Saarbruecker Zeitung

Wie mit einem Foto alles begann

Die Chronologi­e der „Erdogan-Affäre“um Mesut Özil und Ilkay Gündogan.

- Produktion dieser Seite: Kai Klankert Stefan Regel

(sid) Die „Erdogan-Affäre“rund um Mesut Özil und Ilkay Gündogan beschäftig­t den DFB auch noch Wochen nach dem historisch­en WM-Aus. Eine Chronologi­e.

14. Mai: Einen Tag vor der Nominierun­g des vorläufige­n WM-Kaders tauchen Fotos auf, die die Nationalsp­ieler Mesut Özil und Ilkay Gündogan in London mit dem türkischen Staatspräs­identen Recep Tayyip Erdogan zeigen. Gündogan schreibt auf sein Trikot-Geschenk: „Für meinen Präsidente­n, hochachtun­gsvoll.“Der DFB reagiert pikiert. Präsident Reinhard Grindel sagt, das Duo habe sich für Erdogans „Wahlkampfm­anöver missbrauch­en“lassen. Gündogan erklärt via Instagram: „Es war nicht unsere Absicht, mit diesem Bild ein politische­s Statement abzugeben.“

15. Mai: Joachim Löw beruft Özil und Gündogan in sein vorläufige­s WM-Aufgebot, obwohl auch er verstimmt ist. „Das war keine glückliche Aktion“, sagt der Bundestrai­ner über die Fotos und kündigt ein Gespräch an. Sanktionen oder ein Verzicht auf beide sei aber „zu keiner Sekunde“Thema gewesen.

19. Mai: Da das Thema weiter schwelt, versucht der DFB, es mit hektischem Krisenmana­gement zu beenden. Özil und Gündogan unterbrech­en ihren Urlaub, treffen in Berlin Löw, Grindel und DFB-Direktor Oliver Bierhoff zur Aussprache. Im Schloss Bellevue besuchen sie Frank-Walter Steinmeier. Der Bundespräs­ident sagt: „Beiden war es wichtig, entstanden­e Missverstä­ndnisse aus dem Weg zu räumen.“

2. Juni: Beim Länderspie­l in Klagenfurt gegen Österreich (1:2), wo Özil für die Führung sorgt, werden beide Spieler ausgepfiff­en. Thomas Müller verteidigt das Duo, beide seien „wichtiger Teil unseres Teams. Für uns ist das Thema abgehakt.“

5. Juni: Beim Medientag im Trainingsl­ager in Eppan/Südtirol stellt sich Gündogan den Fragen der Pressevert­reter. „Einige Reaktionen haben mich getroffen, vor allem auch die persönlich­en Beleidigun­gen“, sagt er. Und: „Ich verstehe, dass man die Aktion nicht gut finden muss.“Özil schweigt, bleibt als einziger Spieler dem Medientag fern.

6. Juni: Steinmeier äußert sich in der „Zeit“befremdet über die Foto-Aktion, sie habe ihn „ein bisschen ratlos gemacht“. Ob die Spieler sich entschuldi­gt hätten, sei „eine Interpreta­tionsfrage“.

8. Juni: Bierhoff fordert die Medien auf, das Thema zu beenden. Bei der WM-Generalpro­be in Leverkusen gegen Saudi-Arabien (2:1) wird Gündogan vom Zeitpunkt seiner Einwechslu­ng an ausgepfiff­en. Löw reagiert getroffen, die massive Ablehnung habe ihn „geschmerzt“, sagt er. Der Bundestrai­ner fürchtet, das Thema auch beim Turnier nicht loszuwerde­n.

9. Juni: Gündogan twittert, er sei „immer noch dankbar, für dieses Land zu spielen“.

15. Juni: DFB-Direktor Bierhoff versucht vor dem WM-Start, erneut Ruhe in die Affäre zu bringen: „Ich sehe nicht die Notwendigk­eit, das Thema hier noch mal aufzugreif­en“, sagt er zwei Tage vor dem Auftaktspi­el gegen Mexiko. 17. Juni: Beim 0:1 gegen Mexiko steht Özil in der Startelf, Pfiffe sind im Luschniki-Stadion jedoch nicht zu vernehmen. Gündogan sitzt 90 Minuten auf der Bank.

27. Juni: DFB-Präsident Reinhard Grindel kündigt an, die Affäre nach der WM mit einer „zielführen­den Diskussion“gründlich aufzuarbei­ten: „Wir müssen gemeinsam mit der sportliche­n Leitung überlegen, wie wir die Spieler noch stärker sensibilis­ieren können“, sagt er. Am selben Tag scheidet der amtierende Weltmeiste­r nach dem 0:2 gegen Südkorea aus dem Turnier aus.

30. Juni: „Ich werde einige Zeit brauchen, um darüber hinwegzuko­mmen“, schreibt Özil auf Twitter über das WM-Aus.

5. Juli: DFB-Direktor Bierhoff räumt Fehler im Umgang mit der Erdogan-Affäre ein. „Man hätte überlegen müssen, ob man sportlich auf Özil verzichtet“, sagt er Bierhoff. Einen Tag später rudert er zurück und meint, er habe sich falsch ausgedrück­t. Was genau er hatte sagen wollen, bleibt unklar.

8. Juli: DFB-Präsident Grindel fordert Özil zu einer öffentlich­en Stellungna­hme für die Zeit nach dem WM-Urlaub auf. Die Fans seien enttäuscht, weil sie noch keine Antworten auf ihre Fragen erhalten hätten.

22. Juli: Özil bricht sein Schweigen, äußert sich erstmals öffentlich zur Sache und tritt aus der Nationalma­nnschaft zurück.

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