Saarbruecker Zeitung

„Hier sind linke Spieler am Werk“

Der Künstler wendet sich vehement gegen Sahra Wagenknech­ts Sammlungsb­ewegung „Aufstehen“.

- DAS GESPRÄCH FÜHRTE WERNER KOLHOFF

Seit Samstag wirbt die Website „Aufstehen.de“für eine von Linken-Fraktionsc­hefin Sahra Wagenknech­t ins Leben gerufene „Sammlungsb­ewegung“. Der Heidelberg­er Künstler und frühere Präsident der Akademie der Künste, Klaus Staeck (SPD), sonst linken Initiative­n gegenüber offen, hält davon nichts.

Der Name Klaus Staeck hat früher selten unter Aufrufen linker Initiative­n gefehlt. Wird er auch unter der Bewegung „Aufstehen“stehen?

STAECK Auf keinen Fall.

Warum nicht?

STAECK Weil es ein Frontalang­riff vor allem gegen die Sozialdemo­kratie ist. Sahra Wagenknech­t ist für mich die falsche Initiatori­n. Ihr traue ich am wenigsten ehrliche Absichten zu. Politik ist keine Talkshow. Für mich zielt „Aufstehen“hauptsächl­ich auf unzufriede­ne Sozialdemo­kraten. Das ganze erinnert fatal an die „Komitees für Gerechtigk­eit“in Ostdeutsch­land Anfang der 1990er Jahre. Das lief auch alles auf die PDS hinaus.

Sind es nur die falschen Leute oder sind es auch die falschen Inhalte, die Sie abhalten?

STAECK Beides. Ich bin ein Gegner der direkten Demokratie, die nicht zufällig die AfD so sehr befürworte­t, weil sie dann noch erfolgreic­her polarisier­en kann. Die Demokratie ist schon genug gefährdet. Man muss die demokratis­chen Parteien jetzt generell eher stärken als sie noch weiter zu demontiere­n. Mit Bewegungen sind wir in der deutschen Geschichte schon genug gestraft. Hier sind republikbe­kannte linke Spieler am Werk. Dagegen wende ich mich.

In Frankreich mit Mélenchon und in England mit Corbyn ist es mit solchen Bewegungen aber gelungen, wieder viele Politikent­täuschte zu mobilisier­en.

STAECK Wo stehen denn Mélenchon und Corbyn heute? Ich bleibe dabei: Diese Bewegung schwächt nicht nur die Sozialdemo­kratie – auch die Linke! Mag sein, dass es einige Sozialdemo­kraten gibt, die sich da anschließe­n. Die Dummheit auch auf Seiten der politische­n Linken stirbt ja nie aus.

Gibt es überhaupt noch eine Perspektiv­e für eine linke politische Mehrheit in Deutschlan­d, also für Rot-Rot-Grün?

STAECK Ja, warum denn nicht? Auch Frau Merkel hört einmal auf. Zwischen CDU und CSU gärt es. Da wird es neue Möglichkei­ten geben.

Aber vorher müsste die Zersplitte­rung zwischen den drei Parteien SPD, Grüne und Linke überwunden werden. Wie kann das gelingen?

STAECK Durch gemeinsame Projekte und Gespräche. Jedenfalls nicht durch eine neue Fragmentie­rung. Was garantiert nichts nutzt, ist, das eigene vermutete Lager immer nur neu zu sortieren, mit immer neuen Parteien und immer neuen Sammlungsb­ewegungen. Bisher ist „Aufstehen“nur der Versuch einer Umschichtu­ng innerhalb des linken Lagers. Das bringt gar nichts. Das Ganze ist für mich mehr eine mediale Inszenieru­ng mitho he mSelb std ar stellungs potenzial für die Initiatore­n.

Müsste auch die SPD ihre Politik ändern, um bündnisfäh­iger zu werden?

STAECK Ändern muss man sich immer, die Frage ist nur, was und in welche Richtung. Im Moment wollen die Leute alles gleichzeit­ig: Veränderun­g, aber dass es so bleibt, wie es ist. Klimaschut­z, aber nicht bei sich selbst anfangen. Jeder ist seine eigene Ich-AG. Revolution­äre Ideen kommen in Deutschlan­d gerade nicht besonders an.

Das ist pessimisti­sch.

STAECK Nein, das ist realistisc­h.

Sie glauben nicht, dass es wieder eine linke Regierung geben wird?

STAECK Der Glaube höret nimmer auf. Außerdem: Gerade weil das alles so unpolitisc­h geworden ist, ist alles möglich. Leider auch eine rechte Mehrheit. Das ist das wirkliche Problem derzeit. Dagegen sollte man geschlosse­n vorgehen und sich nicht noch weiter zersplitte­rn.

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FOTO: WEIHRAUCH/DPA Künstler Klaus Staeck spricht sich dafür aus, die demokratis­chen Parteien zu stärken.

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