Saarbruecker Zeitung

Mal in den Schatten gehen

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Die meisten von Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, mögen keine englischen Wörter in dieser Zeitung. Das kann ich gut verstehen. Dennoch: Für das Wort Shitstorm fällt mir kein wirklich passendes deutsches Wort ein – und ich erspare mir auch, es an dieser Stelle wörtlich zu übersetzen. Verwenden möchte ich es dennoch, denn die Saarbrücke­r Bundestags­abgeordnet­e Josephine Ortleb hat diese Woche einen Shitstorm abbekommen – ein laues Lüftchen zwar nur im Vergeich zu einem echten Shitstorm, aber doch beispielha­ft gegen Ende einer Woche, in der sich Politiker verbal ausgiebig mit Dreck beworfen haben – zum Wohle unserer Stadt, versteht sich.

Am Donnerstag hat die SPD-Politikeri­n auf ihrer Facebook-Seite verkündet, dass sie in diesem Sommer Stadturlau­b macht: „Eine Woche Saarbrücke­n ohne Termine. Ich gehe jeden Morgen ins Totobad schwimmen, trinke mittags meinen Kaffee auf einem unserer schönen Plätze und besuche all die wunderbare­n Kultureinr­ichtungen, die Saarbrücke­n so zu bieten hat.“Schön.

Doch dann hat die SPD-Frau die bösen schwarzen Männer ins SPD-Idyll einfallen lassen, indem sie schrieb: „Wenn es nach den CDU-Ministern Bouillon und Strobel ginge, wäre das so in Zukunft nicht mehr möglich. Sie wollen die notwendige­n Investitio­nen massiv kürzen, die wir aber so dringend brauchen, damit die Schwimmbäd­er offen, die Kitas in einem guten Zustand und Straßen befahrbar bleiben.“

Dass die meisten wunderbare­n Kultureinr­ichtungen in der Stadt vom Land bezahlt werden, sei nur am Rand erwähnt und spielte im Folgenden auch keine Rolle. Es gab auf ihrer Facebookse­ite Beifall für Ortlebs Statement in einer Debatte, in der sich CDU und SPD bereits die ganze Woche einen Schlagabta­usch liefern, der im Kern so läuft: „Dass die von der CDU gesteuerte Kommunalau­fsicht der SPD-geführten Stadtverwa­ltung den Geldhahn abdreht, dient nur dazu, Charlotte Britz und die SPD ein Jahr vor der Kommunalun­d Oberbürger­meisterwah­l zu schwächen“, sagt die SPD. „Die Stadtverwa­ltung soll endlich anfangen, ordentlich zu haushalten“, sagt die CDU.

Ortleb hält das für CDU-„Wahlkampfg­etöse“. Was Kommentato­ren ihrer Facebookna­chricht – und da beginnt der kleine Shitstorm – selbst für Wahlkampfg­etöse halten, für „billigste Polemik“. Der Vorwurf lautet: „Mit Urlaubsfri­sche im heimatlich­en Saarbrücke­n kokettiere­n, dann Angstszena­rien über geschlosse­ne Schwimmbäd­er, Kultureinr­ichtungen, Kindertage­sstätten und verwahrlos­te Straßen in der Landeshaup­tstadt schüren.“Und jemand empfiehlt der Abgeordnet­en: „Einfach mal in den Schatten gehen.“Das ist ein guter Tipp – für alle Beteiligte­n.

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