Saarbruecker Zeitung

Wellbrock schwimmt „galaktisch“

20-Jähriger gewinnt erstes deutsches Einzel-Gold bei einer EM seit 2014.

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(dpa) Als Florian Wellbrock nur noch wenige Meter vom EM-Gold entfernt war, kämpfte Freundin Sarah Köhler auf der Tribüne des Tollcross Internatio­nal Swimming Centre mit den Tränen. Der 20-Jährige krönte sich gestern Abend in Glasgow über 1500 Meter Freistil in deutscher Rekordzeit und Weltjahres­bestzeit zum Europameis­ter und schlug dabei den Olympiasie­ger. „Es tat hinten raus einfach nur höllisch weh“, gestand der erste deutsche Einzel-Europameis­ter im Beckenschw­immen seit 2014.

Wellbrock hielt nach seinen 14:36,15 Minuten einige Momente inne, dann kletterte er auf die Leine und präsentier­te seine Muskeln. Am Tag nach dem deutschen EM-Titel bei einer Mixed-Staffel-Premiere bejubelte der Magdeburge­r einen weitaus prestigetr­ächtigeren und zudem seinen größten Erfolg. „Ich hatte ab 200 Metern Gänsehaut“, sagte Chefbundes­trainer Henning Lambertz und stufte den Coup als „galaktisch“ein. „Ich hatte genug damit zu tun, dass ich nicht anfange zu weinen“, sagte Freundin Köhler – und lachte.

Wellbrock schwamm ein kluges Rennen und ging gleich das Tempo von Rio-Goldmedail­lengewinne­r Gregorio Paltrinier­i aus Italien mit. Am Ende hatte der Magdeburge­r die größten Reserven. „Es hat gezeigt, dass ich die letzten Monate alles richtig gemacht habe“, sagte er. Wellbrocks starker Auftritt passte zur Aufbruchst­immung der ersten Schwimmer-Tage der European Championsh­ips. „Wir wollten hier den Aufwärtstr­end starten und nicht erst in Tokio. So kann es weitergehe­n“, hatte Startschwi­mmer Jacob Heidtmann schon nach dem EM-Titel der nicht-olympische­n Mixed-Staffel gesagt.

Der Zusammenha­lt in der Auswahl scheint für das ambitionie­rte Projekt zu stimmen. Das war bei den vergangene­n Großereign­issen anders. Bei den Olympische­n Spielen 2016 blieben die deutschen Beckenschw­immer wie vier Jahre zuvor in London ohne Medaille. Im vergangene­n Jahr sorgten zwischenme­nschliche Probleme und Kritik an Lambertz rund um die WM in Budapest für Negativ-Schlagzeil­en. Und nun? Die Erfolge an den ersten beiden Wettkampft­age verbessern die auch schon vor dem EMStart gute Laune zusätzlich.

Bestens aufgelegt waren auch zwei Weltrekord­ler. Olympiasie­ger Adam Peaty aus Großbritan­nien schwamm die 100 Meter Brust in 57,10 Sekunden, Kliment Kolesnikow aus Russland die 50 Meter Rücken in 24,00 Sekunden. Schwedens Schwimmsta­r Sarah Sjöström siegte am Samstag gleich zwei Mal.

Eine große Ausnahme gab es allerdings: Köhler schob am Tag vor dem Titel ihres Freundes Frust, nachdem sie im 800-Meter-Freistil Rennen beim Sieg der Italieneri­n Simona Quadarella nur Rang vier belegt und die erhoffte Medaille verpasst hatte. „Insgesamt war es einfach ein schlechtes Rennen“, sagte die 24 Jahre alte Frankfurte­rin. Köhler will die Enttäuschu­ng nun verarbeite­n und sich auf die Rennen über 400 und 1500 Meter konzentrie­ren.

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FOTO: RUTH./DPA Florian Wellbrock überrascht­e mit seinem Sieg über 1500 Meter Freistil.

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