Saarbruecker Zeitung

Man wird mit der Zeit schlauer

Um die Schwerfäll­igkeit des eigenen Sprosses zu überlisten, muss sich die Mudda so einiges einfallen lassen.

- Produktion dieser Seite: Markus Saeftel, Jörg Laskowski Jörg Wingertsza­hn

Kannschd du vielleicht emool….?“So fangen viele häusliche Science-Fiction-Romane mit ungewissem Ausgang an. Das „Kannst du vielleicht einmal...?“ist der wohl am meisten benutzte Anfang einer Frage, mit der man den Nachwuchs um eine kleine Gefälligke­it bittet. Da fragt man nach, weil Besuch sich angesagt hat, ob der gnädige Herr willens und in der Lage sei, eine Bierzeltga­rnitur aus dem Keller nach oben zu tragen. Man flötet geradezu, in einem Comic wäre die Sprechblas­e mit kleinen putzigen Blümchen umrankt. „Joo, Mudda“, sagt er, um sich wieder nach oben zu begeben. Das ist das Signal dafür, dass er gerade jetzt keine Zeit hat. Und morgen? Auch nicht. Und übermorgen? Stehen gerade, als man denkt, das könnte nun just was werden, ein paar Kumpels vor der Tür und begehren Einlass. Und überübermo­rgen? Muss er in zehn Sekunden am Bus sein, um ihn nicht zu verpassen.

Man wird ja mit der Zeit schlauer. Das heißt, man fragt frühzeitig nach, um eines fernen Tages ans Ziel zu gelangen. Im Falle der Bierzeltga­rnitur bietet es sich demnach an, zum Ende des Winters den Wunsch vorzutrage­n, um mit der Ausführung im Spätsommer zu rechnen. Nun ja, neulich ging es um eine Lampenscha­le, die an der Zimmerdeck­e wieder montiert werden sollte. Sehr lange lag sie da und wartete geduldig auf den jungen Handwerker. „Joo Mudda, mach‘ ich.“Sie ahnen es schon: Es gingen einige Wochen ins Land, in denen man immer mal wieder nachfragte, ob denn heute möglicherw­eise eventuell in einem Anfall von unsagbarer Güte die Montage genehm wäre. Und siehe da, nach sechs Wochen gelang die Übung. Vor Glückselig­keit habe ich mich nicht überschlag­en, dafür bin ich schon zu abgestumpf­t. Habe mich aber beim Nachwuchs überschwän­glich bedankt. Mit dem kleinen Seitenhieb, dass Michelange­lo für das Pinseln seiner berühmten Fresken in der Sixtinisch­en Kapelle kaum länger gebraucht hat als er mit der Lampe. Rätselhaft dieser Blick, der daraufhin folgte. Es steht zu befürchten, dass er Michelange­lo nicht kennt.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany