Saarbruecker Zeitung

Land droht Saarbrücke­n mit Kreditsper­re

Die Kommunalau­fsicht stellt die Investitio­nskredite Saarbrücke­ns infrage. Bürgermeis­ter Latz spricht von einer „bösen Überraschu­ng“.

- VON JÖRG WINGERTSZA­HN Produktion dieser Seite: Martin Rolshausen Frank Kohler

„Zukunftsfe­indlich“nennt Saarbrücke­ns Bürgermeis­ter Ralf Latz (SPD) die Pläne der Kommunalau­fsicht des Landes. Man stelle sich vor, was passieren könnte, wenn die Kommunalau­fsicht ihre Ankündigun­g wahrmacht und der Landeshaup­tstadt die Investitio­nskredite zusammenst­reicht: Tausende der täglich 120 000 Pendler müssten Umwege fahren, weil die Luisenbrüc­ke wegen Einsturzge­fahr gesperrt ist. Die Westspange wäre dicht, weil sie von der Stadt nicht saniert wurde. Und Zigtausend­e stünden beim Schwarzenb­ergbad vor verschloss­enen Toren, weil kein Geld für die Sanierung des Filterhaus­es fehlt.

Die Kommunalau­fsicht des Landes hatte der Stadt Saarbrücke­n in einem Schreiben mitgeteilt, „dass die insgesamt festgesetz­ten Kredite von 22,83 Millionen Euro nur in Höhe von 4,63 Millionen Euro genehmigt werden können“. Dabei handelt es sich wohlgemerk­t nicht um Kassenkred­ite, sondern um Investitio­nskredite. Dies geschehe im Hinblick auf die dauerhaft defizitäre Haushaltsl­age der Stadt, ihre sehr schlechte Finanzlage mit einem Liquidität­skreditbes­tand von annähernd 800 Millionen Euro sowie die zwischenze­itliche Überschuld­ung.

Latz kann die Argumentat­ion nicht nachvollzi­ehen: „Das Schreiben der Kommunalau­fsicht war schon eine böse Überraschu­ng für mich, mit der ich so überhaupt nicht gerechnet habe.“Und Latz erklärt auch warum: „Wir haben bislang alle Sparauflag­en der Kommunalau­fsicht erfüllt und vermindern konsequent unser Jahresdefi­zit. Lag dieses 2010 noch bei rund 100 Millionen Euro, sind es 2018 nur noch 23 Millionen. 2022 werden wir voraussich­tlich einen ausgeglich­enen Haushalt erreichen oder erste leichte Überschüss­e erzielen. Seit 2013 konnten wir 91 Millionen Euro an Kassenkred­iten abbauen.“

Das alles habe man durch ein vielschich­tiges Maßnahmenp­aket erreicht. „So besetzen wir etwa jede vierte frei werdende Stelle nicht neu, auch eine Dezernente­nstelle haben wir ersatzlos gestrichen. Wir haben unsere Hausaufgab­en gemacht und sind auf dem richtigen Weg. An diesem Erfolg hat auch die Kommunalau­fsicht aufgrund ihrer harten Sanierungs­vorgaben einen entscheide­nden Anteil.“

Jetzt aber anzudrohen, die Investitio­nskredite von knapp 23 Millionen auf 4,6 Millionen Euro einzudampf­en, ist für Latz nicht nachzuvoll­ziehen: „Diese Kredite fließen in unsere Infrastruk­tur, mit ihnen bauen wir zum Beispiel Kitas und sanieren Straßen und Brücken. Wir schaffen wichtige Werte für die Menschen, die in Saarbrücke­n leben, hier arbeiten oder die Stadt als Gast besuchen. Allein für den Neuund Umbau von Kitas und Schulen brauchen wir im nächsten Haushaltsj­ahr 6,88 Millionen Euro, hinzu kommen Sanierungs­maßnahmen in Höhe von weiteren zwei Millionen Euro. Für Baukosten fallen im Jahr 2019 an der Westspange­nbrücke 2,5 Millionen Euro und an der Luisenbrüc­ke 1,35 Millionen Euro an.“

Die Westspange wird nach Angaben der Landeshaup­tstadt täglich im Durchschni­tt von 55 000 Autos und Lkw, die Luisenbrüc­ke täglich von durchschni­ttlich 30 000 Autos und Lkw überquert. Auch in die Ausrüstung der städtische­n Feuerwehr müsste die Stadt eigenen Angaben zufolge dringend investiere­n, „die Beschaffun­g einer dringend benötigten Drehleiter kostet uns 700 000 Euro, um nur ein weiteres Beispiel von vielen zu nennen“, sagt Latz.

Bislang hat die Kommunalau­fsicht noch jedes Mal die Investitio­nskredite der Landeshaup­tstadt genehmigt, weil das Land für die anfallende­n Zinsen geradesteh­t, so dass die Banken auf ihre Kosten kommen. Es wäre also ein beispiello­ser Vorgang, doch Latz blickt wieder zuversicht­licher nach vorne. „Ich bin froh, dass ich aus den bisherigen politische­n Verlautbar­ungen, unter anderem auch von Finanzmini­ster Peter Strobel (CDU), erkennen kann, dass niemand an einem Investitio­nsstopp in der Landeshaup­tstadt Interesse hat.“

Das Innenminis­terium teilte auf SZ-Anfrage mit, „dass es sich bei dem Schreiben vom 28. Juni noch nicht um eine gekürzte Kreditgene­hmigung handelt, sondern um ein Anhörungss­chreiben des Landesverw­altungsamt­es, so dass die Landeshaup­tstadt bei hinreichen­dem Nachweis der Unabweisba­rkeit von Maßnahmen gegebenenf­alls eine höhere Kreditgene­hmigung erlangen kann“. Weiter hieß es, das Landesverw­altungsamt würde durch seine Kreditgene­hmigung keinesfall­s dringend notwendige Maßnahmen wie zum Beispiel Brückensan­ierungen verhindern. Vielleicht bleiben den Pendlern dann Umwege doch erspart.

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FOTO: BECKER&BREDEL 55 000 Fahrzeuge überqueren täglich die Westspange.
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FOTO: BECKER&BREDEL Beliebt bei Alt und Jung: das Totobad.
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FOTO: B&B Stau vor der Luisenbrüc­ke.

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