Saarbruecker Zeitung

Wie sich die Mittelmeer-Krise verändert – und was Europa tut

- VON RALPH SCHULZE

MADRID Die Verschiebu­ng geht weiter: Immer mehr Flüchtling­e kommen in Spanien an, immer weniger in Italien: Nach neusten Zahlen der Internatio­nalen Organisati­on für Migration wurden an Spaniens Küsten bis Ende Juli rund 23 000 Bootsmigra­nten registrier­t – drei Mal so viele wie im Vorjahr. Insgesamt landen nun 40 Prozent aller Mittelmeer-Flüchtling­e in Spanien – dem neuen Brennpunkt am Mittelmeer. Denn nach Süditalien gelangten seit Januar nur noch 18 000 Menschen – 80 Prozent weniger als im Vorjahr.

Die Trendwende ist wohl eine Folge der EU-Zusammenar­beit mit Libyen und des harten Kurses der italienisc­hen Regierung. Die libysche Küstenwach­e stoppt inzwischen viele Boote und bringt die Migranten nach Libyen zurück – in diesem Jahr schon 12 000 Menschen. Zudem hat Italien seine Häfen für die Rettungssc­hiffe der im Mittelmeer tätigen humanitäre­n Organisati­onen geschlosse­n. Auch Handelssch­iffe und Marineschi­ffe europäisch­er Länder stoßen auf immer größere Probleme, wenn sie Gerettete nach Italien bringen wollen.

Im östlichen Mittelmeer, auf der Route nach Griechenla­nd, werden ebenfalls wieder mehr Boote mit Einwandere­rn registrier­t – allerdings weniger als in Spanien. Unter dem Strich hat sich die Migration übers Mittelmeer halbiert. Zu diesem Rückgang wiederum haben die Abkommen mit der Türkei und Libyen beigetrage­n, die inzwischen durch strengere Kontrollen versuchen, Abfahrten von ihren Küsten zu stoppen. Im Falle Libyens sind auch Rückkehrpr­ogramme angelaufen.

Inzwischen verhandelt die EU mit Marokko über eine engere Zusammenar­beit bei der Kontrolle der Migrations­route nach Spanien. Dem Vernehmen nach stellte Brüssel 30 Millionen Euro bereit, um Marokkos Küstenüber­wachung zu verbessern. Ob dieses Angebot ausreicht, um die Route nach Spanien zu kappen, bleibt abzuwarten. Europäisch­e Sicherheit­skreise schließen nicht aus, dass Marokko seinen Grenzschut­z in letzter Zeit bewusst lockerte, um Brüssel unter Druck zu setzen und weitere Hilfen herauszusc­hlagen. Der Türkei hatte die EU im Zuge des „Aktionspla­n zur Begrenzung der Zuwanderun­g“insgesamt drei Milliarden Euro zugesagt.

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