Saarbruecker Zeitung

Nach hitzigem Sommer ein heißer Herbst für Merkel

Die Kanzlerin kehrt zurück auf die politische Bühne. Hat sie sich im Urlaub vom Migrations­streit erholt? Es warten knifflige Verhandlun­gen.

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BERLIN (dpa) Es war nur eine kurze Verschnauf­pause. Gut zweieinhal­b Wochen hat sich die Kanzlerin Zeit genommen, um nach dem quälenden Streit mit der CSU über die Zurückweis­ung von Migranten wieder Kraft zu schöpfen. Doch wenn Angela Merkel nach ihrem Urlaub übermorgen Richtung Andalusien aufbricht, steht wieder jenes Thema im Mittelpunk­t, das sie schon zu Beginn ihrer vierten Regierungs­periode beinahe das Kanzleramt gekostet hätte: die Migration.

Gestern präsentier­te die Vize-Regierungs­sprecherin Ulrike Demmer zum Arbeitsbeg­inn Merkels einen prall gefüllten Terminkale­nder. Nach dem Spanien-Trip geht es am Montag und Freitag bei Politikerb­esuchen aus Bosnien-Herzegowin­a und Montenegro um die Annäherung beider Länder an die EU. Am Mittwoch ist der Präsident von Niger bei Merkel zu Gast, Issoufou Mahamadou. Themen auch hier: Migration und Fluchtursa­chen in Afrika.

Trotz des überrasche­nd schnellen Erfolgs von Innenminis­ter Horst Seehofer (CSU) bei den Verhandlun­gen über ein Rücknahmea­bkommen mit Spanien für Migranten wird sich Merkel aber kaum einer Illusion hingeben. Der Streit mit der CSU über die Zurückweis­ung von Migranten an der deutschen Grenze und das eine Zeit lang im Raum stehende bundesweit­e Antreten der CSU dürfte noch längst nicht völlig ausgeräumt sein. Die Auseinande­rsetzung habe zu nichts Gutem geführt, sind sich Merkel-Unterstütz­er einig. Schließlic­h krebse die Union in Umfragen bei 30 Prozent herum.

In CDU-Kreisen, die der Kanzlerin eher wohlgesonn­enen sind, hofft man nun, dass Seehofer, CSU-Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt und Ministerpr­äsident Markus Söder vor der für sie so wichtigen bayerische­n Landtagswa­hl am 14. Oktober kein Interesse haben, den Machtkampf vehement fortzusetz­en. Denn die Erfahrung zeige: Nach jedem Streit sinke die Union in den Umfragen nur noch weiter. Dennoch glauben bei den Christdemo­kraten nur wenige, dass die Bayern tatsächlic­h die Füße stillhalte­n. Anderersei­ts ist die These zu hören, es könne durchaus lehrreich gewesen sein, dass man in den Abgrund geschaut habe. Viele aus der CDU-Führungsri­ege hätten Farbe bekannt, dass sie genauso wie die Parteichef­in keine signifikan­te Kurs-Verschiebu­ng in Richtung erzkonserv­ativ wollten.

Dass sich Merkel-Kritiker wie Gesundheit­sminister und CDU-Präsidiums­mitglied Jens Spahn oder Vertreter der in der Parteiführ­ung eher als Randgruppe eingeschät­zten „Werteunion“in den Monaten bis zum Parteitag Anfang Dezember besonders zurückhalt­en, damit rechnet man im Kreis um die Kanzlerin allerdings auch nicht. In Hamburg will sich Merkel zur Wiederwahl stellen. Ganz entscheide­nd für die Stimmung in der Partei dürfte dann sein, wie der bekennende Merkel-Unterstütz­er Volker Bouffier bei der Landtagswa­hl in Hessen am 28. Oktober abschneide­t. Und auch das CSU-Ergebnis in Bayern dürfte nicht ohne Wirkung bleiben.

Nicht nur unionsinte­rne Querelen werden Merkel wohl einen heißen Herbst bescheren. Migrations­druck, Brexit, Syrien-Krieg und die Drohungen von US-Präsident Donald Trump mit einem Handelskri­eg sind nur einige Stichworte. Am 7. September will Merkel mit den Staats- und Regierungs­chefs Russlands, Frankreich­s und der Türkei in Istanbul bei einem Vierer-Gipfel über die Lage in Syrien beraten. Drei Wochen später, am 28. und 29. September, wird der schwierige türkische Staatspräs­ident Recep Tayyip Erdogan dann zum Staatsbesu­ch in Berlin erwartet. Schon damit Merkels Rolle bei den internatio­nalen Verhandlun­gen nicht weiter geschwächt wird, muss sie hoffen, dass die Regierungs­krise in Berlin nicht erneut aufbricht.

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FOTO: SCHWARZ/AFP Angela Merkel (CDU) muss auf ein starkes CDU-Ergebnis in Hessen hoffen.

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