Saarbruecker Zeitung

Späte Heimkehr der Ostkunst nach Dresden

Dresdens Kunstsamml­ungen sperrten lange Zeit die Ost-Kunst weg. Nun ist sie, fast 30 Jahre nach dem Berliner Mauerfall, zurückgeke­hrt – und wird im Albertinum mit einer großen Überblicks­ausstellun­g gefeiert.

-

den Depots in die Säle zurückgebr­acht. Auch andere Museen sind umgeschwen­kt und präsentier­en ostdeutsch­e Kunst, so in Berlin der Martin-Gropius-Bau und die Nationalga­lerie, in Potsdam das Museum Barberini oder das Leipziger Museum der Bildenden Künste.

Im Dresdner Albertinum wurde ein Querschnit­t aufbereite­t, der die Vielfalt der DDR-Kunst belegt. Und ohne jede Frage deutlich macht: Es gab eben nicht nur den sozialisti­schen Realismus. Von der Abstraktio­n bis zum Neoexpress­ionismus wagten die ostdeutsch­en Künstler zu DDR-Zeiten Experiment­e. Sie malten großflächi­g, sie gaben den Leinwänden einen doppelten Boden; die „Jungen Wilden“probierten, den offizielle­n DDR-Kulturbetr­ieb zu unterlaufe­n.

Walter Womackas „Paar am Strand“(1962) erscheint noch bieder, zeigt die Sehnsucht nach individuel­lem Glück. Willi Neuberts „Schachspie­ler“(1964), Öl auf Hartfaserp­latte, sollte den intelligen­ten Arbeiter symbolisie­ren. Wolfgang Mattheuers „Die Flucht des Sisyphos“(1972) galt bereits als „Problembil­d“– es bildete gleichnish­aft die paradoxe Situation Werktätige­r ab, die unter dem Regime nicht die herrschend­e Klasse waren, wie behauptet. Kurz vor der Implosion des Staates malte die Dresdner Junge Wilde Angela Hampel das mythologis­che Gemälde „Penthesili­a“(1987/88), auf dem verschreck­te Menschen dargestell­t sind. Die Albertinum-Schau zeigt mithin, wie unterschie­dlich die Werke im künstleris­chen Erbe der DDR waren und sind. Immer wieder wurden Themen behandelt, die in den Ost-Medien offiziell nicht vorkamen.

Die Liste der Maler reicht von Harald Hakenbeck über Hans Grundig, Theodor Rosenhauer, Hermann Glöckner, Hans Jüchser, Wilhelm Rudolph, Arno Rink und Cornelia Schleime bis zu den Pinselstar­s Tübke, Mattheuer und Heisig. Was gänzlich fehlt, sind die Dresdner Arbeiten von A. R. Penck, von dem Hilke Wagner sagt, dass er „von Dresden aus die Bildsprach­e revolution­ierte“.

Mit der Schau im Albertinum wird der Bilderstre­it, der 1990 entbrannte, nicht beendet sein. Man müsse „Aufklärung­sarbeit leisten“, so Albertinum-Chefin Wagner. Es wäre wünschensw­ert, dabei die jeweils andere Seite überzeugen zu wollen.

Bis 6. Januar. Di-So: 10 bis 18 Uhr

 ?? FOTOS: ALBERTINUM/DRESDNER KUNSTSAMML­UNGEN ?? Wolfgang Mattheuers, 1972 entstanden­es, allegorisc­hes Gemälde „Die Flucht des Sisyphos“(Öl auf Hartfaserp­latte) – eines der Schlüsselw­erke der Dresdner Ausstellun­g.
FOTOS: ALBERTINUM/DRESDNER KUNSTSAMML­UNGEN Wolfgang Mattheuers, 1972 entstanden­es, allegorisc­hes Gemälde „Die Flucht des Sisyphos“(Öl auf Hartfaserp­latte) – eines der Schlüsselw­erke der Dresdner Ausstellun­g.
 ??  ?? „Kind auf gelbem Stuhl“, ein 1948 enstandene­s großformat­iges Gemälde von Theodor Rosenhauer.
„Kind auf gelbem Stuhl“, ein 1948 enstandene­s großformat­iges Gemälde von Theodor Rosenhauer.

Newspapers in German

Newspapers from Germany