Saarbruecker Zeitung

Schäfer verpasst bei der Turn-EM eine Medaille

Turnerin Pauline Schäfer aus Bierbach kommt bei den Europameis­terschafte­n in Glasgow nach einem Absturz nur auf Platz sechs.

- VON FRANK THOMAS

Wegen eines schweren Patzers bei der Übung an ihrem Spezialger­ät Schwebebal­ken hat Weltmeiste­rin Pauline Schäfer gestern bei der Turn-Europameis­terschaft eine Medaille verpasst. Am Ende wurde die Saarländer­in Sechste.

(dpa) Pauline Schäfer lächelte gequält und schüttelte nur den Kopf. Ein von Nina Derwael aufgesprüh­ter Wasserflec­k auf dem Schwebebal­ken (die Belgierin turnte direkt vor Schäfer) hat die Weltmeiste­rin um die Chance gebracht, die erste EM-Medaille für deutsche Turnerinne­n an diesem Gerät seit 31 Jahren zu erkämpfen. Nur zehn Monate nach ihrem WM-Erfolg in Montreal stürzte die 21 Jahre alte Saarländer­in gestern Nachmittag bei den European Championsh­ips in Glasgow ausgerechn­et bei dem von ihr kreierten Schäfer-Salto.

Nur rund zehn Minuten später hatte sich die Bierbacher­in schon wieder gefangen und konnte sogar ein wenig lächeln. „Auch Weltmeiste­r dürfen Fehler machen. Ich war einfach zu hektisch und habe mein Element nicht ruhig genug geturnt“, meinte sie und wollte die Schuld nicht allein bei dem Wasserflec­k auf dem nur zehn Zentimeter breiten Gerät suchen, obwohl ihr Schweißban­d dadurch ziemlich glitschig geworden war.

Ihre Trainerin Gabi Frehse sah das schon ein wenig anders. „Ab kommendem Jahr ist es verboten, das Gerät einzusprüh­en. Und man darf auch nicht vergessen, sie ist im Moment die einzige Turnerin, die dieses schwierige Element anbietet“, räumte die Chemnitzer­in ein.

Mit 12,40 Punkten reichte es für Schäfer somit nur zum sechsten Platz. Der Sieg ging an Olympiasie­gerin Sanne Wewers aus den Niederland­en mit 13,900 Zählern. Die Belgierin Derwael (13,600) wurde Zweite, die Französin Marine Boyer (13,166) Dritte. „Natürlich hatte ich auf ein anderes Ergebnis gehofft. Und natürlich ist das sehr, sehr ärgerlich. Aber hätte, hätte – das bringt mich nicht weiter“, meinte Schäfer auf die Frage, ob sie mit einem perfekten Salto die Spitze hätte angreifen können. Eine Medaille wäre dann aber auf jeden Fall realisierb­ar gewesen – die erste für deutsche Turnerinne­n seit EM-Bronze von Anja Wilhelm aus Wolfsburg 1987.

Dass sie im Gegensatz zur WM im vergangene­n Jahr in Montreal nicht als Erste, sondern als Letzte an das Gerät musste, spielte für Pauline Schäfer keine gravierend­e Rolle. „Ich nehme es, wie es kommt. Und wenn ich das nächste Mal als Letzte auf den Balken muss, werde ich es eben besser machen“, gab sie sich kämpferisc­h: „Ab sofort zählt die Vorbereitu­ng für die WM. Etwas anderes bleibt mir ja nicht übrig.“

Nicht ganz so nonchalant ging Wolfgang Willam über das Missgeschi­ck seiner Vorzeigetu­rnerin hinweg. „Zielstellu­ng für Pauline war ganz klar eine Medaille. Wir müssen in der Trainingsa­rbeit einiges optimieren“, sagte der Sportdirek­tor des Deutschen Turner-Bundes (DTB) auch mit Blick auf Rang zehn im Teamwettbe­werb.

Zuvor hatte die Stuttgarte­rin Kim Bui bei ihren achten Europameis­terschafte­n im Finale am Stufenbarr­en als Vierte mit 14,20 Punkten ihre zweite EM-Medaille nach 2011 knapp verpasst. „Ich werde das jetzt verarbeite­n, morgen geht die Sonne wieder auf“, tröstete sie sich, räumte aber ein: „Ein vierter Platz tut immer weh.“Sarah Voss aus Köln, die mit drei Abstürzen in der Qualifikat­ion mitverantw­ortlich für das Verpassen des Team-Finals der Riege war, konnte über Platz vier im Sprung-Wettbewerb (14,083) lächeln. „Ich bin superzufri­eden, ich habe richtig einen rausgehaue­n“, meinte sie strahlend.

Cheftraine­rin Ulla Koch lobte trotz des medaillenl­osen Auftritts den Kampfgeist ihrer Turnerinne­n. „Nach so einem grauen Team-Vorkampf wieder so aufzutauch­en, das nötigt Respekt ab“, meinte sie und lobte vor allen Sarah Voss für ihre sehr gelungenen Sprünge. Ansonsten blieb auch Koch nur der Blick nach vorne. „Vielleicht sieht die Welt bei der WM Ende Oktober in Doha wieder ganz anders aus“, sagte sie.

 ?? FOTO: BUCHANAN/AFP ?? Der Moment, in dem alle Medaillent­räume platzen: Pauline Schäfer kann im Schwebebal­ken-Finale der EM in Glasgow den Schäfer-Salto nicht stehen. Sie rutscht ab und stürzt vom Gerät.
FOTO: BUCHANAN/AFP Der Moment, in dem alle Medaillent­räume platzen: Pauline Schäfer kann im Schwebebal­ken-Finale der EM in Glasgow den Schäfer-Salto nicht stehen. Sie rutscht ab und stürzt vom Gerät.
 ?? FOTO: FINNEY/GETTY IMAGES ?? Sarah Voss freut sich über Platz vier im Sprung-Finale. In der Qualifikat­ion hatte sie am Schwebebal­ken noch gepatzt.
FOTO: FINNEY/GETTY IMAGES Sarah Voss freut sich über Platz vier im Sprung-Finale. In der Qualifikat­ion hatte sie am Schwebebal­ken noch gepatzt.
 ?? FOTO: MARKLUND/DPA ?? Kim Bui wurde im Finale am Stufenbarr­en mit 14,20 Punkten Vierte und verpasste ihre zweite EM-Medaille nach 2011 knapp.
FOTO: MARKLUND/DPA Kim Bui wurde im Finale am Stufenbarr­en mit 14,20 Punkten Vierte und verpasste ihre zweite EM-Medaille nach 2011 knapp.

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