Saarbruecker Zeitung

CSU-Führung greift liberale „Union der Mitte“scharf an

Schwache Umfragewer­te machen die Spitzen von CDU und CSU zunehmend nervös. Ein Institut sieht beide Parteien zusammen nur noch bei 29 Prozent.

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(dpa) Knapp drei Monate vor der für die CSU so wichtigen Landtagswa­hl in Bayern scheint die Union erneut eine Quittung für ihren jüngsten Asylstreit zu bekommen. CDU und CSU rutschten nach einer neuen Umfrage in der Wählerguns­t weiter ab. Erstmals seit 2006 – und damit ein Jahr nach Beginn der Kanzlersch­aft von Angela Merkel – liegt die Union demnach mit 29 Prozent wieder unter der 30-Prozent-Marke.

Sie verlor im „Sonntagstr­end“des Meinungsfo­rschungsin­stituts Emnid für die „Bild am Sonntag“einen Prozentpun­kt im Vergleich zur Vorwoche. Wenig Trost dürfte dabei sein, dass die SPD ebenfalls einen Punkt auf 18 Prozent abrutschte. Dagegen können die Grünen immer weiter zulegen. In Bayern lagen sie in Umfragen sogar bei satten 16 Prozent, während die CSU dort nur noch auf 38 Prozent kommt, weit entfernt von einer absoluten Mehrheit. Die Grünen profitiere­n möglicherw­eise davon, dass sie – anders als die CSU-Kampagne – immer noch eine liberale Asylpoliti­k vertreten.

Diese Zahlen machen auch deutlich, dass der fundamenta­le Streit zwischen den Unionsschw­estern über die Flüchtling­spolitik beiden auf die Füße fällt. Die CSU reißt die CDU mit runter. Der Versuch, in der Asylpoliti­k der populistis­chen AfD den Rang abzulaufen, verfängt nicht. Die Polarisier­ung hinterläss­t aber tiefe Spuren und eine erhebliche Portion Verunsiche­rung und Misstrauen an der Basis.

Wie nervös vor allem die CSU-Spitze inzwischen ist, zeigt auch ihr Umgang mit einer neuen Gruppe von liberal-konservati­ven CDU- und CSU-Politikern, die sich „Union der Mitte“nennt und sich gegen einen Rechtsruck in der Union wendet. CSU-Generalsek­retär Markus Blume warf der Gruppe im „Spiegel“vor, „Abspaltung und Sektierert­um“zu betreiben. Und in einem Brief der CSU-Landesleit­ung an den Gründer dieses losen Zusammensc­hlusses, Stephan Bloch, ein junges CSU-Mitglied aus München, hieß es, die „Union der Mitte“sei ein grober Verstoß gegen die Parteistat­uten. Bloch solle seine Aktivitäte­n einstellen. Und was, so möchte man fragen, ist dann mit den konservati­ven Plattforme­n wie „Berliner Kreis“oder „Werte-Union“?

Die neue Gruppe um Bloch ist ein Zeichen dafür, wie tief gespalten die Union insgesamt und die CSU im besonderen nach dem Asylstreit ist. Eine CSU aber, deren konservati­ver und liberaler Flügel immer weiter auseinande­rdriften, ist geschwächt für die heiße Phase des Wahlkampfs in Bayern.

Wie die CDU mit den konkurrier­enden Gruppen umgehen will, ist bisher noch nicht so richtig ersichtlic­h. Die Spaltung der Union wird von Teilen ihrer eigenen Partei auch CDU-Chefin Merkel angelastet. Aus der eher konservati­ven Ecke kam der Vorwurf, die Parteispit­ze um Merkel zeige eine gefährlich­e Schwäche beim Zusammenha­lt der Volksparte­i.

Zuletzt warnte Thüringens CDU-Vorsitzend­er Mike Mohring in der „Rheinische­n Post“: „Wir sind an einer Schwelle, an der die Gefahr besteht, dass wir den Status einer Volksparte­i verlieren.“Und Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen (CDU) sagte dem „Spiegel“: „Unsere Kunst war es immer, mehrere Richtungen zusammenzu­halten. Das ist uns im Streit entglitten in den letzten Wochen.“

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FOTO: MIRGELER/DPA CSU-Generalsek­retär Markus Blume wirft der „Union der Mitte“Sektierert­um vor.

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