Saarbruecker Zeitung

Saarland nimmt Türkisch-Unterricht unter Aufsicht

Die Sommerhitz­e verleitet einige dazu, in die Saar einzutauch­en, um sich abzukühlen. Die Behörden sehen das kritisch.

- VON DIETMAR KLOSTERMAN­N

SAARBRÜCKE­N (ce) Mit dem neuen Schuljahr werden im Saarland staatliche Lehrer den Unterricht von Kindern in deren nicht-deutscher Mutterspra­che erteilen. Ab September wird es staatliche Angebote in Türkisch, Italienisc­h, Russisch und Arabisch geben. Das kündigte Bildungsmi­nister Ulrich Commerçon (SPD) gestern in Saarbrücke­n an. Damit wird der mutterspra­chliche Konsulatsu­nterricht abgeschaff­t, der von anderen Staaten bezahlt und organisier­t wurde. Erstmals übernimmt das Bildungsmi­nisterium so die Aufsicht über Personal und Inhalte.

Der Unterricht findet als freiwillig­es Angebot nachmittag­s statt und steht allen Kindern unabhängig von ihrer Herkunft offen. Langfristi­g soll er Prüf-Fach werden und als Option die dritte Fremdsprac­he ersetzen können. Commerçon sagte, es sei wichtig, die „natürliche Ressource“Mutterspra­che bei jedem Kind zu fördern. Derzeit werden 12 000 Kinder aus anderen Herkunftsl­ändern im Saarland unterricht­et, 4500 mehrheitli­ch aus Syrien.

SAARBRÜCKE­N In diesen heißen Tagen des Sommers werden öfter Zeitgenoss­en beobachtet, die in die Saar steigen, um zu schwimmen. So etwa am vergangene­n Sonntag, als mittags drei Männer im Alter um die 30 in Höhe des Saar-Finanzmini­steriums neben der Alten Brücke in der Saar schwammen. Und an einer Metallleit­er, die an der Kaimauer des dortigen Leinpfads befestigt ist, vergnügt herausstie­gen. Noch bequemer kommen Schwimmeri­nnen in Saarbrücke­n über die Wandel-Höfer-Treppe am Willi-Graf-Ufer in die trägen Fluten: Die Stufen führen geradewegs ins erfrischen­de Nass.

Doch viele fragen: Ist das Schwimmen in der Saar auch gestattet? Heike Meier vom staatliche­n Wasserund Schifffahr­tsamt in Saarbrücke­n verweist auf die Binnenschi­fffahrtsst­raßenveror­dnung. „Das Schwimmen in der Saar ist nicht grundsätzl­ich verboten. Allerdings ist im Bereich von Brücken, Anlegenste­llen, Wehren oder Häfen jeweils 100 Meter in beide Richtungen das Schwimmen nicht erlaubt“, erklärt Meier. Das bedeutet gerade in Saarbrücke­n, wo eine Brücke auf die andere folgt: Das Baden in der Saar ist im Innenstadt­bereich durch diese Verordnung verboten.

Dabei ist die Saar in den ersten knapp 60 Jahren des 20. Jahrhunder­ts von zigtausend­en Saarländer­n als Schwimmbad genutzt worden. Obwohl damals ein viel stärkerer Schiffsver­kehr auf der Saar herrschte. Der Saarbrücke­r Schwimmver­ein von 1908 kaufte noch vor dem Ersten Weltkrieg einen alten Holzkahn in Saargemünd, baute darauf eine Absprungfl­äche, von der die Schwimmer in Höhe des Stadens in die Saar hüpfen konnten. Als der Kahn, der den schönen Namen „Zutrauen“trug, brüchig wurde, bekam er Ende der 1920er Jahre einen stählernen Korpus. Und wurde in den schrecklic­hen 1930er Jahren „Vaterland“getauft. Trotz der Sprengung durch Wehrmachts-Pioniere im Jahr der Evakuierun­g nach dem Überfall Hitler-Deutschlan­ds auf Polen im September 1939 wurde das Schwimmsch­iff nach dem Zweiten Weltkrieg wieder flott gemacht. Sogar Miss-Wettbewerb­e fanden in den 1950er Jahren darauf statt, währende Tausende am Staden-Ufer hockten und sich an diesem frühen „Saar-Spektakel“erfreuten. Heute befindet sich auf dem Kahn eine Shisha-Bar.

Den Annalen nach wurde das Schwimmen in der Saar 1957 verboten, weil die Industrie den Fluss derart verseuchte, dass die Gesundheit der Schwimmer in Gefahr geriet. Heute sagt Frederic Becker, Sprecher des Saar-Gesundheit­sministeri­ums, dass die Saar kein offizielle­s Badegewäss­er sei und deshalb nicht nach den hygienisch­en Qualitätsk­riterien untersucht werde. Die zuständige­n Gesundheit­sämter rieten vom Baden oder Schwimmen in der Saar ab, sagt Becker. Worauf sich dieser Rat stützt, bleibt offen. Untersuchu­ngen von Saarwasser nach den Kriterien für Badegewäss­er seien „aus infektions­präventive­n Gründen“weder erforderli­ch noch dienlich, so Becker.

Bei der Saarbrücke­r Stadtverwa­ltung gibt es kein Interesse, die Saar im Rahmen des Projekts „Stadtmitte am Fluss“auch den Schwimmern zu öffnen, wie das etwa Basel mit dem Rhein, Bern mit der Aare und Zürich mit der Limmat tun. Ingo Beckendorf, Sprecher des Rathauses, verwies auf die Landesregi­erung. Und die will Nichtschwi­mmerin bleiben.

 ?? REPRO: BARBIAN ?? Bis Ende der 1950er Jahre sprangen Schwimmer vom Schwimmsch­iff in Saarbrücke­n in die Saar. Auch Miss-Wettbewerb­e fanden darauf statt, Tausende sahen sich das Spektakel vom Staden-Ufer aus an. Heute befindet sich auf dem Schwimmsch­iff am Willi-Graf-Ufer eine Shisha-Bar.
REPRO: BARBIAN Bis Ende der 1950er Jahre sprangen Schwimmer vom Schwimmsch­iff in Saarbrücke­n in die Saar. Auch Miss-Wettbewerb­e fanden darauf statt, Tausende sahen sich das Spektakel vom Staden-Ufer aus an. Heute befindet sich auf dem Schwimmsch­iff am Willi-Graf-Ufer eine Shisha-Bar.

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