Merkel zieht vor Sommerpause nüchterne Bilanz
BERLIN (afp) Angela Merkel hat vor Beginn der Sommerpause im politischen Berlin eine durchwachsene Bilanz der ersten vier Monate der großen Koalition gezogen: In der Innenpolitik blickt die Kanzlerin auf einen mühevoll befriedeten Konflikt mit CSU-Chef Horst Seehofer zurück, einen Streit, der nach ihrer Einschätzung die Politikverdrossenheit befördert habe. Weltpolitisch sieht sie den gewohnten „Ordnungsrahmen“besonders durch US-Präsident Donald Trump „stark unter Druck“. Als Erfolge zählte sie unter anderem Beschlüsse auf zur Unterstützung von Langzeitarbeitslosen und Familien oder zur Verbesserung der Situation in der Pflege. Nüchtern räumte die Kanzlerin jedoch ein, dass diese Beschlüsse bei den Bürgern nicht so richtig angekommen seien. „Aber das haben wir uns selbst zu zuschreiben.“Als Grund dafür nannte sie den heftigen Streit der Unionsparteien um die Flüchtlingspolitik.
BERLIN (afp) Mit einer durchwachsenen Bilanz und klaren Worten nach dem Asylstreit hat sich Kanzlerin Merkel bei ihrer Pressekonferenz in die Sommerpause verabschiedet. Was die Groko danach alles vorhat, sagte sie auch. Die wichtigsten Themen:
Migration: Die Migrationsstreit ist derzeit befriedet, aber so ganz traut Merkel dem Koalitionsfrieden wohl nicht. Sie betont vor den Hauptstadtjournalisten abermals ihre Richtlinienkompetenz – macht aber auch deutlich, dass sie das Hauptaugenmerk auf künftige Vorhaben lenken will. Neben dem noch immer schwelenden Streit in der EU-Flüchtlingspolitik – der jüngste Gipfel in Brüssel lieferte nur in Teilbereichen Regelungen – verweist Merkel auf den Gesetzentwurf zur Einstufung der Maghreb-Staaten als sichere Herkunftsländer. Den hat das Bundeskabinett am Mittwoch beschlossen. Doch ob er die erforderliche Mehrheit bekommt, hängt von den Grünen ab, deren Unterstützung im Bundesrat benötigt wird. Als „zentrales Projekt“bezeichnet Merkel das geplante Einwanderungsgesetz für Fachkräfte. Deutschland habe auch in einfachen Berufen einen „großen Mangel“. Union und SPD hatten sich Anfang Juli darauf verständigt, das bereits im Koalitionsvertrag erwähnte Fachkräfte-Gesetz noch vor Jahresende ins Kabinett zu bringen.
Arbeitsmarkt: Sie wolle dafür sorgen, dass der Wohlstand „möglichst bei allen ankommt“, verspricht die Kanzlerin. Beispielhaft nennt sie den vom Kabinett beschlossenen Gesetzentwurf zur Eindämmung der Langzeitarbeitslosigkeit, etwa durch Lohnkostenzuschüsse. Dies ist nicht das einzige Arbeitsmarktgesetz, das die große Koalition vorweisen kann. Denn beschlossen hat die Regierung auch das Recht auf befristete Teilzeit, das insbesondere Frauen die Rückkehr in einen Vollzeit-Job erleichtern soll, und die Rückkehr zur Beitragsparität in der gesetzlichen Krankenversicherung.
Pflege: Eine große Herausforderung der Regierung. Die Kanzlerin verweist auf die von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) angekündigte Erhöhung des Pflegebeitrages um 0,3 Prozentpunkte, mit der die ausgeweiteten Leistungen für Pflegebedürftige finanziert werden sollen. Und Merkel weiß nicht erst seit ihrem Besuch in einem Pflegeheim in dieser Woche, wie es um die Arbeitsbedingungen in Heimen und Kliniken steht. Die Pflegekräfte sind schlecht bezahlt und haben mit einer immensen Arbeitsbelastung zu kämpfen. Die Bedingungen für den Beruf müssten verbessert werden, sagt die Kanzlerin. Das bedeutet auch eine bessere Bezahlung, für die sich die Groko einsetzen will – ebenso für die Schaffung zusätzlicher Stellen.
Künstliche Intelligenz: Als nötige „Weichenstellung“für die Zukunft bezeichnet Merkel in Zeiten der allgegenwärtigen Digitalisierung das Vorhaben der Bundesregierung, in Sachen Künstliche Intelligenz besser zu werden. Hier sieht sie „Nachholbedarf“und verweist auf ein in dieser Woche beschlossenes Maßnahmenbündel. Ein Konzept soll bis zu einem „Digitalkabinett“im November fertig sein.