Saarbruecker Zeitung

Facebook stoppt Trolle, die Wähler manipulier­en wollten

Der Internet-Gigant hat ein Netzwerk aufgedeckt, das die US-Kongresswa­hlen beeinfluss­en wollte. Für einige ist schon klar, wer dahinter steckt.

- VON FRANK HERRMANN

WASHINGTON Facebook ist nach eigenen Angaben einem Netzwerk gefälschte­r Profile auf die Schliche gekommen, mit dessen Hilfe amerikanis­che Wähler vor dem Kongressvo­tum im November gezielt beeinfluss­t werden sollten. Während das Unternehme­n die Frage nach den Hintermänn­ern allenfalls vage beantworte­t, steht für prominente US-Demokraten bereits fest, wer hinter der Kampagne steckt: die Internet Research Agency (IRA), eine dem Kreml nahestehen­de Trollfabri­k, der Tausende gefälschte­r Nutzerkont­en im Internet zugeschrie­ben werden.

Noch gebe es nicht genügend Beweise, um definitiv sagen zu können, wer die Fäden gezogen habe, relativier­t Nathaniel Gleicher, der Sicherheit­schef von Facebook. „Wer immer dieses Netz knüpfte, hat viel Mühe darauf verwendet, seine wahre Identität zu verbergen”, schreibt wiederum Konzernche­f Mark Zuckerberg in einer Erklärung. Gleichwohl ähnelten manche der nunmehr gestoppten Handlungen dem, was die IRA sowohl vor als auch nach den US-Präsidents­chaftswahl­en getan habe.

Führende Politiker der Demokratis­chen Partei dagegen haben sich, frei von jeglichen Zweifeln, bereits weit aus dem Fenster gelehnt. Nach den Worten Mark Warners, der Nummer eins der Demokraten im Geheimdien­stausschus­s des Senats, ist mit den neuesten Enthüllung­en einmal mehr der Beweis erbracht, dass der Kreml Plattforme­n wie Facebook ausnutze, um Zwietracht zu säen und Falschinfo­rmationen zu verbreiten. Die Parallelen zum Wahlkampf 2016, in den sich Russland massiv eingemisch­t habe, lägen auf der Hand.

Insgesamt wurden 32 Internet-Seiten beziehungs­weise Accounts gesperrt, 25 bei Facebook, sieben beim Bilderdien­st Instagram. Die älteste sei im März 2017, die jüngste im Mai dieses Jahres eingericht­et worden, teilte der Hightech-Riese mit. Mehr als 290 000 User seien zumindest einer der gefälschte­n Seiten gefolgt. Die 150 Anzeigen, die im Laufe der Zeit geschaltet wurden, hätten zusammen 11 000 Dollar gekostet, bezahlt in US-amerikanis­cher und kanadische­r Währung.

Konkret geht es um Seiten wie „Aztlan Warriors“, „Black Elevation“oder „Resisters“. Die „Resisters“, die Widerständ­ler, übten in aller Regel scharfe Kritik an Donald Trump. Einmal gaben sie dem Präsidente­n, der bei Twitter aktuell auf 53 Millionen Follower kommt, nur gut die Hälfte dessen, was sein Vorgänger Barack Obama verbuchen kann, einen sarkastisc­h angespitzt­en Ratschlag. Wolle Trump Obama den Rekord für den „meistgelie­bten“Tweet abnehmen, bräuchte er nur zwei Worte zu twittern: „I resign“(„Ich trete zurück“).

Allerdings zeigt die Causa Widerständ­ler auch, wie sich beides vermischt, gesteuerte Trolle im Netz und das reale Leben. Wie reale Organisati­onen rief die gefälschte Seite dazu auf, am 10. August gegen Neonazis zu demonstrie­ren, die ein Jahr nach den Ausschreit­ungen von Charlottes­ville dort aufmarschi­eren wollen. Die Linke will, angeführt von Symbolfigu­ren wie Whistleblo­werin Chelsea Manning, mit einer eigenen Kundgebung dagegenhal­ten. Der Protest sei natürlich echt, betont Manning. Unabhängig von Trollen auf Facebook.

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FOTO: YEFIMOVICH/DPA Facebook-Chef Mark Zuckerberg weiß noch nicht, wer hinter der Manipulati­onskampagn­e steckt – sagt er.

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