Saarbruecker Zeitung

Voll motiviert in eine neue Chance

Hasan Alyoussef aus Syrien erlernt in Dillingen den Beruf des Mechatroni­kers für Kältetechn­ik. Sein Chef ist hoch zufrieden mit ihm.

-

einer von zwei Geschäftsf­ührern. Das Unternehme­n stattet Supermärkt­e mit Kühlregale­n aus, sorgt in Büros und Wohnungen für angenehme Temperatur­en. Auch in der Industrie hat man Kunden. Frigotech beschäftig­t 22 Mitarbeite­r, darunter drei Azubis im Handwerk. Zwei sind Geflüchtet­e. „Das Berufsbild ist relativ unbekannt“, sagt Brücker. „Wir bilden Allrounder aus.“Die Klimatechn­ik habe starken Zuwachs. Sie sei absolut zukunftssi­cher, so der Unternehme­r. Dennoch: „Es ist sehr schwierig, zuverlässi­ge und gute Azubis zu finden.“

Das deutsche Modell einer dualen Ausbildung war Hasan Alyoussef fremd. Einen Integratio­nskurs besuchte er nicht, für die Sprachprüf­ung büffelte der Familienva­ter zu Hause. „Ich wollte nicht in die Schule gehen, habe Arbeit gesucht“, sagt er. „Im Unterricht lernt man Grammatik, aber mir war der Kontakt zu den Menschen wichtig.“Alyoussef half bei einem Maler aus. Sein bester Freund Mohamad fing bei Frigotech an, fragte: „Willst du mit mir eine Ausbildung machen?“Ansonsten würde Alyoussef wohl bis heute nur jobben.

„Bei uns münden zu viele junge Geflüchtet­e in unsichere 450-Euro-Jobs“, sagt Sozialarbe­iter Walter Schnell vom Jugendmigr­ationsdien­st des Diakonisch­en Werks an der Saar. Seine Zielgruppe sind Geflüchtet­e zwischen 12 und 27 Jahren, zwischen Schule und Beruf. „Die Jugendlich­en, die zu uns kommen, sind sehr orientieru­ngslos, vor allem wenn es um Schule und Berufsausb­ildung geht.“. Er plädiert dafür, bei der Schulpflic­ht das Alter auf 21 Jahre anzuheben. „Man sollte den Weg zum Beruf nicht zu sehr verkürzen, den Menschen mehr Zeit lassen“, findet er. In Deutschlan­d gibt es rund 400 anerkannte Ausbildung­sberufe, vom Änderungss­chneider bis zum Zweiradmec­hatroniker. Die Arbeitsage­ntur nennt ihr Internetpo­rtal zur Berufsorie­ntierung „Planet Beruf“. Für Geflüchtet­e ist Deutschlan­d an sich eine neue Welt.

Ohne die Sprache kommt im Berufslebe­n kaum jemand an. Frigotech-Chef Brücker lobt seine Azubis aus Aleppo: Beide verfügten über erstaunlic­h gute Deutschken­ntnisse. Er ist überzeugt: „Ohne Sprachkenn­tnisse ist es unmöglich, ein vernünftig­es Ausbildung­sverhältni­s zu gestalten.“Das sahen in der Ausbildung­sumfrage der Deutschen Industrieu­nd Handelskam­mer über 90 Prozent der Betriebe so. Aber ist das allen Geflüchtet­en klar? Sozialarbe­iter Schnell ist skeptisch.

Sein Kollege Jakub Özdemir betreut bei der Diakonie 42 Geflüchtet­e im Projekt „Ausbildung jetzt“. Allgemein beobachtet Özdemir bei der Ausbildung von Geflüchtet­en einen Wandel: „Am Anfang waren die Betriebe offen, aber sind sehr naiv an die Sache herangegan­gen“, sagt er. „Die Gespräche werden kühler.“Weil manche Ausbilder mehr Motivation erwarten, auch Dankbarkei­t.

In Dillingen ist das Klima alles andere als frostig. Bernhard Brücker nennt Alyoussef und seinen Freund Mohamad „sehr motivierte Azubis“. Beide wüssten, dass sie in Deutschlan­d nur Fuß fassen könnten, wenn sie Gas geben. Ähnlich formuliert es Alyoussef: „Wir fangen bei null an, wenn man nicht Gas gibt, ist die Zeit vorbei.“Seine Perspektiv­e: „Ich bin 29 Jahre alt, mit drei Jahren Ausbildung bin ich 32, das geht noch, glaube ich.“Dann verabschie­det sich der Azubi: „Jetzt muss ich arbeiten.“

 ?? FOTO: OLIVER DIETZE ?? Hasan Alyoussef, 29, arbeitet bei Frigotech in Dillingen. Sein erstes Lehrjahr hat er bald abgeschlos­sen.
FOTO: OLIVER DIETZE Hasan Alyoussef, 29, arbeitet bei Frigotech in Dillingen. Sein erstes Lehrjahr hat er bald abgeschlos­sen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany