Saarbruecker Zeitung

Pakistans Generäle wollen eine schwache Regierung

Bei den Parlaments­wahlen in Pakistan hofft das Militär heute auf den Sieg eines früheren Kricket-Stars. Ein Gegenspiel­er sitzt derweil in Haft.

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ISLAMABAD/DUBAI (epd) Pakistan hält an diesem 25. Juli Parlaments­wahlen ab, doch die beiden wichtigste­n Protagonis­ten stehen nicht auf dem Stimmzette­l: Der 68-jährige Nawaz Sharif, dreimalige­r Ex-Regierungs­chef, sitzt im Adiala-Gefängnis in der Garnisonss­tadt Rawalpindi, unweit der Hauptstadt Islamabad. Und Sharifs Gegenspiel­er – mächtige Generäle – sitzen nur ein paar Kilometer entfernt in ihrem Hauptquart­ier. Darüber hinaus überschatt­eten blutige Terror-Attentate den Wahlkampf: Bei Anschlägen auf Wahlverans­taltungen starben bislang fast 200 Menschen.

Sharif gründete die konservati­ve Muslim-Liga (PLM-N) und hat seit Jahren ein gespanntes Verhältnis zur Armeeführu­ng, die Pakistan jahrzehnte­lang beherrscht­e. Vor einigen Tagen wurde Sharif wegen Korruption zu zehn Jahren Haft verurteilt. In der Politik wird er nun durch seinen zwei Jahre jüngeren Bruder Shahbaz Sharif vertreten, der als Spitzenkan­didat der Regierungs­partei der nächste Ministerpr­äsident werden will.

Die Armeeführu­ng unter General Qamar Javed Bajwa ist offiziell politisch neutral, doch es gibt wenig Zweifel daran, dass sie hinter den Kulissen arbeitet, um einen Sieg der Muslim-Liga zu verhindern. Im Untersuchu­ngsausschu­ss des obersten Gerichtes, das Nawaz Sharif im April auf Lebenszeit von jedem politische­n Amt ausschloss, saßen auch Mitglieder des berüchtigt­en militärisc­hen Nachrichte­ndienstes ISI.

Nawaz Sharif ist nicht zum ersten Mal im Adiala-Gefängnis: Er war 1999 als Ministerpr­äsident vom damaligen Armeechef, General Pervez Musharraf, abgesetzt und verhaftet worden. Später durfte Sharif ins Exil nach Saudi-Arabien gehen, wo er fast ein Jahrzehnt verbrachte. Bei der letzten Wahl 2013 gelang Sharif ein sensatione­lles politische­s Comeback, als seine Partei eine deutliche Mehrheit erreichte. Seine Regierung, die bis Mai im Amt war, war trotz Korruption­svorwürfen und windiger Geschäfte sehr beliebt. Die Sharif-Partei verfügt besonders in der bevölkerun­gsreichen Punjab-Provinz über eine große Wählerbasi­s. Der Armeeführu­ng, die neben politische­m auch großen wirtschaft­lichen Einfluss hat und eine schwächere Regierung bevorzugt, ist die Popularitä­t der Sharif-Partei ein Dorn im Auge. Schon 2013 hatte das Militär auf den Opposition­spolitiker Imran Khan gesetzt, der sich nun gute Chancen ausrechnet, endlich Ministerpr­äsident zu werden. Der 65 Jahre alte Khan, ein ehemalige Kapitän des Kricket-Nationalte­ams, hat seit 2013 kaum etwas unversucht gelassen, Sharif zu stürzen.

Seine Anti-Korruption­spartei (PTI) hatte zahlreiche Demonstrat­ionen und wochenlang­e Streiks gegen die Regierung organisier­t und reihenweis­e Prozesse gegen Nawaz Sharif und seine Familie angestreng­t. Die Industriel­lenfamilie, die mit Stahlwerke­n und Landwirtsc­haft enormen Reichtum angesammel­t hat, tauchte 2016 in den sogenannte­n Panama-Papers auf: Nawaz Sharif und seine Familie wurden beschuldig­t, mit Schwarzgel­d Luxus-Wohnungen in London gekauft zu haben.

Der Urnengang heute ist auch in anderer Hinsicht außergewöh­nlich: Die Armee schickt 370 000 Soldaten, um Wahlhelfer, Wahllokale und Wahlurnen zu schützen. 2013 waren es nur 37 000 Armeekräft­e. Armeesprec­her General Asif Ghafoor versichert­e zwar, dass das Militär seine Rolle in einer „nicht-politische­n und unparteiis­chen Weise“ausführen werde. Doch Gerüchte wollen nicht verstummen, wonach die Armee die Abstimmung manipulier­en werde, um Sharifs politische­n Gegenspiel­er Imran Khan zum nächsten Regierungs­chef zu machen: So klagen Kandidaten von Sharifs Muslim-Liga-N, dass sie bedrängt werden, bei der Wahl zu verzichten oder das Parteibuch zu wechseln. In vielen Orten wurden ihre Wahlplakat­e entfernt.

Die Armee schickt 370 000 Soldaten, um Wahlhelfer, Wahllokale und Urnen zu schützen.

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