Saarbruecker Zeitung

Amerikas Schulden werden zur Achillesfe­rse

Die Gläubiger Amerikas, die US-Wertpapier­e halten, haben die Hand am Zins-Hebel. Diese Abhängigke­it machen die USA verletzbar.

- Produktion dieser Seite: Lothar Warscheid Tobias Fuchs

(dpa) Steigende Zinsen gehören zu den Dingen, die Donald Trump ganz und gar nicht begeistern. „Die Zinsen jetzt anzuheben schadet allem, was wir erreicht haben“, twitterte der US-Präsident jüngst mit Blick auf die allmählich­e Abkehr der Notenbank Fed vom Krisenmodu­s in der Geldpoliti­k. Denn ein Dämpfer für die Wirtschaft durch teurere Kredite käme für Trump zur Unzeit; will er doch gerade die heilsame Wirkung seiner wirtschaft­lichen Abschottun­g beweisen. Und es gibt ein weiteres Problem: Die Finanzieru­ng der gigantisch­en US-Staatsschu­lden wird teurer.

Doch während Trump die Notenbanke­r attackiert, legen jüngste Daten nahe, dass nicht nur sie es waren, die den US-Zinsen zuletzt Auftrieb gaben. Stattdesse­n spielte ausgerechn­et das Land eine entscheide­nde Rolle, mit dessen Präsident Wladimir Putin Trump in Helsinki auf Kuschelkur­s ging. Aktuelle Zahlen zeigen, dass Russland zuletzt fast vollständi­g als Gläubiger der USA abgesprung­en ist. Allein im April und Mai ist der russische Bestand an US-Staatspapi­eren von über 96 Milliarden auf unter 15 Milliarden Dollar gefallen. Auf der offizielle­n US-Liste der Hauptgläub­iger, auf der auch Deutschlan­d steht, taucht Russland seit vergangene­r Woche nicht mehr auf.

Es gab für Moskau gleich mehrere Gründe, sich von US-Papieren zu trennen: Zum einen die Anfang April eingeführt­en neuen US-Sanktionen, die zu Verunsiche­rungen geführt haben. Aber auch das Ziel, durch den Verkauf von US-Papieren den Rubel, der unter dem Druck der Sanktionen stark an Wert verloren hatte, wieder zu stärken. Zudem setzt Russland ohnehin seit geraumer Zeit auf eine stärkere Streuung seiner Währungsre­serven und will sich von der Abhängigke­it vom Dollar lösen. Vor allem Gold horten die Russen immer mehr. Allein im April und Mai stieg der Bestand laut dem World Gold Council zusammen um über 37 auf inzwischen mehr als 1900 Tonnen.

Einige Experten bewerten das Vorgehen Russlands aber auch als gezielte Attacke auf eine Achillesfe­rse der USA. Denn obwohl die US-Wirtschaft brummt und die Arbeitslos­igkeit mit vier Prozent sehr niedrig ist, entlastet Trump mit seiner Steuerrefo­rm

US-Präsident Donald Trump in einer

Twitterbot­schaft

die Wirtschaft auf Kosten des Staatssäck­els und setzt auf hohe Ausgaben. Laut dem Internatio­nalen Währungsfo­nds (IWF) wird das US-Haushaltsd­efizit in den kommenden Jahren über einer Billion Dollar liegen.

Das erhöht die Abhängigke­it der USA von ihren Gläubigern. Wie hoch die ist, hatte sich während des russischen Abverkaufs der US-Papiere gezeigt: Seit Anfang April stiegen die Zinsen auf US-Anleihen kräftig. Bei zehnjährig­er Laufzeit kletterte die Rendite von 2,7 Prozent erstmals seit 2014 über drei Prozent. Denn die Russen erhöhten das Angebot und wenn den Anlegern Papiere hinterher geworfen werden, verlangen sie höhere Zinsen auf ihr Geld.

Allerdings ist Russland ein vergleichs­weise kleiner Geldgeber der USA. Ungleich härter dürfte es Washington treffen, wenn etwa China als größter Gläubiger den Geldhahn zudrehen würde. Wie heikel die Lage ist, hatte sich bereits im Januar gezeigt, als bloße Gerüchte, Peking könnte die Käufe von US-Anleihen stoppen, die US-Zinsen ruckartig steigen ließen. Hier geht es um ganz andere Summen als im Falle Russlands: Ausgerechn­et bei Trumps Lieblingsf­eind China stehen die USA mit über 1,1 Billionen Dollar in der Kreide.

Und inzwischen droht Trump mit Strafzölle­n auf derart hohe Importvolu­mina aus China, dass das Reich der Mitte aufgrund der vergleichs­weise geringen Einfuhren aus den USA nicht mehr mit gleicher Münze zurückzahl­en könnte. US-Firmen in China fürchten daher bereits Gängelunge­n durch die Behörden bis hin zu Boykottauf­rufen. Ein Verkauf von US-Anleihen wäre ein weiterer möglicher Weg, den USA zu schaden.

Ganz so einfach wäre es mit dem Verkauf der US-Papiere für Peking aber nicht. Denn schon ein anteiliger Abbau dürfte stark auf die Kurse der Anleihen drücken, und da auch andere Gläubiger davon betroffen wären, droht eine Abwärtsspi­rale. Dadurch wiederum würde der Wert der verbleiben­den US-Papiere in Pekings Händen schwinden – man hätte sich selbst geschadet.

Anderersei­ts steht Peking aber zurzeit wegen eines starken Wertverfal­ls der Landeswähr­ung Yuan unter Druck. Während Trump neben der EU auch Peking vorwirft, die eigene Währung künstlich zu schwächen, versichert Chinas Notenbank, einen allzu starken Wertverfal­l unbedingt verhindern zu wollen. Denn mit starken Kursverlus­ten beim Yuan hat Peking bereits 2015 und 2016 schlechte Erfahrunge­n gemacht. Damals kam es zu heftigen Börsenturb­ulenzen. Um das zu verhindern, könnte China eingreifen und den Yuan stützen – ein üblicher Weg dafür wäre ausgerechn­et der Abverkauf von US-Papieren.

„Die Zinsen jetzt anzuheben schadet allem, was wir erreicht haben.“

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FOTO: MARK/EPA/DPA Die chinesisch­e Währung Yuan und der US-Dollar. Das Verhältnis der beiden Wirtschaft­smächte ist derzeit nicht frei von Spannungen. Zugleich zählt China zu größten Gläubigern der Vereinigte­n Staaten.

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