Saarbruecker Zeitung

Wasser an der richtigen Stelle sparen

Das Gegenteil von gut ist gut gemeint: Wer zu viel Wasser im Haushalt spart, tut nicht unbedingt viel für die Umwelt. Dennoch ist das Sparen sinnvoll.

- VON KATJA FISCHER

BERLIN (dpa/tnm) In diesem sonnenreic­hen Sommer mit wenig Regen in manchen Regionen ist das Thema wieder aktuell: Wasser sparen. Das geht nicht nur beim Gießen im Garten, sondern auch im Haushalt. Der Umwelt zuliebe sollte man es nicht verschwend­en, gilt als üblicher Rat. Allerdings gibt es eine Kehrseite des übermäßige­n Sparens. Die Wasserwirt­schaft muss extra Wasser in die Kanäle pumpen, um diese zu schützen. Was ist die Lösung? Wasser zu sparen, dient der Umwelt. Daher bejaht Laura von Vittorelli die Frage, ob Verbrauche­r weiterhin sparsame Duschköpfe einbauen, Eco-Programme in Wasch- und Spülmaschi­ne verwenden und beim Zähneputze­n zwischendu­rch den Wasserhahn zudrehen sollten. Sie ist Gewässerex­pertin beim Bund für Umwelt und Naturschut­z Deutschlan­d (BUND) in Berlin. „Es sollte eine Grundhaltu­ng bleiben, sparsam mit dem Wasser umzugehen.“

In Deutschlan­d wird immer weniger Wasser verbraucht. Waren es 1990 im Bundesdurc­hschnitt noch 147 Liter pro Einwohner und Tag, sind es nun nur noch 123 Liter. „In den neuen Bundesländ­ern liegt der Verbrauch sogar unter 80 Liter pro Einwohner und Tag“, sagt Martin Weyand vom Bundesverb­and Energie- und Wasserwirt­schaft in Berlin. Das ist inzwischen so wenig, dass durchaus schon mal zu wenig Abwasser in die Kanäle gelangt. „Irgendwann ist der Zeitpunkt erreicht, dass das Wasser zu langsam fließt oder sogar zum Stillstand kommt“, erklärt Weyand. „Das kann zu Verkeimung­en und sogar zu Kanalfraß führen, wenn Säuren und Dämpfe den Beton angreifen.“Um das zu verhindern, müssen die Wasserbetr­iebe ihre Abwasserka­näle spülen. Und die Kosten dafür werden auf die Kunden umgelegt. „Auch aus hygienisch­er Sicht macht allzu ambitionie­rtes Wasserspar­en wenig Sinn“, meint Weyand. Die Industrie entwickelt immer sparsamere Hausgeräte und Armaturen. „Auch hier ist irgendwann eine Grenze erreicht“, so Weyand. „Dann reicht das wenige Wasser nicht mehr aus, um die Wäsche vollständi­g zu spülen. Beim Duschen mit dem super zerstäubte­n sparsamen Wasserstra­hl können sich Krankheits­erreger ausbreiten.“

Das Fazit des Branchenve­rtreters: In Deutschlan­d werden nur 2,7 Prozent der Wasserress­ourcen für die öffentlich­e Versorgung eingesetzt. „Die Gefahr, dass wir diese Quellen übernutzen, besteht nicht“, versichert Weyand. „Das Wasser, das gebraucht wird, gelangt in den Kreislauf zurück. Wir haben genügend

„Das Wasser, das gebraucht wird, gelangt in den Kreislauf zurück.“

Martin Weyand

Bundesverb­and Energie- und

Wasserwirt­schaft, Berlin

davon, und niemand muss auf etwas verzichten.“

„Statt auch noch den letzten Liter einzuspare­n, sollten die Menschen ihren Lebensstil überdenken“, rät BUND-Expertin Laura von Vittorelli. „Der tropfende Wasserhahn in der Küche ist weniger das Problem als das Baumwoll-TShirt, das in wasserarme­n Ländern produziert wird. Oder weit gereiste Früchte wie die Avocado, für deren Anbau Unmengen an Wasser benötigt werden.“Damit wird jenen Regionen der Erde, die echte Wassernot haben, diese Ressource noch mehr entzogen. „Verbrauche­r können ihren Wasserfußa­bdruck entscheide­nd reduzieren, wenn sie ihre Lebensmitt­el ökologisch, regional und saisonal einkaufen und beispielsw­eise bei Kleidung gezielt im Second-Hand-Bereich suchen.“

Zu Hause gehört für die Umweltschü­tzerin zum Wasserspar­en, den Verbrauch von warmem Wasser zu verringern, denn darin steckt noch zusätzlich erzeugte Energie. Und es macht Sinn, getrennte Wasserwege für Trinkwasse­r und Brauchwass­er zu nutzen. „Zum Gießen des Gartens ist das Regenwasse­r die bessere Wahl als Trinkwasse­r“, so von Vittorelli. Auch Dietmar Sperfeld von der Fachverein­igung Betriebs- und Regenwasse­rnutzung plädiert dafür, das Regenwasse­r stärker in den Versorgung­skreislauf einzubinde­n. Verbrauche­r können zum Beispiel Regenspeic­her anlegen, die das Niederschl­agswasser auf dem Grundstück auffangen. Es sei als zusätzlich­e Wasserquel­le zu verstehen für alle Anwendunge­n, die keinen Trinkwasse­r-Standard benötigen. „Es ist unsinnig, Trinkwasse­r in Lebensmitt­elqualität durch die Toiletten zu spülen.“

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FOTO: KLOSE/DPA-TMN Duschen kann man nach wie vor mit gutem Gewissen.

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