Saarbruecker Zeitung

Saar-Spektakel mit weniger Besuchern

Wegen der Hitze zählte das Saar-Spektakel weniger Besucher als im Vorjahr. Zum Auftritt von Umberto Tozzi kamen aber nicht nur eingefleis­chte Italien-Fans.

- VON NORA ERNST

Die 20. Auflage des Saar-Spektakels hat am Wochenende wieder hunderttau­sende Menschen an die Ufer der Saar gelockt. Allerdings kamen laut Veranstalt­er mit 270 000 Besuchern etwas weniger als in den Vorjahren – vermutlich wegen der extremen Hitze.

Im Fischerdor­f wird gehüpft, geklettert und geschaukel­t mit einer Energie, wie sie nur Kinder haben, während die Eltern schwitzend daneben stehen und tun, was Eltern eben so tun: zuschauen, wie sich der Nachwuchs amüsiert. Schnell noch ein Foto mit dem lebensgroß­en Super Mario und eine kurze Diskussion, ob zwei Eis am Tag wirklich genug sind, dann lässt man sich mit der Fähre über die Saar schippern.

Von Freitag bis Sonntag stieg mit dem Saar-Spektakel wieder das größte Volksfest des Saarlands: Die Ufer der Saar verwandelt­en sich in Fressbuden­meilen, auf dem Fluss waren Stand-up-Paddler und Schnellboo­te unterwegs und auf dem Tbilisser Platz lockten Open-Air-Konzerte die Menschen an. Wegen der Hitze seien insgesamt weniger Besucher gekommen als im Vorjahr, sagt Christine Baran, die das Saar-Spektakel seit 20 Jahren organisier­t. Rund 270 000, schätzt sie. Trotzdem ist sie zufrieden: „Es ist super gelaufen.“

In der Nähe des Saarkrans warten am Sonntag die Drachenboo­t-Rennfahrer auf den Startschus­s fürs Finale. „Geht nicht zu lässig an die Sache ran“, mahnt der Teamchef. „Körperspan­nung! Wir zeigen’s denen!“Den Gegner könne man sicher weghauen, witzelt einer, weil der am Abend zuvor bestimmt zu viel gesoffen habe.

Gar nicht so unwahrsche­inlich: Am Samstagabe­nd fand das Spektaktel mit dem Auftritt von Umberto Tozzi, dem Altmeister der Italo-Ballade, nämlich seinen Höhepunkt. Doch bevor der auf die Bühne vor dem Staatsthea­ter kommt, müht sich erst mal „Worlds Apart“ab, eine Boyband aus den 90ern, die man längst vergessen hat, oder vielleicht hat man sie auch nie gekannt. Nur ein kleiner Pulk französisc­her Hardcore-Fans am Rand der Bühne quittiert jedes geschmacht­ete „I was born to love you“mit einem ekstatisch­en „Wuhuuu“. Die Saarländer üben sich noch in entspannte­r Zurückhalt­ung.

Ein Rentner im Holzfäller­hemd macht es sich auf seinem mitgebrach­ten Höckerchen bequem, ein beleibter Mann oben ohne schiebt sich durch die noch lichte Menge, drei junge Frauen schlürfen Crémant aus Plastikbec­hern, in hoffnungsv­oller Erwartung dessen, was der Abend noch bringen möge. Und dazwischen ein kleines Mädchen, das tut, was Erwachsene längst verlernt haben: tanzen, als ob niemand zugucken würde. Das Saar-Spektakel bringt Menschen zusammen, die auf den ersten Blick nicht zusammen passen. Gemein ist ihnen vor allem eins: Sie wollen den Sommer genießen.

Als die britische Boygroup „Blue“anfängt, in die Mikros zu knödeln, füllt sich der Platz. In die Hitze, die über den Köpfen der Menschen hängt, mischt sich Bierdunst und Schweißger­uch. Die Theker an den Getränkest­änden kommen ins Rotieren. Sie können gar nicht so schnell zapfen, wie die durstige Meute ordert.

Die „Magic Artists“setzen noch kurz die Bühne in Brand (alles kontrollie­rt natürlich), dann tritt Umberto Tozzi auf den Plan, der vor 40 Jahren mal einen Hit gelandet hat – aber was für einen! Auch wem der Name Tozzi auf Anhieb nichts sagt, „Ti amo“kennt jeder. Man muss kein Fan von Tozzis Schmacht-Balladen und Italo-Rock sein, aber eines steht fest: Der Mann kann singen und hat mit 66 Jahren immer noch ordentlich Wumms in der Stimme. Schon mit dem zweiten Stück gibt er den Leuten, worauf sie warten: Der ganze Platz wogt zu „Ti amo“mit, ein paar ältere Pärchen schunkeln verliebt.

Mit ein paar zaghaften Sätzen auf Englisch begrüßt Umberto Tozzi das Publikum, wechselt kurz ins Italienisc­he, und siehe da: Scheinbar sind sämtliche Italiener des Saarlands gekommen, um ihm zuzujubeln. Also plaudert Tozzi munter in seiner Mutterspra­che weiter. Dass die Mehrheit auf dem Platz ihn nicht versteht, wenn er von einem Festival in Sanremo im Jahr „ottanta“-irgendwas erzählt, kümmert ihn nicht und die Leute auch nicht. Er könnte auch seine Einkaufsli­ste vorlesen, die Menschen lieben es. Tozzi bringt Italo-Flair in die Stadt an der Saar, und was würde in einer schwülen Sommernach­t besser passen?

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FOTOS: B&B Umberto Tozzi landete vor 40 Jahren mit „Ti amo“seinen größten Hit, den er am Wochenende auch vor dem Saarbrücke­r Staatsthea­ter zum Besten gab.
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Mit Fackeln ausgestatt­ete Ruderbote brachten die Saar zum Leuchten.

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