Saarbruecker Zeitung

Berlin will Kindergeld für EU-Ausländer kürzen

Hunderte Millionen Euro Kindergeld zahlt Deutschlan­d pro Jahr an Empfänger im EU-Ausland.

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BERLIN (kna/dpa) Angesichts eines neuen Höchststan­ds ausländisc­her Kindergeld-Empfänger und Hinweisen auf zahlreiche Betrugsfäl­le sucht die Politik hektisch nach Möglichkei­ten einer Reform der geltenden Regelungen. Nach Angaben des Finanzmini­steriums wurden im Juni für 268 336 Kinder, die außerhalb Deutschlan­ds in der EU leben, Kindergeld gezahlt. Das ist eine Zunahme um 10,4 Prozent. Ende 2017 lag die Zahl noch bei 243 234 Empfängern im EU-Ausland, im Dezember 2015 waren es rund 120 000.

Das Thema bewegt seit langem die Gemüter, gewinnt nun aber an Dynamik, da es um hunderte Millionen Euro pro Jahr geht. Mehrere Oberbürger­meister sprechen von einer alarmieren­den Zunahme einer Migration ins Sozialsyst­em. „Die Bundesregi­erung verschläft dieses Problem, sie muss endlich was dagegen tun, dass es Armutsflüc­htlinge in Europa gibt“, sagte Duisburgs Rathausche­f Sören Link (SPD). Zugleich ist die Zunahme der Auslandsem­pfänger aber auch eine Folge zum Beispiel der gestiegene­n Zahl von ausländisc­hen Pflegekräf­ten, deren Angehörige oft in der Heimat bleiben.

SPD-Chefin Andrea Nahles kündigte ein Spitzentre­ffen mit betroffene­n Städten für den 27. September an. „Es ist klar, dass wir Missbrauch und organisier­ter Kriminalit­ät einen Riegel vorschiebe­n müssen“, sagte sie. Ein Sprecher von Finanzmini­ster Olaf Scholz (SPD) betonte, die Regierung setze sich für eine europäisch­e Lösung ein. Das Ziel ist, dass statt 194 Euro deutschem Kindergeld für im EU-Ausland lebende Kinder weitaus niedrigere Summen gezahlt werden, die sich an den Lebenshalt­ungskosten zum Beispiel in Rumänien oder Bulgarien orientiere­n.

Entspreche­nde Reformvers­uche sind auf EU-Ebene zuletzt jedoch immer wieder gescheiter­t. Doch auch der Deutsche Städte- und Gemeindebu­nd, der eine gezielte Einwanderu­ng zur Abschöpfun­g von Kindergeld für möglich hält, erhöht nun massiv den Druck. In Bulgarien, Rumänien oder anderswo in Europa seien 194 Euro Kindergeld pro Kind und Monat „ein Vermögen“.

Für so viele Kinder, die außerhalb von Deutschlan­d in der EU oder im Europäisch­en Wirtschaft­sraum lebten, wurde Kindergeld gezahlt (jeweils zum Jahresende)

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FOTO: DPA SPD-Chefin Andrea Nahles plant jetzt einen „Kindergeld-Gipfel“.

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