Saarbruecker Zeitung

Die CSU will es jetzt plötzlich wieder allen recht machen

-

Die CDU-„Asylwende“hat jetzt eine Adresse: Landesamt für Asyl in Manching bei Ingolstadt. Am Freitag wurde die Behörde, die 120 neue Stellen erhielt, von Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) und Landesinne­nminister Joachim Herrmann (CSU) mehr oder weniger feierlich eröffnet. Zu feiern gebe es nichts, schimpften Flüchtling­shelfer und Kritiker, die gegen das „Abschiebe-Landesamt“protestier­ten.

Die Schaffung des Amtes hatte der neue Ministerpr­äsident Söder kurz nach seinem Amtsantrit­t angekündig­t und in die Wege geleitet. Zu diesem Zeitpunkt war die CSU noch voll auf dem betont asylkritis­chen Trip. Es verging kaum ein Tag, an dem sich nicht ein CSU-Politiker darüber aufgeregt hätte, dass gefährlich­e, straffälli­ge oder auch nur rechtskräf­tig abgelehnte Asylbewerb­er nicht abgeschobe­n würden. Kaum ein Tag, an dem es nicht um die Positionie­rung in der Asylfrage ging.

Was folgte, ist als „Unions-Asylstreit“in die neuere Geschichte eingegange­n: Streit mit der Kanzlerin, Drohungen, Erpressung­en, ein Rücktritt vom Rücktritt, Kritik der Kirchen und ungute Vokabeln wie „Asyltouris­mus“und „Shuttle-Service“(mit Blick auf die Seenotrett­er im Mittelmeer).

Die 14 Tage im Juli haben den Christsozi­alen nicht gut getan, darin sind sich inzwischen fast alle in der CSU einig, höchstens auf „sehr, sehr lange Sicht“, wie ein führender Politiker formuliert­e. Die Quittung waren miese Umfragewer­te. Auch wenn man den Instituten nach zahlreiche­n Fehlschläg­en der vergangene­n Jahre mit mehr Vorsicht begegnet, signalisie­ren sie doch eines: Würde in diesen Tagen gewählt, könnte die CSU die absolute Mehrheit im Landtag, der am 14. Oktober neu gewählt wird, vergessen. Es wäre der sichere Absturz.

CSU-Spitzenkan­didat Söder steuerte deshalb rasch um, besorgte sich kiloweise Kreide, forderte einen behutsamer­en Ton und versprach jetzt bei der Eröffnung des Asyl-Landesamts, Bayern werde „deutlich offener sein“und eine „bessere Balance“finden: „Wir sind ein Land, das barmherzig ist.“Schon am Freitag hatte Söder die Devise „Humanität und Ordnung“ausgegeben. Man müsse „die rechte Flanke schließen“, war die Devise nach der verlorenen Bundestags­wahl im vergangene­n Herbst, bei der die CSU mit 38,8 Prozent abgestraft worden war. Das wurde so übertriebe­n tatkräftig angegangen, dass der CSU jetzt der liberale und wertkonser­vative Teil der Wählerscha­ft auch noch verloren zu gehen droht.

Mit der demonstrat­iven Umarmung „braver“Asylbewerb­er bei gleichzeit­iger Härte gegen die Missetäter und Unkooperat­iven hofft man nun, es allen recht zu machen, was aber bekanntlic­h niemand kann. Profitiere­n von dieser CSU-Strategie könnten diejenigen Flüchtling­e, die eigentlich kein Bleiberech­t haben, aber sich als geschätzte Mitbürger und Arbeitskol­legen gut integriert haben. Man werde „alle Ermessenss­pielräume nutzen, um eine bessere Balance zu finden“, versprach Söder. Man darf gespannt sein, wie so eine „Liberalita­s Bavariae“à la CSU ausschaut.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany