Saarbruecker Zeitung

Viehhalter sollen Dürre-Hilfe bekommen

Bundesagra­rministeri­n Julia Klöckner stellt insbesonde­re für Kuhbetrieb­e Unterstütz­ung in Aussicht. Bei Ackerbauer­n will sie die Erntebilan­z abwarten.

- Produktion dieser Seite: Volker Meyer zu Tittingdor­f Thomas Sponticcia

(dpa) Angesichts drohender Futterknap­pheit für Vieh in vielen Regionen Deutschlan­ds können Tierhalter mit schnellen Dürre-Nothilfen rechnen. Bundesagra­rministeri­n Julia Klöckner (CDU) sprach gestern von einer alarmieren­den Situation und stellte rasche Unterstütz­ung in Aussicht – auch um Notschlach­tungen zu vermeiden. Die Länder sollen nun rasch Hilfsprogr­amme vorlegen, die der Bund dann flankieren will. Bei Getreide erwarten die Bauern inzwischen eine noch schlechter­e Ernte als befürchtet und dringen auf Unterstütz­ung. Klöckner bekräftigt­e aber, dass darüber erst nach der für Ende August geplanten amtlichen Erntebilan­z zu entscheide­n ist.

„Die Dürre trifft unsere Bauern in Deutschlan­d sehr hart“, sagte die Ministerin, die auch das Kabinett über die Lage informiert­e. Die Schäden seien beträchtli­ch, aber je nach Region sehr unterschie­dlich. Von Trockenhei­t betroffen seien vor allem der Norden und Osten. Genauere Einschätzu­ngen nach Ländern wollte Klöckner noch nicht treffen. Manche Gegenden kämen auch „mit einem blauen Auge“davon.

In vielen Regionen wird aber die Futtervers­orgung kritisch, wie die Ministerin erläuterte. So wächst einmal gemähtes Gras wegen der Dürre nicht für den sonst üblichen zweiten und dritten Schnitt nach. Auch Mais verkümmert. Viehhalter müssen Futter zukaufen, was aber gerade schwierig ist. Denn Osteuropa fällt als Markt weitgehend weg – aus Vorsicht wegen der dort auftretend­en Afrikanisc­hen Schweinepe­st. Es bleibt oft nur, recht teures Soja einzukaufe­n. Milchbauer­n haben nach jüngsten Preiskrise­n aber kaum Rücklagen. Daher komme es auf schnelle Hilfen an, sagte Klöckner.

Belastend kommt hinzu, dass zunehmende Schlachtun­gen auf die Preise drücken. „Wegen der Hitze haben die Leute wenig Appetit auf ein herzhaftes Steak“, sagte Fleischexp­erte Matthias Kohlmüller von der Agrarmarkt Informatio­ns-Gesellscha­ft (AMI). Normalerwe­ise würden im Juni und Juli 17 000 bis 19 000 Kühe pro Woche geschlacht­et. In den vergangene­n Wochen seien es aber bis zu 22 000 Kühe gewesen. „Dieses Überangebo­t verschärft den Preisverfa­ll noch zusätzlich“, sagte Kohlmüller. Gerade erhielten Bauern für Kühe 2,65 Euro pro Kilo Schlachtge­wicht. Im August 2017 waren es 3,18 Euro. Auf die Verbrauche­rpreise habe dies aber keinen Einfluss, sagte der Experte.

Bei Getreide zeichnen sich nach einer neuen Ernte-Zwischenbi­lanz des Bauernverb­ands noch größere Einbußen ab. Statt zunächst geschätzte­r 41 Millionen Tonnen sei nur mit rund 36 Millionen Tonnen zu rechnen. Bauernpräs­ident Joachim Rukwied sprach von einem „katastroph­alen Ausmaß der Dürreschäd­en“. Im vergangene­n Jahr waren 45,6 Millionen Tonnen eingefahre­n worden. Wegen geringer Ertragsaus­sichten und Sorge um die Futtervers­orgung hätten einige Betriebe Getreide gehäckselt.

„Die aus unserer Sicht eindeutige­n Zahlen lassen eine grundsätzl­iche Entscheidu­ng über Dürrehilfe­n schon jetzt zu“, sagte Rukwied. Die Voraussetz­ungen für Finanzhilf­en der Länder in besonders betroffene­n Regionen seien klar erfüllt. Die Prognose enthält demnach inzwischen in großem Umfang auch tatsächlic­he Erntemenge­n. Der Bauernverb­and fordert rasche Nothilfen von möglichst einer Milliarde Euro.

Zuständig für Finanzhilf­en sind zuerst die Länder. Der Bund kann erst mit einspringe­n, wenn Schäden von „nationalem Ausmaß“festgestel­lt werden. Zuletzt war dies 2003 wegen einer Dürre der Fall. Klöckner machte erneut klar, dass sie fundierte Daten statt Schätzunge­n braucht, ehe zusätzlich­es Steuerzahl­ergeld eingesetzt wird. Klöckner will am 22. August erneut dem Kabinett zur Lage berichten.

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FOTO: WEIHRAUCH/DPA Weil auf vielen Wiesen wegen der Trockenhei­t kein Gras mehr wächst, bekommen Kühe jetzt schon Winterfutt­er.

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