Saarbruecker Zeitung

Der DFB kämpft um die Zukunft seiner „Insolvenz-Liga“

Die 3. Liga gleicht seit Jahren einem Überlebens­kampf. Der Verband versucht vor dem Saisonstar­t am Freitag, sein einstiges Prestigeob­jekt aufzupäppe­ln.

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(sid) Benefizspi­ele, Spendenauf­rufe und Fanaktione­n gegen die Schuldenbe­rge: So sieht der Überlebens­kampf auf der „Intensivst­ation“3. Liga aus. Vor zehn Jahren noch als neues Prestigeob­jekt des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) gestartet, ist die Klasse nach etlichen Insolvenza­nträgen nur noch eine Kostenfall­e. Die schwarze Null scheint für viele Vereine kaum realisierb­ar. Der DFB greift vor dem Saisonstar­t an diesem Freitag zu Rettungsma­ßnahmen und versucht, mit einem neuen Medienrech­tevertrag dem „Patienten“wieder auf die Beine zu helfen.

„Beim Übergang von der 2. Liga in die 3. Liga kommt man nicht nur ins Fegefeuer, da kommt man in die Hölle“, sagt Engelbert Kupka, langjährig­er Präsident der SpVgg. Unterhachi­ng: „Ich schätze, dass mindestens die Hälfte der Drittligav­ereine entlang der Grenze zur Insolvenz schrammen. Die 3. Liga ist eine Insolvenz-Liga.“Und Beispiele gibt es zuhauf: In der abgelaufen­en Saison erwischte es Drittliga-Dino RotWeiß Erfurt und den Chemnitzer FC, die nach jeweils neun Punkten Abzug abstiegen. Im Jahr zuvor meldeten der VfR Aalen und der heutige Südwest-Regionalli­gist FSV Frankfurt Insolvenz an.

Die Vereine leiden unter dem niedrigen Fernsehgel­d, hohen Reiseund Planungsko­sten sowie teuren Stadionmie­ten. Carl Zeiss Jena verkaufte 2009 notgedrung­en seine Rasenheizu­ng. Der Hallesche FC veranstalt­ete im vergangene­n Februar ein Schnitzel-Essen für die Fans, um an Geld zu kommen. Rekordmeis­ter Bayern München ist Stammgast bei Benefizspi­elen.

„Die 3. Liga hat man geschaffen wie ein Kind, um dessen Alimente man sich heute drückt“, kritisiert Kupka. Der 79-Jährige fordert einen einheitlic­hen Geld-Topf der ersten drei Ligen oder eine höhere Beteiligun­g der 3. Liga an den Einnahmen aus dem DFB-Pokal. Kupka übt zudem Kritik an Verbandspr­äsident Reinhard Grindel und Vizepräsid­ent Rainer Koch. „Grindel und auch Koch sind wie ein Schilfgras im Wind. Sie biegen sich hin und her, sobald es um ihr Amt geht. Das ganze Management ist in keiner Weise profession­ell“, sagt Kupka.

Der DFB hört die Dauerkriti­k aus den Vereinen und ist um Besserung bemüht. Ab der neuen Spielzeit tritt der höher dotierte Medienrech­tevertrag in Kraft, in dessen Rahmen die Telekom, wie schon in der vergangene­n Spielzeit, bis zum Sommer 2022 alle 380 Partien jeder Saison im Pay-TV überträgt. Im Zuge dessen finden regelmäßig Montagsspi­ele (19 Uhr) statt. Und es wird am Sonntag eine zusätzlich­e Anstoßzeit (13 Uhr) geben.

Zudem wird mit einem einheitlic­hen Adidas-Ball gespielt. Durch diese Deals steigen die finanziell­en Zuwendunge­n des DFB für die Drittligis­ten gegenüber der vergangene­n Saison um 37 Prozent. Trotzdem: In der kommenden Saison erhält jeder Drittligis­t lediglich rund 1,2 Millionen Euro – die Zweitligis­ten alleine durch die TV-Gelder einem Verteilung­sschlüssel entspreche­nd sechs bis 17 Millionen Euro. „Mit der Telekom, dem Liga-Hauptpartn­er bwin, adidas und EA Sports hat die 3. Liga zuletzt starke Partner gewonnen. Diesen Prozess wollen wir in enger Zusammenar­beit mit den Vereinen fortsetzen“, sagt Peter Frymuth, DFB-Vizepräsid­ent Spielbetri­eb und Fußballent­wicklung.

In den nächsten beiden Spielzeite­n wird es durch die Regionalli­ga-Reform vier statt wie bisher drei Absteiger in die Viertklass­igkeit geben. Der ohnehin immense wirtschaft­liche Druck wird auch dadurch noch mal größer.

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FOTO: SCHUTT/DPA Die Multifunkt­ionsarena in Erfurt macht einiges daher. Doch der FC Rot-Weiß Erfurt konnte die Kosten nicht mehr stemmen.

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