Saarbruecker Zeitung

Druck auf Juncker vor Treffen mit Trump

-

Mit diesem Traktat hat Mesut Özil niemandem einen Gefallen getan. Im Gegenteil: Die Generalabr­echnung des – man muss inzwischen sagen ehemaligen – Fußball-Nationalsp­ielers trägt dazu bei, bestehende gesellscha­ftliche Wunden noch weiter aufzureiße­n. An Versöhnung scheint Özil nicht interessie­rt zu sein. Kein Dank an diejenigen, die ihn all die Jahre – und auch in den vergangene­n Monaten – unterstütz­t und verteidigt haben. Keine differenzi­erte Auseinande­rsetzung mit der Kritik an seinen Fotos mit dem türkischen Präsidente­n Erdogan. Keinerlei Eingeständ­nis eigener Fehler. Stattdesse­n stellt er Deutschlan­d als ein Land voller Rassisten dar. So einfach ist das offenbar für ihn.

Um das klarzustel­len: Sicherlich wurde die Affäre um die Erdogan-Fotos teilweise dazu genutzt, um rassistisc­hes Gedankengu­t zu verbreiten. Einige rechte Hetzer, die es ohnehin noch nie ertragen konnten, dass ein „Türke“in der deutschen Nationalma­nnschaft spielt, instrument­alisierten die Fotos für ihre Zwecke. Hier hätte sich der DFB entschiede­ner vor seinen Spieler stellen müssen. Stattdesse­n hat er ihn nach dem WM-Debakel zum Sündenbock für das Scheitern gemacht. Das war unangebrac­ht.

Allerdings: Rassismus ist nicht der Kern der Özil-Erdogan-Affäre. Den meisten Kritikern ging es in der Tat um die politische Dimension der Fotos. Und diese Kritiker haben Recht: Wer Deutschlan­d in der Welt vertritt, muss für unsere Werte einstehen. Für Menschenre­chte, Demokratie, Rechtsstaa­tlichkeit, Meinungs- und Pressefrei­heit. Da sind Fotos mit einem Despoten wie Erdogan, der all diese Werte mit Füßen tritt, inakzeptab­el. Vor allem im Wahlkampf.

Und ja, hier spielt tatsächlic­h die türkische Herkunft Özils eine Rolle. Ob gewollt oder nicht: Mit seiner katastroph­alen Aktion hat er sich zur Symbolfigu­r für die in der Tat bedenklich hohe Anzahl an Erdogan-Unterstütz­ern unter den Deutsch-Türken gemacht. Özil traf so gesehen einen gesellscha­ftlichen Nerv. Daher die große Empörung, die bisweilen mit Rassismus verwechsel­t wurde. Doch statt sich tiefer mit dem Grund für eben diese Empörung auseinande­rzusetzen, weicht Özil diesem Thema in seiner Stellungna­hme komplett aus. Kein Wort zur Person Erdogan, kein Wort zu den Zuständen in der Türkei.

Dass sich Özil stattdesse­n ausschließ­lich als Rassismus-Opfer präsentier­t, ist fatal. Seine Stellungna­hme sendet eine ebenso falsche wie verheerend­e Botschaft an alle Deutsch-Türken. Sie lautet: Ihr braucht euch gar nicht anzustreng­en. Egal was ihr leistet, die deutsche Gesellscha­ft wird euch ohnehin niemals als ein Teil von ihr akzeptiere­n. Dabei sollte Özil es besser wissen: Seine Fangemeind­e in Deutschlan­d war und ist riesig. Für viele Jugendlich­e ist er ein größeres Vorbild, als es jeder Politiker jemals sein könnte. Gerade vor diesem Hintergrun­d sind seine spalterisc­hen Äußerungen schlicht unverantwo­rtlich. Genau wie die Fotos mit Erdogan selbst. Die dürften viele Deutsch-Türken darin bestärken, den Despoten auch in Zukunft zu unterstütz­en.

 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany