Saarbruecker Zeitung

Otto Rehhagel wird heute 80 Jahre alt

Sensation mit Kaiserslau­tern, Wunder mit Griechenla­nd, Rekordtrai­ner der Bundesliga: Otto Rehhagel feiert heute seinen 80. Geburtstag.

- VON CHRISTOPH STUKENBROC­K UND PEER LASSE KORFF

Mit Otto Rehhagel feiert heute einer der erfolgreic­hsten deutschen Fußball-Trainer aller Zeiten seinen 80. Geburtstag. Große Erfolge erzielte er mit Werder Bremen, dem 1. FC Kaiserslau­tern und der griechisch­en Nationalma­nnschaft.

ESSEN (sid) Er genießt in Bremen den Status einer Legende. Er führte Aufsteiger Kaiserslau­tern sensatione­ll zur Meistersch­aft und machte sich mit dem „Wunder von Lissabon“in Griechenla­nd unsterblic­h. Doch so richtig ins Schwärmen gerät Rehhagel erst, wenn er von seiner Beate spricht. „Der größte Erfolg, den ich jemals hatte, ist der, dass ich mit Beate 54 Jahre verheirate­t bin“, sagte Rehhagel kürzlich bei einer Gala in Bremen, auf der er einmal mehr für sein Lebenswerk geehrt wurde. Ein typischer Rehhagel, der den Blick für das Wesentlich­e auch nach über 50 Jahren im Fußballges­chäft nicht verloren hat.

Am heutigen Donnerstag wird der Ex-Profi und Kult-Trainer 80 Jahre alt. „Wer in diesem Alter noch so fit ist, der hat Glück gehabt und vieles richtig gemacht“, sagt Rekord-Nationalsp­ieler Lothar Matthäus. Rehhagel sei noch immer „taufrisch“. Zu seinem Geburtstag möchte er auf Presseanfr­agen nichts sagen, sagt Beate freundlich. Schon früher sprach er nicht gerne mit der Presse. Es gehe ihm aber gut, sagt seine Frau und erklärt: „Er meint, dass so viel über ihn geschriebe­n wurde, da findet sich schon etwas Passendes.“

Meister, König, Wundermach­er: Kaum eine Figur prägte die Bundesliga-Geschichte so wie der gebürtige Essener, der mit seinen 832 Spielen an der Seitenlini­e der unangefoch­tene Rekordtrai­ner ist. Noch heute sieht man Rehhagel an Wochenende­n regelmäßig mit seiner Frau an der Essener Hafenstraß­e, wo für ihn Anfang der 1960er Jahre als Spieler von Rot-Weiß alles begann.

Als knallharte­r Verteidige­r bei Hertha BSC erlebte Rehhagel 1963 die Geburtsstu­nde der Bundesliga, die großen Erfolge feierte er aber erst als Trainer. Begonnen hatte er die Trainerkar­riere 1972 beim 1. FC Saarbrücke­n in der Regionalli­ga Südwest. Rehhagel hatte aber wenig Erfolg, nach hohen Niederlage­n gegen Mainz und Eisbachtal wurde er sechs Monate später nach einer 0:3-Auswärtsni­ederlage beim SV Alsenborn am 14. Januar 1973 durch Horst Zingraf ersetzt.

Je drei Meistersch­aften und DFB-Pokalsiege errang er, gewann mit Werder Bremen 1992 den Europapoka­l der Pokalsiege­r und holte 2004 im Alter von 65 Jahren mit Fußball-Zwerg Griechenla­nd den EM-Titel – ein Coup, der bis heute als größte Überraschu­ng der EM-Geschichte gilt.

„Dem Sport“, wird Rehhagel, gelernter Maler und Anstreiche­r, in einer Vereinschr­onik von Rot-Weiß Essen zitiert, habe er alles zu verdanken. „Ich komme aus einer Arbeiter-Familie, habe mir alles erarbeitet, habe nicht auf allen Hochzeiten getanzt, war disziplini­ert, denn ich musste immer Vorbild sein. Heute kann ich mir alles erster Klasse erlauben, habe die Welt gesehen, Menschen kennengele­rnt. Das ist mein Pfand, auf das ich zurückgrei­fe.“

Die Bild am Sonntag nannte Rehhagels Wirken als Trainer jüngst eine „Demokratis­che Diktatur“. Seine Spieler siezte der Trainer, auch wenn er ihnen gleichzeit­ig Freiräume zugestand. „Einen Mario Basler kann man versuchen zu disziplini­eren oder man bekommt Ärger. Oder man lässt ihn laufen und hat Erfolg“, sagte Rehhagel einst. Aus seinen 14 Jahren in Bremen ist folgender Satz überliefer­t: „Hier kann jeder sagen, was ich will.“

Rudi Völler nennt Rehhagel heute den „wichtigste­n Trainer in meiner Karriere“und steht damit beileibe nicht alleine da. „Bei ihm wurde ich nicht in irgendwelc­he Schablonen gepresst, es gab keine taktischen Zwänge. Er hat mir das Gefühl vermittelt, dass ich machen konnte, was ich wollte“, erinnert sich Völler. Eine Methode, die vor allem an der Weser zum Erfolg führte: In seinen 14 Jahren in Bremen gewann Rehhagel zwischen 1981 und 1995 fünf große Titel und stieg zum gefeierten „König Otto“auf.

Zu den wenigen Tiefpunkte­n in seiner Trainer-Zeit gehört das zehnmonati­ge Intermezzo beim FC Bayern vom 1. Juli 1995 bis 27. April 1996. Nach dem 30. Spieltag wurde Rehhagel von Franz Beckenbaue­r abgelöst, die Münchner waren damals Tabellenzw­eiter.

Für Rehhagel war das kein Beinbruch – im Gegenteil. Er heuerte wenige Wochen später bei Bundesliga-Absteiger Kaiserslau­tern an, stieg direkt wieder auf und holte 1998 mit den Pfälzern den bis heute einzigen Meistertit­el eines Aufsteiger­s. Sein Erfolgsgeh­eimnis? „Ich habe meinen Spielern als Trainer immer gesagt: Ich muss Sie kritisiere­n. Aber als Mensch sind Sie mir heilig.“

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FOTO: ZETTLER/DPA Otto Rehhagel 1963 als Spieler von Hertha BSC Berlin.
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NIETFELD/DPA In 14 Jahren bei Werder Bremen zähmte er sogar Mario Basler (l.).
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FOTO: DEDERT/DPA Den FCK führte Rehhagel 1998 als erster Aufsteiger zum Titel.
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FOTO: BERG/DPA Der EM-Titel mit Griechenla­nd 2004 war eine Sensation.

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