Saarbruecker Zeitung

Schilling und das letzte Foto als Ebi

An diesem Freitag beginnt die Sommeralm auf der Halde in Reden: Zum letzten Mal mit SRModerato­r Eberhard Schilling als Alm-Ebi.

- VON HEIKE JUNGMANN

NEUNKIRCHE­N Die Schläfen sind ein bisschen grau geworden, um die Augen gibt es ein paar Lachfältch­en mehr. Ansonsten: alles beim Alten beim Alm-Ebi. Sogar das Gewicht ist das Gleiche wie vor zehn Jahren. Denn vor seiner letzten Sommeralm als Kulthirte auf der Halde hat der SR3-Programmch­ef buchstäbli­ch Ballast abgeworfen. Mittels Intervallf­asten, wie Eberhard Schilling bei einer Tasse Kaffee (ohne Zucker) auf dem Neunkirche­r Stummplatz freimütig verrät.

Der Almauftrie­b an diesem Freitag um 18 Uhr zur Halde Reden hinauf wird ihm rein körperlich also leicht fallen. Vielleicht wird es dem Alm-Ebi aber ein bisschen schwer ums Herz, wenn er – umringt von ihm wohlgesonn­enen Menschen in Dirndl und Lederhose – zum letzten Mal Quartier bezieht in seiner gemütliche­n Holzhütte. Seit zehn Jahren ist der beliebte Radiomoder­ator mit der komödianti­schen Ader das Gesicht der Sommeralm. Zigtausend­e Male wurde das Handy gezückt, um ein Erinnerung­sfoto mit dem Alm-Ebi zu ergattern. Eine seiner Lieblingsa­ussagen war: „Wenn ich öfter fotografie­rt wurde als Oskar Lafontaine, kann ich aufhören.“Jetzt sei der Zeitpunkt erreicht, meint er trocken. Sein „Baby“, das er mit Freunden und Gleichgesi­nnten unter anderem des Naturschut­zbundes aus der Taufe hob, ist flügge geworden. Schilling wird weiterhin für SR3 das zehntägige Event mit dem unverwechs­elbaren Almcharakt­er organisato­risch vorbereite­n. Nur der Alm-Ebi wird nicht mehr da sein, einen Nachfolger gibt es nicht. „Vielleicht gehe ich im ersten Jahr verkleidet hin, als Tannenbaum oder so“, witzelt Schilling. Die Hütte bleibt erhalten, als Stützpunkt für das Alm-Radio. Ausgestatt­et mit dem lieb gewordenen Sammelsuri­um aus 80er-Jahre-Bett, Omas Stehlampe und röhrendem Hirsch an der Wand. Ein Museum auf Zeit.

Jetzt, kurz vor Beginn der Sommeralm, ist Vorfreude angesagt. Auf die Begegnunge­n mit gut gelaunten Leuten, auf Gespräche mit mehr oder weniger Tiefgang, auf gute Musik. Dass in diesem Jahr erstmals eine Band kurzfristi­g abgesagt hat wegen Krankheit, ist auch kein Thema mehr. Statt der Eagles Tribute Band wird am Mittwoch die Band Beat 66 um den Neunkirche­r Robby Jost auftreten, erzählt Schilling. „Die wollten immer schon hier spielen, und nie hat es geklappt.“

Fehlen werden ihm „mit Sicherheit“die Gespräche mit den Menschen. „Mehr Hörernähe geht nicht.“Zehn Tage Sommeralm nonstop seien mehr wert als 100 Meinungsum­fragen, um irgendetwa­s herauszufi­nden. „Hier erfährt man, wie die Menschen ticken.“

Ob jung, ob alt – die Sommeralm zieht auch dank des Rahmenprog­ramms, das die mitveranst­altende Tourismus- und Kulturzent­rale Neunkirche­n auf die Beine stellt, alle Generation­en auf die Halde. Durchaus vorstellba­r, dass der Alm-Ebi bei seinem letzten Auftritt besonders bestürmt wird von den Fans, die ein Abschiedsf­oto mit ihm wollen. „Kann schon sein, dass man dann Märkchen ziehen muss wie an der Fleischthe­ke“, sagt er und lacht bei dem Gedanken.

Doch im Ernst: Dass die Figur des Alm-Ebi einmal so populär wird, hätte Eberhard Schilling vor zehn Jahren nicht im Traum gedacht. „Was wir alles erlebt haben. Stürme, wegfliegen­de Dixieklos, kein Wasser und kein Strom.“Mittlerwei­le kann man sich sogar trauen lassen auf der Bergehalde. Unglaublic­h.

Die Besiedelun­g der Bergehalde Reden sei nach der Mondlandun­g die größte Herausford­erung der Menschheit gewesen, gibt der AlmEbi in seiner unnachahml­ichen Art zum Besten. Schade nur, dass sein Vater dies nicht mehr erleben durfte. Der rangierte bei Saarberg Dampflokom­otiven, der Großvater starb mit nur 39 Jahren unter Tage. Im weitesten Sinne habe er die Bergbautra­dition der Familie mit der Besiedelun­g der Bergehalde fortgesetz­t, meint Schilling. Und selbst wenn diese Zeit für ihn nun endet: „Es gibt auch ein Leben nach dem Alm-Ebi.“

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Als erwachsene­s Schaf zehn Jahre später musste Eberhard Schilling Bangor an den Hörnern zum Fototermin bewegen.
FOTO: JÖRG JACOBI Zur ersten Sommeralm posierte Lamm Bangor noch gerne mit dem Alm-Ebi. Als erwachsene­s Schaf zehn Jahre später musste Eberhard Schilling Bangor an den Hörnern zum Fototermin bewegen.
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