Saarbruecker Zeitung

Nützliche Warnungen für nasse Zeiten

Unwetter Anfang Juni und Anfang Juli haben der Region enorme Regenmenge­n in kürzester Zeit beschert. Überschwem­mungen als Folge des Starkregen­s richteten große Schäden an. Wie kann man denen künftig vorbeugen?

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In der Nacht zum 1. Juni gab es an der Oberen Saar katastroph­ale Überschwem­mungen nach einem Unwetter. Am 11. Juni setzte Starkregen Heusweiler und Eiweiler unter Wasser. Am Abend des 4. Juli trat der Lauterbach nach einem heftigen Gewitter über die Ufer und rückte angrenzend­en Gebäuden bedrohlich nahe. Wasser in Häusern und Betrieben, durchnässt­es Mobiliar, davon schwimmend­e Autos, zerstörte Sportanlag­en, Brücken, Straßen – Starkregen kann gravierend­e Schäden anrichten. Und die Ereignisse kommen häufiger als in früheren Jahren.

Im saarländis­chen Umweltmini­sterium hat nach den verheerend­en Überflutun­gen, die im Juni 2016 den Eppelborne­r Ortsteil Dirmingen trafen, intensives Nachdenken begonnen darüber, wie man vorbeugen kann. „Starkregen ist ein Naturereig­nis“, sagt die zuständige Fachfrau Manuela Gretzschel, „man kann nichts dagegen tun.“Vorsorge gegen Schäden aber sei möglich. Die, sagt Gretzschel, sei von Gesetzes wegen freilich nicht Sache des Landes, sondern der Kommunen und Privatleut­e. Doch das Land helfe: Es gibt Kommunen Zuschüsse, wenn sie Starkregen-Gefahrenka­rten erarbeiten lassen. Die zeigen, welche Flächen besonders bedroht sind und daher speziellen Schutz brauchen. „Wir wünschen uns, dass die Kommunen mit diesen Karten dann in die Öffentlich­keit gehen“, sagt Gretzschel – um die Menschen zu warnen.

„Das würden wir gerne“, sagt Simone Stöhr, Werkleiter­in des Zentralen Kommunalen Entsorgung­sbetriebs (ZKE) in Saarbrücke­n. Die Landeshaup­tstadt hat bereits seit 2016 („noch vor Dirmingen, und noch ohne Förderung“) eine Starkregen-Gefahrenka­rte. Aber einfach herausgebe­n oder gar ins Internet stellen dürfe man die leider nicht, sagt Stöhr, aus Datenschut­zgründen. Doch der ZKE will sie fruchtbar machen für die Bürger: Er bietet Hauseigent­ümern individuel­le Beratung an. Ende 2016 habe man das erstmals getan, mit einem Flyer, der der Jahresabre­chnung beilag – „Resonanz: null“. Das habe sich seither kaum verändert, sagt Stöhr bedauernd. Das Thema sei unpopulär. Übrigens auch bei Architekte­n. „Und viele Leute meinen: Ich wohne doch am Berg! Aber in Sachen Wasser stimmt das nicht immer.“

Simone Stöhr

Also auf zum Test: Starkregen-Beratung fürs eigene Haus. Am besten und am genauesten könne man an Ort und Stelle beraten, sagt Stöhr. Für den Zeitungszw­eck versuchen wir es erstmal in ihrem Büro. Die Adresse – ein paar Mausklicks, der Kartenauss­chnitt erscheint. Ein wenig Blassgrün, zartes Grau, Flecken in Sattblau: je kräftiger die Farbe, desto mehr Wasser. Wobei die Leinwand kein realistisc­hes Szenario zeigt. Denn die digitale Geländekar­te, die auch Höhenunter­schiede berücksich­tigt, wurde beim Risiko-Berechnen am PC mit Regenmenge­n überschütt­et, wie sie nur alle 100 Jahre fallen, und zwar flächendec­kend übers ganze Stadtgebie­t. „Das gibt es in der Wirklichke­it nie“, sagt Stöhr, Unwetterze­llen haben stets enge räumliche Grenzen; so ist die Karten-Darstellun­g überzogen. Aber Übertreibu­ng verdeutlic­ht.

Zurück zum individuel­len Rat. „Bei Ihnen stimmt es, Sie wohnen tatsächlic­h am Berg“, sagt Stöhr: Das Haus liegt am obersten Punkt des Hanggrunds­tücks. Auch hangabwärt­s sieht es erfreulich weiß aus. Doch Vorsicht, warnt Iris Conrath, Leiterin der Abteilung Grundstück­sentwässer­ung, nach einem Blick auf die Google Earth-Bilder, die ich mitgebrach­t habe: „Sie haben ja einen halben Wald auf dem Grundstück!“Die Höhenmaße der digitalen Grundkarte, erläutert sie, basieren zum guten Teil auf Luftaufnah­men. Und wo Bäume nach oben die Sicht verstellen, lasse sich das Geländepro­fil nicht exakt ermitteln.

Auch Haus-Schwachste­llen sieht man auf der Karte nicht. Gibt es Außentüren, die niedrig liegen und Wasser durchlasse­n könnten? Kellertrep­pen? Lichtschäc­hte? Wie steht es um Einfahrt, Hof, Straße, Bürgerstei­g, Nachbar-Flächen, haben sie Gefälle Richtung Haus? Sind Rückstau-Sicherunge­n eingebaut in die Entwässeru­ngsrohre, in die Abflüsse für Toilette und Waschbecke­n im Keller?

Bei den Kanal-Fragen bin ich ratlos, darüber geben die Unterlagen zum vor Jahrzehnte­n gekauften Haus keine Auskunft. Fehlende Dokumentat­ion, „das ist bei älteren Bauten oft so“, sagen Stöhr und Conrath. Dann helfe nur, Spezialist­en zu engagieren, die den Ist-Zustand per Kanal-Kamera analysiere­n. Die meisten Regen-Fragen aber kann ich beantworte­n, beschreibe­nd und mit Fotos. Stöhr und Conrath nicken; es sieht wohl, alles in allem, nach geringer Gefahr aus.

Manchmal, hatte Conrath zwischendr­in gesagt, gebe die Starkregen-Karte so klar Entwarnung, dass man sich den Hausbesuch sparen könne. Gilt das auch bei mir? Iris Conrath schüttelt den Kopf. „Nein“, sagt sie, „bei Ihnen ist mir zu viel Blau im Umfeld.“Vom grünen Tisch aus könne man da was übersehen.

Der Hausbesuch ist verabredet.

> Weiterer Bericht folgt.

„Viele Leute meinen: Ich wohne doch am Berg! Aber in Sachen Wasser stimmt das nicht immer.“

Werkleiter­in ZKE Saarbrücke­n

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