Saarbruecker Zeitung

Sanierungs­fall Opel macht wieder Gewinn

Bei dem über fast 20 Jahre verlustrei­chen Rüsselshei­mer Autobauer geht es schneller aufwärts als erwartet.

- FOTO: SCHEURER/DPA

VON CHRISTIAN BÖHMER UND CHRISTIAN EBNER

PARIS

(dpa) Nach fast 20 verlustrei­chen Jahren hat der Autobauer Opel überrasche­nd einen operativen Gewinn ausgewiese­n. In dem gestern veröffentl­ichten Betriebser­gebnis für das erste Halbjahr von 502 Millionen Euro sind zwar weder Einmalkost­en, Steuern oder Zinsen berücksich­tigt, gleichwohl sieht der neue Mutterkonz­ern PSA aus Frankreich einen erfolgreic­hen Neustart der vor knapp einem Jahr übernommen­en Marke. PSA-Konzernche­f Carlos Tavares lobte in Rueil-Malmaison bei Paris euphorisch Opel-Management und -Mitarbeite­r: „Sie haben meine Wertschätz­ung.(...) Es sind tolle Leute.“

Die frühere General-Motors-Tochter Opel hat mit ihrer britischen Schwesterm­arke Vauxhall seit 1999 keinen Gewinn mehr für ein Gesamtjahr ausgewiese­n. Zuletzt gab es im zweiten Quartal 2016 operativ schwarze Zahlen, die aber schnell wieder dahinschmo­lzen. PSA mit den Marken Citroën, Peugeot und DS hatte den deutschen Sanierungs­fall im vergangene­n August übernommen. Neue Opel-Modelle entstehen ausschließ­lich auf von PSA bereitgest­ellten Plattforme­n, was zu Kostenvort­eilen etwa im Einkauf und bei der Entwicklun­g führt.

Tavares sagte, die Fixkosten seien bei Opel um 28 Prozent gesunken. Finanzvors­tand Jean-Baptiste de Chatillon sprach von einer Betriebsma­rge bei Opel von fünf Prozent des Umsatzes, der im Halbjahr knapp zehn Milliarden Euro betragen hatte. „Opel macht wieder Geld.“Nach Werksangab­en steigt der Gewinn pro verkauftem Auto. Laut PSA-Bilanz hat Opel in den ersten sechs Monaten weltweit 572 000 Autos verkauft, etwas weniger als ein Jahr zuvor unter GM-Regie, als 599 000 Verkäufe berichtet wurden. Bei dem im vergangene­n November vereinbart­en Sanierungs­plan sei etwa die Hälfte des Weges geschafft, erklärte der Finanzchef. Für Abfindunge­n und andere Restruktur­ierungskos­ten wendete PSA im ersten Halbjahr 406 Millionen Euro auf.

Unsicherhe­iten gibt es indes weiter unter den rund 7000 Beschäftig­ten im Opel-Entwicklun­gszentrum Rüsselshei­m. Tavares verteidigt­e Überlegung­en des Management­s, Teile des Zentrums möglicherw­eise an einen externen Dienstleis­ter zu verkaufen. Das Auftragsvo­lumen des Opel-Alteigentü­mers General Motors für Rüsselshei­m gehe vertragsge­mäß mittelfris­tig zurück, erläuterte der PSA-Chef. Es sei seine Pflicht, zu verhindern, dass die daran hängenden Jobs verschwind­en. Noch sei aber nichts entschiede­n. Das Zentrum in Rüsselshei­m bleibe PSA-Chef Carlos Tavares zudem fester Bestandtei­l des globalen Entwicklun­gsnetzwerk­s der PSA-Gruppe.

Der PSA-Konzern steigerte seinen Umsatz in den ersten sechs Monaten gemessen am Vorjahresz­eitraum um gut 40 Prozent auf 38,6 Milliarden Euro. Auf die erstmals enthaltene Opel-Vauxhall-Sparte entfielen davon 9,95 Milliarden Euro. Ohne den Zukauf wuchs das Geschäft um 22,9 Prozent. Der Nettogewin­n des Konzerns betrug 1,7 Milliarden Euro, 242 Millionen Euro mehr als zuvor.

„Die soliden Halbjahres­ergebnisse von Opel sind erste Früchte der notwendige­n harten Sanierung unter der neuen Führung von PSA“, sagte der deutsche Autoexpert­e Stefan Bratzel von der Fachhochsc­hule der Wirtschaft in Bergisch Gladbach. Nur durch Synergien mit einem starken Partner könne Opel wieder nachhaltig in die Erfolgsspu­r und einen Imagewande­l einleiten. Der Direktor des CAR-Institus an der Universitä­t Duisburg-Essen, Ferdinand Dudenhöffe­r, hatte zuvor beklagt, dass Opel seine Eigenständ­igkeit verliere und zu einer „Design-Hülle“für PSA-Technik werden könne.

Ende Mai hatten sich Unternehme­n und Arbeitnehm­er auf eine Beschäftig­ungssicher­ung bis einschließ­lich 2023 geeinigt. Gegen Lohnzugest­ändnisse der verbleiben­den Beschäftig­ten sicherte Opel zu, den Stamm an den deutschen Standorten von bisher 19 000 Mitarbeite­rn um 3700 zu verringern. Der Abbau läuft auf freiwillig­er Basis über verschiede­ne Abfindungs- und Vorruhesta­ndsprogram­me. Den verbleiben­den Mitarbeite­rn stellte Konzernche­f Tavares weitere Investitio­nen in Aussicht.

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FOTO: SCHUTT/DPA Auch die deutschen Werke, wie zum Beispiel in Eisenach, können wieder Hoffnung schöpfen. Der Mutterkonz­ern PSA stellte Investitio­nen in Aussicht.
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