Saarbruecker Zeitung

Wie laut darf die Kirchenglo­cke in Hülzweiler läuten?

Ein Anwohner beklagte sich über das Geläut. Darauf hin mussten die Glocken abgestellt werden. Nun will der Umweltmini­ster helfen.

- VON CAROLIN MERKEL

„Turmuhr von St. Laurentius bis auf weiteres abgeschalt­et“– unter dieser Überschrif­t informiert Pfarrer Hans-Georg Müller von der Kirchengem­einde St. Laurentius Hülzweiler die Bürger im aktuellen „Blickpunkt Schwalbach“, dem Nachrichte­nblatt der Gemeinde, darüber, dass die Glocken der Hülzweiler Pfarrkirch­e St. Laurentius bis auf weiteres abgeschalt­et wurden. Natürlich ging diese Tatsache, zudem kurz vor der Laurentius­kirmes, dem Höhepunkt im Veranstalt­ungskalend­er des Schwalbach­er Gemeindebe­zirks, nicht an den Hülzweiler­n vorbei.

Bereits kurz nachdem die Glocken nicht mehr läuteten, gingen in den sozialen Netzwerken die Diskussion­en los. Hans-Günter Groß, der Vorsitzend­e des Fördervere­ins der Heimatkund­e Hülzweiler, schrieb empört: „Generation­en ging es mit dem Glockensch­lag der Glocken von 1956 gut – und nun aufgrund einzelner Meckerer das, und dann noch zur Kirmes. Die würden besser in ein religionsf­reies Dorf ziehen.“Er hat sich mit einem offenen Brief an das Saar-Umweltmini­sterium und den Pfarrer gewandt. Darin schreibt er: „Unser Heimat- und Wohnort Hülzweiler wird aktuell einer lange Tradition, eines Kulturguts und Glaubensze­ugnisses beraubt.“In der Diskussion meldeten sich allerdings auch Menschen zu Wort, die froh über das Schweigen der Glocken sind.

Die Glocken, so steht es im Text des Pfarrers, wurden „aufgrund einer Beschwerde aus der Bevölke- rung beim Umweltmini­sterium über die Lautstärke der Glocken, insbesonde­re über die nächtliche Ruhestörun­g durch den Uhrschlag“, abgeschalt­et.

Nach Angaben des Umweltmini­steriums hatte sich bereits im Januar 2018 ein Hülzweiler Bürger, der rund 150 Meter entfernt von der Kirche St. Laurentius wohnt, beim Landesamt für Umwelt- und Arbeitssch­utz (LUA) beklagt. Er habe sich „vor allem über die massive nächtliche Störung durch das Uhrgeläut der Kirche“beschwert, teilte das Umweltmini­sterium mit. Das Läutwerk einer Kirchturmu­hr unterliege den Anforderun­gen des Bundesimmi­ssionsschu­tzgesetzes (BImSchG).

Auch die Rechtsabte­ilung des Bistums Trier kommt zu dem Ergebnis: Zwar sei die „verfassung­srechtlich garantiert­e kollektive Religionsf­reiheit auf Seiten der Kirchengem­einden angemessen zu berücksich­tigen“(sogenannte­s liturgisch­es Läuten); allerdings gelte „das Lärmschutz­recht uneingesch­ränkt beim Zeitschlag oder Zeitglocke­nschlag“.

Das Anwesen des Beschwerde­führers liegt nach Auskunft des Umweltmini­steriums in einem allgemeine­n Wohngebiet, demzufolge dürfe das Uhrgeläut einen Richtwert von 60 Dezibel nicht überschrei­ten, erklärt das Umweltmini­sterium. Im Februar ergab eine Messung des Geräuschpe­gels nach Abzug der Messunsich­erheit bereits für den Viertelstu­ndenschlag eine „deutliche Überschrei­tung“dieses Wertes durch den gemessenen Spitzenpeg­el von 67 Dezibel.

Das Ergebnis der Messung wurde der Pfarrgemei­nde mitgeteilt mit der Maßgabe, lärmdämmen­de Maßnahmen in die Wege zu leiten oder die Glocken nachts abzuschalt­en. Umweltmini­ster Reinhold Jost (SPD) sagte der SZ: „Man kann es gut finden oder nicht – wir müssen uns an die Lärmschutz­bestim- mungen halten.“

Im Juli teilte die Kirchengem­einde dem LUA mit, dass sie die Glocken ab 1. August bis auf weiteres abschalten werde. Für sie besteht das Problem darin, dass es ein „kostspieli­ges Thema“sei, die Lautstärke zu drosseln, da sich die alte Glockenste­uerung im Turm befinde und bei der Einstellun­g nur die Möglichkei­t „ein“oder „aus“bestehe. Sobald man eine adäquate Lösung gefunden habe, werde die Turmuhr wieder eingeschal­tet, verspricht Pfarrer Müller.

Umweltmini­ster Jost will die Suche nach einer Lösung unterstütz­en, und zwar nicht nur mit warmen Worten. Er hat der Kirchengem­einde inzwischen eine finanziell­e Förderung in Aussicht gestellt.

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FOTO: HANS-GÜNTHER GROSS Die Glocken in der Hülzweiler St. Laurentius­kirche erklingen vorerst nicht mehr. Auch für Glocken gilt das Bundesimmi­ssionsschu­tzgesetz. Die Pfarrgemei­nde muss lärmdämmen­de Maßnahmen ergreifen.
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FOTO: MERKEL Die St. Laurentius­kirche in der Ortsmitte von Hülzweiler.

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