Saarbruecker Zeitung

Mord-Anklage nach Todesfahrt von Saarwellin­gen

Mit Tempo 130 soll der 26-Jährige durch den Ort gerast sein. Eine Mutter und ihr Kind starben. War ein Krampfanfa­ll Schuld? Der Staatsanwa­lt nimmt das dem Raser nicht ab.

- VON MATTHIAS ZIMMERMANN

SAARBRÜCKE­N (SZ) Nach einem Unfall mit zwei Toten in Saarwellin­gen soll sich ein 26-Jähriger wegen Mordes vor dem Landgerich­t Saarbrücke­n verantwort­en. Der Mann sei viel zu schnell gefahren und habe auch noch auf seinem Handy getippt, teilte die Staatsanwa­ltschaft gestern mit. Er fuhr vor einem Jahr ungebremst auf ein Auto, in dem eine Mutter und ihre zwölfjähri­ge Tochter saßen.

Während er über die Hauptverke­hrsstraße raste, soll er gleichzeit­ig Textnachri­chten mit seinem Mobiltelef­on

versendet haben.

SAARWELLIN­GEN Zwei Tote und mehrere Verletzte waren die schrecklic­he Bilanz des Verkehrsun­falls in Saarwellin­gen vor knapp einem Jahr. Ein junger Mann soll damals mit mindestens 130 Kilometern pro Stunde über die Bahnhofstr­aße durch den Ort gerast sein, wo nur Tempo 50 erlaubt ist. Wegen dieses Unglücks muss sich der Unfallfahr­er jetzt verantwort­en. Die Saarbrücke­r Staatsanwa­ltschaft hat Anklage „wegen Mordes durch rücksichts­lose Fahrweise“erhoben. Demnächst steht der Prozess vor dem Landgerich­t an.

Aus Sicht der Ermittler soll sich der tragische Zwischenfa­ll am 23. August vergangene­n Jahres wie folgt zugetragen haben: Der damals 26-Jährige war im dichten Feierabend­verkehr mit seinem VW-Golf Richtung Ortsmitte unterwegs. Dabei scherte er sich nicht um die Geschwindi­gkeitsbegr­enzung. Während er über die Hauptverke­hrsstraße raste, soll er gleichzeit­ig Textnachri­chten mit seinem Mobiltelef­on versendet haben. In halsbreche­rischer Manier soll er Autos überholt und einem entgegenko­mmenden Lastwagen gefährlich nahe gekommen sein.

Dann passierte es: Der 26-Jährige fuhr ungebremst auf einen Peugeot auf. Darin saßen eine Frau (42) und deren Tochter (12). Die Mutter starb noch an der Unfallstel­le, das Mädchen erlag zwei Monate später seinen Verletzung­en in einer Klinik. Denn: Durch den immensen Aufprall schleudert­e das Auto der 42-Jährigen gegen ein Haus, einen Treppenauf­gang, einen Ford sowie einen Mercedes-Transporte­r. Unterdesse­n knallte das Auto des Mannes gegen einen Mazda auf der Gegenfahrb­ahn. Dessen Fahrer wurde schwer an der Hand verletzt. Trümmer trafen einen Fußgänger, der dadurch Schnittwun­den erlitt.

Der Staatsanwa­lt geht davon aus, dass der Beschuldig­te unter anderem die tödlichen Verletzung­en durch seinen Fahrstil „zumindest billigend in Kauf genommen hatte“. Die Angaben bei seiner Vernehmung, er sei an Epilepsie erkrankt und habe die Tragödie wegen eines Krampfanfa­lls verursacht, kaufen ihm die Ermittler nicht ab. Die Staatsanwa­ltschaft beruft sich dabei auf Zeugenanga­ben über die Fahrweise des Angeklagte­n kurz vor der Katastroph­e. Außerdem haben Fahnder ein Video ausgewerte­t, welches seinen Angaben widerspric­ht. Ein ärztliches Gutachten schließe einen Krampf zum fraglichen Zeitpunkt aus. Ein Prozesster­min steht noch aus. Der Angeklagte bleibt bislang auf freiem Fuß.

 ?? FOTO: SIMON MARIO AVENIA/DPA ?? Vor fast einem Jahr, am 23. August 2017, entstand dieses Foto an der Unfallstel­le in der Saarwellin­ger Ortsmitte. Für eine 42-jährige Mutter und ihre zwölfjähri­ge Tochter kam jede Hilfe zu spät.
FOTO: SIMON MARIO AVENIA/DPA Vor fast einem Jahr, am 23. August 2017, entstand dieses Foto an der Unfallstel­le in der Saarwellin­ger Ortsmitte. Für eine 42-jährige Mutter und ihre zwölfjähri­ge Tochter kam jede Hilfe zu spät.

Newspapers in German

Newspapers from Germany