Saarbruecker Zeitung

Benin fordert Beutekunst zurück

In loser Folge berichten wir von europäisch­en Museen und ihrem Umgang mit der kolonialen Vergangenh­eit. Heute: Frankreich, das sich mit der Restitutio­n afrikanisc­hen Kulturgute­s schwer tut, auch wenn Präsident Macron für eine Rückgabe plädiert.

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bei den Stücken um Beutekunst handelt. Alfred Amédée Dodds war ein französisc­her General, der eine wichtige Rolle bei der Kolonialis­ierung Westafrika­s durch Frankreich spielte. Im November vergangene­n Jahres hat nun Frankreich­s Staatspräs­ident Emmanuel Macron anlässlich eines Afrika-Besuchs in Burkina Faso zur Überraschu­ng vieler die Rückgabe des afrikanisc­hen Kulturerbe­s in Frankreich und in europäisch­en Museen gefordert und versproche­n: „Ich will, dass bis in fünf Jahren die Bedingunge­n für temporäre oder definitive Restitutio­nen gegeben sind.“Schätzunge­n zufolge verfügt Europa über 90 Prozent des afrikanisc­hen Kulturerbe­s. Allein in den Sammlungen des Pariser Musée Quai Branly befinden sich rund 70 000 Kunstwerke aus Subsahara-Afrika.

Benin ist nicht das erste Land, das an Frankreich eine Restitutio­nsforderun­g stellt, doch ist es die erste, die von einer ehemaligen Kolonie kommt. Laut dem beninische­n Vertreter bei der Unesco, Irénéé Zevounou, befinden sich in Frankreich­s Museen, Einrichtun­gen und privaten Sammlungen zwischen 4500 und 6000 Kunstwerke aus dem westafrika­nischen Staat.

Die Bestimmung, auf die sich Frankreich­s Verweigeru­ng stützt, geht auf ein Edikt aus dem Jahr 1566 zurück. Ziel des „Edit de Moulins“war es, die französisc­hen Herrscher daran zu hindern, sich nach ihrem Gutdünken der Kunstschät­ze zu bedienen. Seit dieser Zeit sei es Fürsten, Königen und Präsidente­n verboten, über die Gemeingüte­r zu verfügen, erklärte Yves-Bernard Debie, Jurist und Experte für Rechtsfrag­en zu Kunst und Kulturgüte­rn. Die französisc­hen Staatsober­häupter gingen, doch die Gemeingüte­r blieben, so Debie.

In den vergangene­n Jahren kam es jedoch zu Ausnahmen, etwa 2012, als mumifizier­te Maori-Köpfe an Neuseeland zurückgege­ben wurden. Doch für eine Antwort auf die Frage, wie mit der Kunst eines ganzen Kontinents umgegangen werden soll, fehlt eine allgemeine Rechtsgrun­dlage. Dafür müsse das Gesetz geändert werden, schlussfol­gert Debie. Soweit ist Frankreich aber noch nicht. Im November sollen die französisc­he Kunsthisto­rikerin Bénédicte Savoy und der senegalesi­sche Schriftste­ller und Wirtschaft­swissensch­aftler Felwine Sarr einen Bericht vorlegen, der die Bedingunge­n skizziert, unter denen die Artefakte zurückgege­ben und in ihren Herkunftsl­ändern geschützt werden könnten. Alles zuerst einmal in der Theorie.

Savoy, die in Berlin an der Technische­n Universitä­t und in Paris am Collège de France lehrt, hatte in Deutschlan­d im Sommer 2017 eine Debatte über den Umgang des zukünftige­n Berliner Humboldtfo­rums mit seinen ethnologis­chen Sammlungen ausgelöst. Aus Protest gegen die ihrer Ansicht nach unzureiche­nde Herkunftsf­orschung kolonialer Kulturgüte­r war Savoy aus dem wissenscha­ftlichen Beirat des Humboldt-Forums ausgetrete­n, das 2019 im Berliner Stadtschlo­ss eröffnet werden soll.

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FOTO: JEAN AYISSI/AFP Im „Musée du quai Branly“, entworfen von Jean Novel und 2007 eröffnet, stellt Frankreich viele umstritten­e Werke aus ehemaligen Kolonien aus.
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FOTO: SABINE GLAUBITZ/DPA Diese Statuen des Königreich­s Dahomey fordert Benin unter anderem zurück.

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