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Es gibt keine Garantien mehr für Lebensversicherungen, langfristige Sparverträge mit guten Zinsen werden gekündigt, und Bausparer sollen alte gute gegen neue schlechtere Verträge eintauschen. Wie kann die Altersvorsorge da noch gelingen?
(dpa) Mit Zinsen sein Geld zu vermehren, funktioniert hierzulande schon lange nicht mehr. Und daran wird sich vorerst wohl auch nichts ändern. Denn auf ihrem letzten Treffen Ende Juli entschied die Europäische Zentralbank (EZB), den Leitzins im Euroraum bei null Prozent zu belassen. Lediglich die Anleihenkäufe sollen zum Jahresende 2018 beendet werden.
Mit der Geldflut will die EZB die Konjunktur stützen und die Inflation anheizen. Mittelfristig strebt die Notenbank Preisstabilität bei einer Teuerungsrate von etwa 2,0 Prozent an. Im Juni stieg die Jahresinflationsrate im Euroraum nach Angaben des Statistikamtes Eurostat vor allem wegen höherer Energiepreise auf eben jene Marke von 2,0 Prozent.
Aus Sicht von Experten wirft die Niedrigzinspolitik allerdings zunehmend Probleme auf, vor allem für Sparer. „Die Geldpolitik der EZB ist längst ein Fall für den Verbraucherschutz“, sagt der Wirtschaftswissenschaftler Professor Gunther Schnabl. Denn mit ihren Maßnahmen untergrabe die Notenbank die Kaufkraft der meisten Bürger.
Vier Gründe nennt der Experte, Professor für Wirtschaftspolitik an der Universität Leipzig. „Erstens verzinsen sich die Ersparnisse nicht mehr. Zweitens wirkt die Nullund Negativzinspolitik der Europäischen Zentralbank negativ auf die Lohneinkommen. Drittens explodieren getrieben vom billigen Geld der EZB die Aktien- und Immobilienpreise. Viertens steigt trotz der Anleihekäufe der EZB die Steuerund Abgabenlast, vor allem für die Mittelschicht.“
Auch aus Sicht von Niels Nauhauser, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, stellt die Niedrigzinsphase Verbraucher zunehmend vor Probleme: „Die Finanzinstitute nutzen die Niedrigzinsphase, um das Prinzip der Vertragstreue infrage zu stellen“, sagt er. „Denn auf vielfältige Art und Weise versuchen Finanzinstitute, Verbraucher aus langfristigen, unter den derzeitigen Bedingungen gut verzinsten Sparverträgen zu drängen oder diese Verträge zu kündigen.“
Und selbst bei Unternehmen rund um die Altersvorsorge machen sich
die niedrigen Zinsen mittlerweile bemerkbar. „Es ist fraglich, ob private Anbieter ihre vertraglichen Zusagen noch erfüllen können“, sagt Nauhauser. „Aktuell steht ein Drittel der Pensionskassen unter verschärfter Beobachtung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht.“Altersvorsorge wird damit allmählich für viele Verbraucher zu einem mühsamen Geschäft.
Wer sein Geld langfristig vermehren will, wird um ein wenig mehr Risiko kaum herumkommen. Das trifft zum Beispiel auf Aktienkäufe zu. „Aktiendividenden sind in den vergangenen Jahren zunehmend als Alternative zu Anleihezinsen gesehen worden“, sagt Titus Schlösser, Geschäftsführer der Portfolio Concept Vermögensmanagement GmbH in Köln. Anleger sollten jetzt allerdings nicht unangemessen hohe Summen in Aktien investieren, denn sie müssten das Risiko schwankender Kurse tragen.
Doch selbst wenn die Kurse schwanken, machen Anleger mit Aktien langfristig meist ein Plus. „Das gilt vor allem für Aktienindizes wie den Dax“, erklärt Lothar Koch, Leiter des Portfoliomanagements bei der GSAM + Spee Asset Management AG in Düsseldorf. „Selbst nach den stärksten Kursverlusten zu Beginn der 2000er-Jahre war der Dax, wenn die Aktien 15 Jahre gehalten wurden, bei einem Plus von 3,5 Prozent Rendite pro Jahr.“Wer mit größeren Kursschwankungen leben könne, solle in einen kostengünstigen und passiven Indexfonds (ETF) investieren und ihn lange halten, rät Koch.
Allerdings sind die Zinsen aus Sicht von Niels Nauhauser nicht unbedingt allein entscheidend beim langfristigen Vermögensaufbau. „Der Erfolg der Geldanlage hängt nicht nur vom Zinsniveau ab.“Vielmehr sollte das Geld für die Altersvorsorge über verschiedene Anlageklassen verteilt werden. Ein Mix aus sicheren und chancenreichen Investments helfe, das Risiko im Griff zu behalten. „Die Altersvorsorge sollte auf mehrere Säulen verteilt werden“, findet auch Andreas Görler, Vermögensberater bei der Wellinvest – Pruschke & Kalm GmbH. Wichtige Standbeine sind aus seiner Sicht nach wie vor die gesetzliche Rente und die betriebliche Altersvorsorge.
Zusätzlich sollte möglichst früh mit der privaten Altersvorsorge begonnen werden. „Schon 50 Euro im Monat in einen oder zwei internationale Aktienfonds mit unterschiedlichen Schwerpunkten investiert, entwickeln sich nach 20 Jahren zu etwa 20 000 Euro“, rechnet Görler vor. Vorausgesetzt wurde hier eine jährliche Rendite von fünf Prozent und Spesen für den Kauf von einem Prozent. „Nach 30 Jahren kann man auf diese Weise mit etwa 40 000 Euro rechnen.“
„Sie müssen auf die Kosten achten“, betont Nauhauser. „Manche Altersvorsorgeverträge sind nach zehn Jahren immer noch im Minus.“Verbraucher erkennen aber oft zu spät, dass Garantien teuer sind. „Immerhin hat die Niedrigzinsphase dafür den Blick geschärft.“