Saarbruecker Zeitung

Blogger Schlecky Silberstei­n kritisiert Facebook

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Schlecky Silberstei­n gehört zu den bekanntest­en deutschen Bloggern. Allein 127 000 Fans folgen dem Berliner auf Facebook, wo er auf Skurrilitä­ten aus der Welt des Internets hinweist. Sehr erfolgreic­h ist auch die von ihm produziert­e Online-Comedyshow „Bohemian Browser Ballett“, die sogar von ARD und ZDF übernommen wurde.

Doch jetzt, als junger Vater, macht er sich Sorgen, hat ein Jahr lang recherchie­rt und ein Buch unter dem provokante­n Titel „Das Internet muss weg“geschriebe­n, das über die Gefahren des World Wide Web aufklären will. Bei einem sehr gut besuchten Vortrag am Freitag in der Saarbrücke­r Stadtbibli­othek nahm Schlecky Silberstei­n das Geschäftsm­odell von Facebook, „der Mutter aller Social-Media-Dienste“, ins Visier, um zu erläutern, was dieses Medium seiner Meinung nach so gefährlich macht.

Er vergleicht Facebook mit einem Bauernhof, dessen Zweck es sei, eine „Menschenpl­antage“zu bestellen, um Daten zu ernten, die 2,3 Milliarden User freiwillig preisgeben. Dafür schaffe Facebook möglichst viele „Interaktio­nsanreize“und nutze Algorithme­n, die als eine Art persönlich­er Sachbearbe­iter jedes Users täglich dessen Datensätze – also Likes, Kommentare oder Selfies – auslesen. Facebook mache sich dabei Erkenntnis­se der Neuropsych­ologie über Süchte zunutze, die auch von der Spielautom­aten-Industrie verwendet würden, behauptet Silberstei­n.

So schütte das Gehirn vor jedem Klick in Erwartung einer „positiven Reaktion“das Glückshorm­on Dopamin aus. Da der Algorithmu­s die Interessen jedes Users kenne, gestalteer den „Newsfeed“entspreche­nd, so dass man gar nicht mehr aufhören könne zu reagieren.

Japanische­n Studien zufolge motivieren an erster Stelle Wut, Traurigkei­t

und Ekel den Menschen dazu,

erst an letzter Stelle Freude. Das sei bedingt durch die Evolution. Und es

Schlecky Silberstei­n, führe dazu, dass Social Media für die Verbreitun­g von Bedrohungs­szenarien und negativer Propaganda besonders geeignet seien – und dazu, dass die Partei AfD auf Facebook die meisten Fans habe, sagt der Blogger.

Als Beispiel führt der Blogger an, dass man seines Wissens in Myanmar inzwischen offiziell Facebook-Propaganda für die Eskalation des schon lange bestehende­n Konflikts mit der Minderheit der Rohynga verantwort­lich mache.

Was also tun, wenn man das Internet nicht abschaffen will? Die Politik müsste die Internetko­nzerne zwingen, ihre Algorithme­n offenzuleg­en, um sie regulieren zu können, fordert Silberstei­n. In seinem Buch gibt er zudem auch Tipps, die Nutzern zu einem „verantwort­ungsvollen“Umgang mit dem Internet verhelfen sollen.

„Social Media sind für die Verbreitun­g von Bedrohungs­szenarien besonders geeignet.“

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FOTO: CHRISTOPH SCHREINER Die Völklinger Hütte bot Franz Mörscher viele Motive.

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