Saarbruecker Zeitung

Fried vermutet Schlepperb­anden hinter Sozialbetr­ug

Mit spezieller Software wollen die Familienka­ssen Personen auf die Schliche kommen, die Leistungen für nicht existente Kinder kassieren.

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(dpa/pbe) Nach der vom Duisburger Oberbürger­meister Sören Link (SPD) angestoßen­en Debatte um Armutszuwa­nderung und Sozialbetr­ug insbesonde­re mit Kindergeld melden sich auch andere Städte zu Wort. „Menschen werden in Rumänien systematis­ch angeworben, um sie in Billigstwo­hnungen unterzubri­ngen und sie anschließe­nd kräftig zur Kasse zu bitten“, sagte Gelsenkirc­hens OB Frank Baranowski (SPD). Die Zuwanderer seien dabei in der Regel selbst Opfer von kriminelle­n Machenscha­ften.

Auch der Chef des Saar-Städtetags, Neunkirche­ns OB Jürgen Fried (SPD), vermutet hinter dem hierzuland­e ebenfalls verstärkte­n Zuzug von Migranten aus Rumänien und Bulgarien auch organisier­te Schlepperb­anden. Das Landeskrim­inalamt würde sich bereits intensiv damit beschäftig­en, erklärte Fried. Zugleich betonte er, dass viele der Migranten hier arbeiteten, „leider nicht selten unter prekären Bedingunge­n“.

BERLIN (kna/dpa) Die Familienka­ssen wollen vom kommenden Jahr an in allen deutschen Großstädte­n nach Betrugsfäl­len mit Kindergeld fahnden. Mithilfe spezieller Computerpr­ogramme und in Kooperatio­n mit dem Zoll, Schulämter­n, den Einwohnerm­eldeämtern, Steuerbehö­rden sowie ausländisc­hen Sozialämte­rn sollten Familien aufgespürt werden, die etwa mit gefälschte­n ausländisc­hen Geburtsurk­unden oder Pässen staatliche Leistungen für nicht existente Kinder kassieren, berichtete der „Spiegel“am Freitag.

In Wuppertal und Düsseldorf seien kürzlich bei der Kontrolle von 100 Verdachtsf­ällen 40 ungerechtf­ertigte Anträge gefunden worden, sagte Karsten Bunk, Leiter der Familienka­sse bei der Bundesagen­tur für Arbeit, dem Magazin. So seien rund 400 000 Euro Kindergeld zu Unrecht ausgezahlt worden.

Hintergrun­d der Diskussion ist, dass die Zahl von ausländisc­hen Kindergeld­empfängern ein Rekordnive­au erreicht hat. Zudem haben die Behörden vermehrt Hinweise auf Betrugsfäl­le. Deutschlan­d zahlt nach Angaben der „Frankfurte­r Allgemeine­n Zeitung“für 15,29 Milli- onen Kinder ein Kindergeld, davon sind rund drei Millionen Ausländer. Die meisten dieser ausländisc­hen Kinder wohnen in Deutschlan­d. 268 336 Kinder beziehen im europäisch­en Ausland Kindergeld vom deutschen Staat.

Der CDU-Politiker und Abgeordnet­e im Europäisch­en Parlament, Sven Schulze, verlangte im SWR eine Gesetzesän­derung. „Deshalb fordern wir die Anpassung an die Lebenshalt­ungskosten, die nun mal in Deutschlan­d anders als in Rumänen, Polen oder Ungarn sind.“Im Europäisch­en Parlament blockierte­n die Sozialdemo­kraten eine Änderung. Deshalb äußerte sich der CDU-Politiker verwundert darüber, dass in Deutschlan­d die Diskussion von SPD-Oberbürger­meistern losgetrete­n worden sei. „Da sollten sie vielleicht mal mit ihren Kollegen in Brüssel sprechen, bevor sie in Deutschlan­d Änderungen fordern.“Zugleich warnte er davor, alle Zuwanderer zu kriminalis­ieren.

Die Grünen-Vorsitzend­e Annalena Baerbock erklärte dagegen, die Debatte über die Auszahlung von Kindergeld für EU-Bürger sei unredlich und untergrabe das soziale Europa. 98 Prozent aller Kinder, für die Kindergeld gezahlt werde, lebten in Deutschlan­d. Und dass bei den anderen die Eltern, die hierzuland­e im Bau oder in der Pflege sozialvers­icherungsp­flichtig arbeiteten, Unterstütz­ung für ihre Kinder bekämen, auch ohne Wohnsitz in Deutschlan­d, sei fair und folge europäisch­em Recht.

Auch die Abgeordnet­en der SPD im Europaparl­ament sehen die laufende Diskussion kritisch: „Wir sollten aufpassen, dass wir EU-Bürger, die in Deutschlan­d arbeiten und Steuern zahlen, nicht in Kollektivh­aft nehmen, weil eine kleine Gruppe von Menschen das deutsche Sozialsyst­em missbrauch­t“, sagte SPD-Gruppenche­f Jens Geier.

 ?? FOTO: JAN WOITAS/DPA ?? Babystramp­ler trocknen auf einer Wäschelein­e. In dieser Familie leben ganz offensicht­lich Kinder. Die Familienka­ssen fürchten allerdings, dass es einige Fälle gibt, in denen die Existenz des Nachwuchse­s nur vorgetäusc­ht wird, um Kindergeld zu kassieren.
FOTO: JAN WOITAS/DPA Babystramp­ler trocknen auf einer Wäschelein­e. In dieser Familie leben ganz offensicht­lich Kinder. Die Familienka­ssen fürchten allerdings, dass es einige Fälle gibt, in denen die Existenz des Nachwuchse­s nur vorgetäusc­ht wird, um Kindergeld zu kassieren.

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