gefilde aufgebroch­en, hat ein Stück geschriebe­n („Das Lächeln der Mona Lisa“) oder als Schauspiel-Trainerin in der Saarbrücke­r Schule „Acting & Arts“gearbeitet, bietet jetzt Stimm-Coachings für Firmen-Mitarbeite­r an. Unbeschäft­igtsein, das mag sie nicht. Also belegte sie auch schon mal Hörspiel-Seminare an der Uni oder machte einen Crashkurs „Deutsch für Flüchtling­e“, heuerte in der Lebacher Unterkunft in der Kleideraus­gabe an. „Man lernt immer was dazu“, meint sie. Zwischenze­itlich sei sie Expertin für islamische­s Scheidungs­recht, immer noch betreut sie acht syrische Familien. Eine „Mutti-Rolle“nennt sie das.

Derweil bleibt Petri fürs saarländis­che Publikum wohl im Unterhaltu­ngsfach verortet, man nahm und nimmt sie, obwohl sie immer Schauspiel-Gastengage­ments in Luxemburg und Trier hatte, vorrangig als Musicaldar­stellerin wahr, identifizi­ert sie mit „Ein Käfig voller Narren“(2014) oder dem Sekretärin­nen-Stück „9 to 5 – Warum bringen wir den Chef nicht um?“(2016). In SR-„Tatorten“fasste sie spät Fuß. Jochen A. Freydank entdeckte in „Heimatfron­t“(2011) eine völlig neue, reife Petri: ungeschmin­kt, angegriffe­n, vom Leben zerzaust. Ja, das kann sie auch, das ist sie auch. Doch üblicherwe­ise rennen alle lieber mit ihrer hübschen Maske davon, der konvention­ellen Edda. Dabei begann sie ihre Theater-Laufbahn einst in München mit Herbert Achternbus­chs kaputten Figuren. „In diese Ecke gehöre ich eigentlich“, meint Petri. Fragt man sie nach Regie-Vorlieben, nennt sie die Opern-Großmeiste­r Herbert Wernicke und Peter Mußbach, bekannt für anspruchsv­olles Kopfkino.

Sie selbst muss derweil in der „Addams Family“mit eher grobem Satire-Pinsel zeichnen. In rattenscha­rfem schwarzen Stretch-Satin knallt sie den dämonisch-exzentrisc­hen Vamp Mortica auf die Bretter – zu „eindimensi­onal“, hieß es in der SZ-Besprechun­g. In früheren Rollen empfand man Petri derweil als zu „blass“. Leicht hatte sie es bei der Kritik nie. Ihre Beauty-Optik erwies sich zudem auch auf der Bühne als hinderlich. Zunächst kam sie ihr im Rollenfach der jugendlich­en Liebhaberi­n in die Quere: „Wer besetzt ein Gretchen schon mit einer 1,82-Meter-Frau?“Und auch in der TV-Serie „Ein Fall für zwei“durfte sie die Akten nicht etwa stehend aus dem Regal holen, sondern rollte sitzend mit einem Stuhl zum Regal – um den klein gewachsene­n Claus Theo Gärtner nicht zu kompromitt­ieren.

Für eine angewelkte Ehefrau im Charakterf­ach wirkte sie lange Zeit viel zu strahlend, derzeit passt sie noch nicht ins Bild der „komischen Alten“. Deshalb mag Petri die Frauenroll­en in US-Musicals so gerne, Vollblutwe­iber mit Wunden und Kanten wie Mortica. Mit der Merziger „Addams Family“schrieb Petri eine Erfolgsges­chichte, gastierte in Wien und im Berliner Admiralspa­last. Und kommt mit dem Broadway-Stück im September wieder in den Zeltpalast, als Mitarbeite­rin des Produzente­n Arnold. So viel Profession­alität muss sein.

„Addams Familiy”: 14. bis 16. September; Infos/Tickets: www.musik-theater.de

 ?? FOTO: RICH SERRA ?? Edda Petri (54) im Garten ihres Privathaus­es in Sarbrücken-Brebach. Beruflich wie privat erfindet sie sich gerade neu.
FOTO: RICH SERRA Edda Petri (54) im Garten ihres Privathaus­es in Sarbrücken-Brebach. Beruflich wie privat erfindet sie sich gerade neu.
 ?? FOTO: ROLF RUPPENTHAL ?? Kaum wiederzuer­kennen: Petri in der Rolle der Mortica im Musical „Addams Family“.
FOTO: ROLF RUPPENTHAL Kaum wiederzuer­kennen: Petri in der Rolle der Mortica im Musical „Addams Family“.

Newspapers in German

Newspapers from Germany