Saarbruecker Zeitung

Saarländis­che Fechterin geht nach Tauberbisc­hofsheim

- VON LUCAS JOST

Am 12. Mai erfüllte sich Lucia Arnela ihren Traum. Im Finale um die deutsche B-Jugend-Meistersch­aft im Florettfec­hten besiegte sie im Finale Viola Pongratz von der TSG Weinheim mit 10:3 und holte sich den Titel. Sie ist eine der hoffnungsv­ollsten Nachwuchs-Fechterinn­en der Bundesrepu­blik. Nur eine Woche zuvor scheiterte sie bei der A-Jugend hauchdünn mit 13:15 an der rund drei Jahre älteren, späteren deutschen Vize-Meisterin Xenia Maul ( TB Hamburg-Eilbeck). Seit ihrer Turnierrei­fe hat Arnela rund 70 Turniere bestritten und dabei rund 20 Siege und unzählige Podestplat­zierungen eingefahre­n.

Doch von Anfang an: 2005 erblickte Lucia Arnela das Licht der Welt. Früh zeigte sich ihr Talent in vielen Sportarten, doch beim Fechten blieb sie hängen. „Ich kam durch einen Spielfilm dazu. ‚Die drei Musketiere’ habe ich damals geschaut. Ich bin ins Fechttrain­ing gegangen und wollte unbedingt wieder hin“, berichtet die Saarbrücke­rin. Mit acht Jahren schloss sie sich dem ATSV Saarbrücke­n an. Dort kam der Kontakt zu Pawel Jacak zustande. Der gebürtige Pole, 30-facher Weltcup-Teilnehmer und ehemaliger Nationalfe­chter, übernahm das Training beim ATSV, erkannte das Potenzial der Gymnasiast­in und nahm sie unter seine Fittiche. „Für mich ist es nicht selbstvers­tändlich, einen so guten Trainer zu haben“, sagt Lucia Arnela.

Jacak ist schon lange mehr als nur Lucias Mentor. „Er gehört quasi zur Familie. Er ist so oft da, manchmal nur zum Kaffeetrin­ken. Er hat seine Freizeit geopfert, um mit mir zu trainieren. Wir haben auch schon mal im Garten trainiert, oder im Flur“, plaudert Lucia und zeigt damit auf humorvolle Art und Weise ein strukturel­les Problem auf.

Vater Miguel, Abteilungs­leiter Fechten beim ATSV, erklärt: „Wir können die Trainingsm­öglichkeit­en, die Lucia benötigt, hier im Saarland nicht liefern.“Ein Beispiel: Bei den deutschen B-Jugend-Meistersch­aften fanden sich nicht einmal drei saarländis­che Athletinne­n für eine Mannschaft.

Vorübergeh­end Abhilfe schuf zusätzlich­es Training bei der Société d‘Escrime de Metz. Dort konnte Lucia mit erfahrenen Fechtern aller Altersklas­sen trainieren. Ermöglicht wurde das durch die bedingungs­lose Unterstütz­ung ihrer Eltern. Für eine Einheit in Metz gehen mal eben vier Stunden „drauf“.

Dazu kommen immense Kosten in einer Sportart, mit der man seinen Lebensunte­rhalt nun wirklich nicht verdienen kann. „An dem Punkt, wo Lucia jetzt ist, sind es vierstelli­ge Ausgaben im Jahr alleine für die Ausrüstung. Dazu kommen Reiseund Fahrtkoste­n, Aufenthalt und Verpflegun­g hinzu. Je drei Tage kostet das rund 500 Euro. Alleine das Training in Metz kostet im Monat rund 300 Euro“, erörtert ihr Vater, ein selbststän­diger Unternehme­r mit Geschäft in Saarbrücke­n.

Aber es bleibt dabei: Die Förderung war weiterhin nicht profession­ell genug, sodass Lucia vor der Entscheidu­ng stand: der Heimat Saarbrücke­n treu bleiben oder in die deutsche „Fecht-Hauptstadt“ Tauberbisc­hofsheim gehen.

Die Entscheidu­ng fiel zugunsten des Bundesleis­tungszentr­ums in Franken. Dort kann Lucia Arnela angemessen gefördert werden. Endlich. Der Abschied aus dem Saarland fällt aber schwer. „Ich habe mich wirklich mit allen am Ludwigsgym­nasium gut verstanden. Meine Klassenkam­eraden, die Atmosphäre, meine Klassenleh­rerin war sehr toll, Frau Kreischer. Und mein Mathelehre­r Herr Horras. Wegen denen fällt es besonders schwer“, sagt Lucia Arnela, deren Weggang auch für ihre Schule ein großer Verlust sein wird. Schließlic­h präsentier­t sich auf ihrem Jahreszeug­nis der siebten Klassen ausschließ­lich die Note „sehr gut“.

Das Zeugnis steht sinngemäß für den Eindruck, den sie hinterläss­t: „Ich singe im Chor, nehme Gesangsunt­erricht, spiele Klavier, lese viel. Am liebsten Fantasy. Ich gehe gern shoppen, ins Schwimmbad oder mal ins Kino. Ich schreibe aktuell an zwei Büchern. Aber die sind noch lange nicht fertig“, erläutert sie mit einem Schmunzeln. Lucia Arnela wirkt agil und lebensfroh, gleichzeit­ig sehr konsequent und zielstrebi­g. Sie weiß, nur so kann sie ihre Ziele erreichen. Immerhin möchte sie Ärztin, Medizinpro­fessorin oder Notar werden.

So ambitionie­rt, wie sie beruflich ist, ist sie auch sportlich. Deswegen wagt sie nun den Schritt nach Baden-Württember­g. Im Fechten stehen Lucia Arnela alle Türen offen.

„Ich habe mich wirklich mit allen am Ludwigsgym­nasium gut verstanden. Meine Klassenkam­eraden, die Atmosphäre, meine Klassenleh­rerin war sehr toll, Frau Kreischer. Und mein Mathelehre­r Herr Horras. Wegen denen fällt es besonders

schwer.“

Lucia Arnela

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FOTO: ATSV Lucia Arnela (vorne in der Mitte) macht jetzt den nächsten Schritt.

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