Tiger und Stinkefinger: Effenberg wird 50
MÜNCHEN (dpa) Es bleibt immer etwas hängen. Kaum einer weiß das besser als Stefan Effenberg. Der frühere Fußball-Nationalspieler sorgte mit seinem „Stinkefinger“für einen Skandal, mit seiner Frisur im Raubtier-Look für Erstaunen und dem Fünf-Monats-Missverständnis beim SC Paderborn für ein vorzeitiges Ende seiner Trainerkarriere. Garniert wurde das Ganze mit dem EM-Finale 1992, drei Meisterschaften mit dem FC Bayern, dem Triumph in der Champions League 2001 sowie eigenwilligen Poltereien.
Hinter den streitlustigen und mitteilsamen Effenberg trat nicht selten der Ausnahmefußballer Effenberg zurück. Für beide, so schien es manchmal, war zeitgleich einfach nicht genügend Platz. Wenn der 35-malige Nationalspieler an diesem Donnerstag seinen 50. Geburtstag feiert, dann wird auch über diese beiden Pole zu sprechen sein.
Der Hamburger Junge ist heute vor allem als TV-Experte bekannt. Wer eine klare Meinung sucht, findet sie bei ihm. Nicht immer polternd, aber gerne pointiert. So war er schon als Spieler, so war er auch als Trainer. Wenn auch nicht lange.
„Der eine ist The Special One, der andere The Normal One, I am The New One“, meinte er im Oktober 2015. Damals wurde Effenberg beim Zweitligisten SC Paderborn als neuer Trainer vorgestellt und gefragt, was für ein Trainertyp er denn so sei. In Anlehnung an die Selbsteinschätzungen von José Mourinho und Jürgen Klopp kam ihm dieses „The New One“über die Lippen. Am Ende war er „The Short One“, nach gerade einmal knapp fünf Monaten war dort Schluss.
„Wir drohten zum SC Effenberg zu degenerieren. Diese Hollywood-Welt steht uns nicht so gut zu Gesicht“, begründete SC-Boss Wilfried Finke den Schritt. Hollywood-like erschien ihm, dass „Effe“eine vorgeschriebene Fortbildung zur Verlängerung der Trainerlizenz nicht besuchte. Paderborn habe ihm „geschadet, weil manche Medien schlechte Stimmung gegen mich verbreiteten“, befand Effenberg, „und mich in die Schublade steckten, in der ich vor 20 Jahren war.“
Aus dieser Schublade dürfte der einstige kampfstarke Spielmacher, der vor allem während seiner zweiten Bayern-Phase von 1998 bis 2002 wie kaum ein anderer das Beiwort Führungsspieler verdiente, nie ganz rauskommen. Und das, obwohl es von diesem einen denkwürdigen Moment kein einziges Foto und auch keine Filmaufnahme gab. Effenberg ließ sich, wie er es schilderte, bei der WM 1994 im Spiel gegen Südkorea unbeobachtet von den TV-Kameras zur Geste mit ausgestrecktem Mittelfinger gegen provozierende Fans hinreißen.
Nationaltrainer Berti Vogts und DFB-Präsident Egidius Braun verfügten danach seinen Ausschluss aus der Nationalmannschaft. Der „Tiger“, wie er später wegen der während seiner Zeit bei Borussia Mönchengladbach auf den Hinterkopf gefärbten Raubkatze genannt wurde, inszenierte seinen Rausschmiss als zu diesem Zeitpunkt noch nicht gekanntes Medienspektakel. „Es war eine Überreaktion, die mir jetzt im Nachhinein leid tut“, sagt er heute reuig. Assoziiert wird sein Name aber immer noch vor allem auch mit dieser Szene.