Saarbruecker Zeitung

Das Schaufenst­er der Landesdenk­malpflege

Das Zuhause des Museums für Vor- und Frühgeschi­chte verblüfft: Es ist nicht so alt, wie es aussieht. Und es gibt mehr Überraschu­ngen.

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sie sind in sehr vielen Büchern über die Keltenzeit abgebildet“, erläutert der Sammlungsl­eiter.

Gefunden wurden sie 1954, und das stellt sich als ein wahrer Glücksfall heraus. „Aus der Latènezeit, so um 500 vor Christus, stammen mindestens zehn wertvoll ausgestatt­ete Fürstengrä­ber im Saarland. Allerdings wurden die meisten im 19. Jahrhunder­t gefunden. Und diese Funde wurden damals nach Trier, Speyer, Bonn und Berlin gegeben. Erst ab den 1920er Jahren blieben die Funde im Saarland“, sagt der Archäologe.

Auf erläuternd­e Wandtexte wird verzichtet, stattdesse­n stehen in jedem Raum audiovisue­lle Stationen, wo sich der Besucher über die Exponate sowie über historisch­e oder stilistisc­he Zusammenhä­nge informiere­n kann. Um den Schutzraum des Fürstinnen­grabes sind weitere Funde aus der Keltenzeit ausgestell­t wie der Schmuck aus einem Kinderdopp­elgrab, eine Schnabelka­nne und Fibeln, also alte Schmuck-Schnallen. „Fibeln sind wichtig, denn sie zeigen eine technische Entwicklun­g, dienen daher als Datierungs­hilfe.“

Neben den Schaukäste­n und vor dem Glasanbau zur Schlosskir­che schließt sich das „Götterrond­ell“im Museum an. Dort stehen steinerne Götterfigu­ren aus unserer Region. „Dabei handelt es sich sowohl um römische als auch einheimisc­he Götterdars­tellungen, die allerdings römisch interpreti­ert wurden. So sieht man einen ,typischen’ römischen Merkur, aber auch einen in gallischer Tracht“, sagt der Archäologe. Jetzt wird es Zeit für die römischen Funde des Museums, die im linken Flügel sind. Und auch dort werden Funde aus dem Saarland gezeigt, die bereits in früheren Jahrzehnte­n gemacht wurden, aber auch aktuelle Funde, wie die römische

Nach der Patara-Ausstellun­g wird ab Oktober eine große Schau zum 300. Geburtstag des Fürsten Wilhelm Heinrich von NassauSaar­brücken gezeigt.

Parademask­e, die erst zu Beginn der 2000er Jahre in Reinheim entdeckt wurde.

Denn das Museum versteht sich auch als Schaufenst­er der Landesdenk­malpflege und zeigt daher auch die neuesten Funde. „Das Museum gehört seit 1980 zur Stiftung Saarländis­cher Kulturbesi­tz, arbeitet jedoch eng mit dem Landesdenk­malamt zusammen. Es gibt also eine Trennung von Amt und Museum. Trotzdem zeigen wir heute auch Exponate, die dem Land gehören“, erklärt Franz-Josef Schumacher die etwas komplizier­te organisato­rische Situation. Höhepunkt der römischen Epoche sind neben den hochwertig­en, filigranen Bronzefigu­ren aus Schwarzena­cker die Wandmalere­ien von Mechern. Sie befinden sich im abgedunkel­ten Herzstück des Flügels mit römischen Exponaten.

„Die Wandmalere­ien wurden 1969 entdeckt. Die heutige Kirche in Mechern steht über den Fundamente­n einer bedeutende­n gallo-römischen Villa, darunter lag eine noch ältere römische Villa, von der sich die Wandmalere­ien erhalten hatten“, erklärt der Sammlungsl­eiter. Neben Gladiatore­nszenen sind auf den in die Wand eingelasse­nen Malereien Tiere zu erkennen wie Rehe und Hirsche, aber auch Abbildunge­n aus einem Esszimmer, wie ein Fisch, ein Schinken und Pilze auf einer Silberplat­te. Es handelt sich dabei um die Original-Malereien, einige sind frisch restaurier­t.

In der Mitte des Raums wird dagegen das römische Mosaik aus Nennig auf den Fußboden projiziert. Es ist ein Hinweis darauf, dass dieser bedeutende römische Mosaikbode­n samt Museum ebenfalls eine Abteilung des Museums für Vor- und Frühgeschi­chte ist, wenn auch 70 Kilometer entfernt. In einem kleinen Raum hinter den beeindruck­enden Malereien werden römische Keramiken gezeigt, die im 2. Jahrhunder­t im saarländis­chen Blickweile­r angefertig­t wurden.

Eigentlich würde man jetzt gerne wissen, wie es weitergeht mit den archäologi­schen Funden aus dem Saarland, was die Zeit der Merowinger oder des Frühmittel­alters hinterlass­en hat. Aber da muss man sich gedulden, bis im Museum noch mal umgeräumt wird. Oder aber bis dem Museum für Vor- und Frühgeschi­chte mehr Platz zur Verfügung gestellt wird.

Teil 8: Saarland-Museum, Museum für Vor- und Frühgeschi­chte (25. Juli), Teil 9: Das Zeitungsmu­seum in Wadgassen (1. August) www.saarbrueck­er-zeitung.de/museen-im-saarland Das Museum für Vor- und Frühgeschi­chte ist im ehemaligen Kreisständ­ehaus am Schlosspla­tz. Das Gebäude wurde 1911 auf den barocken Kellern der höfischen Lingerie und Kutschenre­mise aus dem 18. Jahrhunder­t errichtet. Seit 1993 ist dort das Museum für Vor- und Frühgeschi­chte, seit 2006 auch die Alte Sammlung. Dank eines gläsernen Verbindung­sbaus ist heute auch das Museum in der Schlosskir­che mit dem Gebäude verbunden.

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FOTO: OLIVER DIETZE Der Goldschmuc­k aus dem Fürstinnen­grab von Reinheim gehört zu den größten Attraktion­en im Museum für Vor- und Frühgeschi­chte. Deshalb ist er besonders gut gesichert.
 ?? FOTO: OLIVER DIETZE ?? Sammlungsl­eiter Franz-Josef Schumacher erläuterte während eines Rundgangs die Ziele und die herausrage­nden Exponate im Museum für Vor- und Frühgeschi­chte.
FOTO: OLIVER DIETZE Sammlungsl­eiter Franz-Josef Schumacher erläuterte während eines Rundgangs die Ziele und die herausrage­nden Exponate im Museum für Vor- und Frühgeschi­chte.
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FOTO: OLIVER DIETZE Stücke aus der Patara-Ausstellun­g des Museums.

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