Großer EM-Test für deutschen Leichtathleten
Dem Diskus-Star droht ein trauriges Karriere-Ende. Es sei denn, er überzeugt am Wochenende in Nürnberg.
Die besten deutschen Leichtathleten testen am Wochenende ihre Form für die EM bei den Deutschen Meisterschaften. Mit dabei sind auch elf saarländische Starter.
(dpa) Für die meisten Top-Leichtathleten sind die 118. deutschen Meisterschaften in Nürnberg nur ein letzter Härtetest und die Generalprobe für die HeimEM in Berlin. Schließlich sind schon 80 Athleten für die europäischen Titelkämpfe nominiert. Weitere 30 bis 40 Asse und Talente sollen dazukommen, um das größte Aufgebot seit 2000 an den Start zu schicken. Ausgerechnet einer der größten deutschen Sportler muss am Ende seiner Karriere um die letzte EM-Teilnahme zittern: Robert Harting.
Der 33 Jahre alte Diskus-Olympiasieger aus Berlin muss wohl schon den elften Meistertitel holen, um bei der EM ein letztes Mal in den Ring steigen zu können. Bisher liegt er in der Bestenliste mit 65,13 Meter nur auf Platz fünf. Um ein EM-Ticket zu holen, müsste er zumindest den Olympia-Dritten von Rio, Daniel Jasinski (66,59 Meter), noch vom dritten Rang verdrängen oder siegen, da der deutsche Meister unabhängig von der Weite automatisch nominiert wird.
„Ich zweifle überhaupt nicht daran, dass ich mich qualifiziere. Das ist in meinem Kopf einfach kein Szenario“, meinte Harting, der sich dafür eine schmerzende Sehne im rechten Knie „totspritzen“ließ. „Robert Harting ist Robert Harting – mit viel Erfahrung und Motivation“, sagte Idriss Gonschinska, Cheftrainer des Deutschen Leichtathletik-Verbandes. Auch DLV-Präsident Jürgen Kessing wünscht sich, dass er es schafft: „Ich drücke ihm die Daumen, dass er bei der EM dabei ist.“
Im Berliner Olympiastadion begann 2009 mit dem ersten WM-Titel die Harting-Saga. Und dort soll sie bei der EM auch auf der großen Bühne enden. Doch seit seinem Kreuzbandriss im September 2014 plagt sich der einst Unbesiegbare immer wieder mit Verletzungen herum. Erst im Frühjahr war Harting die Quadrizepssehne im rechten Knie gerissen – Training war und ist nur eingeschränkt möglich. „An die Beeinträchtigungen durch Schmerzen habe ich mich gewöhnt“, sagte er.
So spannend wie im Diskuswurf wird es in anderen Disziplinen nicht zugehen, wobei im Speerwurf immerhin Weltmeister Johannes Vetter mit einer „adäquaten Leistungsdarstellung“nachweisen muss, was er nach Verletzungssorgen draufhat – obwohl er mit 92,70 Metern die Nummer eins auf der Welt ist vor seinen deutschen Rivalen Andreas Hofmann (92,06) und Thomas Röhler (91,78). „Ich bin guter Dinge, dass Johannes eine gute Leistung abliefert“, sagte Bundestrainer Boris Obergföll über seinen Schützling, der zuletzt mehrere Auftritte absagen musste. Eine konkrete Weitenvorgabe gibt es für Vetter bei seiner Formüberprüfung allerdings nicht. „So weit, wie es geht“, sagt Obergföll.
Allerdings müssen auch die schon nominierten Athleten zeigen, was sie kurz vor der Heim-EM zu leisten vermögen. „Ich glaube, dass man 14 Tage vor einem internationalen Event die Form haben muss“, sagte Gonschinska. Steigerungen seien danach „mehr auf mentaler Ebene“und weniger durch „klassisches Aufbautraining“zu erreichen. Auch der Verbandschef erwartet im Max-Morlock-Stadion gute Leistungen. „Man muss schon zeigen, was man draufhat und ein gewisses Level haben“, sagte Kessing: „Nürnberg ist in der Tat die Generalprobe für die EM.“
Sie soll aber auch Talenten des DLV wie Claudine Vita (Diskus), Konstanze Klosterhalfen (5000 Meter) oder Bo Kanda Lita Baehre (Stabhoch) die Chance bieten, sich fit für die Zukunft zu machen. „Für junge Athleten macht es Sinn, dass sie früh internationale Luft schnuppern“, meinte Kessing. „2019 gibt es schon die WM in Doha und 2020 die Olympischen Spiele in Tokio.“
„Ich zweifle überhaupt nicht daran, dass ich mich qualifiziere.“Diskuswerfer Robert Harting über die Heim-EM in Berlin